Islamfeindlichkeit

Ist die NRW-CDU überhaupt für Muslime wählbar?

In der CDU Neuss tobt ein heftiger Streit um einen Fehler eines Lokalpolitikers. Der Diskurs zeichnet sich vor allem durch islamfeindliche Ressentiments innerhalb der Partei aus. Dabei wollte die NRW-CDU sich gerade für Migranten und insbesondere Muslime öffnen.

04
05
2014

In der Debatte um den Halbmond im CDU-Logo tun sich bei der NRW-CDU längst überwunden geglaubte tiefe Abgründe auf. Angesichts der Kommentierungen und dem Verhalten von Parteimitgliedern stellt sich erneut die Frage, ob die CDU überhaupt für Muslime wählbar ist. Islamfeindlichkeit beherrscht den Diskurs.

Dabei hatte es gerade bei der CDU in NRW in den vergangenen Jahren erhebliche Schritte nach vorn zur Öffnung der Partei für neue Wählerschichten gegeben. Ein Ansatz, den der NRW-Chef Armin Laschet auch in die Bundespolitik einbrachte. Mit Cemile Giousouf zog zudem erstmals eine bekennende Muslimin für die Christdemokraten in den Bundestag. Laschet hatte die Wahl von Giousouf zur Spitzenkandidatin unterstützt und forciert. Debatten um Muslime in der Partei wurden geführt, aber sachlich und nüchtern. Am Ende hatte man mit der Muslimin Giousouf erstmals auch ein Zeichen für muslimische Wählerschichten gesetzt.

Islamisierung der Partei?

Doch der neuerliche Vorfall in Neuss lässt diese Erfolge in der Öffnung der Partei verblassen. Der CDU-Stadtratskandidat Yaşar Çalık hatte im Wahlkampf auf von ihm verteilten Stofftaschen mit einem Halbmond im „C“ des Parteilogos geworben. Obwohl die Parteiführung zwischenzeitlich die weitere Verwendung des verfremdeten Logos untersagte und Çalık von einem zu spät bemerkten Fehler der Druckerei sprach, tobt in der Neusser CDU seither eine hitzige Auseinandersetzung um eine angeblich drohende Islamisierung bzw. Muslimisierung der Partei.

Drei Wochen vor der Kommunalwahl stellt der Streit um den Halbmond im Parteilogo die Neusser CDU vor eine Zerreißprobe. In den Konflikt mischen sich jetzt auch katholische Würdenträger ein. Der Stadtpfarrer Wilfried Korfmacher warnte die CDU davor, ihre christlichen Wertvorstellungen „um der Macht Willen“ zur Disposition zu stellen und sich für immer neue Gruppierungen zu öffnen. Die CDU sollte eher in die Opposition, als immer mehr christliche Prinzipien aufzugeben.

Fehler nicht totschweigen

Korfmacher meldete sich am Freitagabend auf einer Veranstaltung zu Wort, die der Neusser CDU-Ratsherr Sebastian Rosen gegen den Willen seiner Parteiführung initiiert hatte. Unter dem Motto „Neuss unter dem Halbmond? Hat sich die CDU vom C verabschiedet?“ diskutierten etwa 200 Teilnehmer kontrovers und emotional über die Verfremdung des Parteilogos durch den CDU-Stadtratskandidaten Çalık.

„Wir sollten Fehler, die passiert sind, nicht totschweigen“, sagte Rosen zu Beginn der Veranstaltung. Er hatte erst kürzlich der Parteiführung vorgeworfen, sie würde in der Sache nicht ehrlich sein. Von der örtlichen Parteiführung ließ sich entsprechend niemand blicken. Stattdessen feierte die CDU zur gleichen Zeit nur wenige Kilometer entfernt den Auftakt des Kommunalwahlkampfes mit ihrem Kreisvorsitzenden, Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe.

Er wolle mit der CDU nicht das gleiche Schicksal erleben wie die SPD, die sich durch das Aufgeben von Positionen immer weiter von ihrer Stammwählerklientel entfernt habe, erklärte Rosen. Die CDU müsse selbstverständlich auch für Migranten offen sein. Aber diese müssten die christlichen Grundwerte anerkennen. Dies sei aber bei Çalık nicht erkennbar, wenn er das Parteilogo verfremde.

Hesemann spricht von Mondgott

Als Kronzeugen dafür hatte Rosen den Kirchenhistoriker Michael Hesemann eingeladen. Das „Symbol des Mondgottes von Mekka“ sei in seiner Ursprungsbedeutung keineswegs verwerflich, befand Hesemann. Allerdings sei der Halbmond des religiös-spirituellen Islam später vom politischen Islam missbraucht worden. Deshalb stehe dieses Symbol auch für die Inbesitznahme christlicher Kathedralen durch Muslime und die Tötung von Millionen armenischer Christen im ersten Weltkrieg.

Nicht der einzelne Muslim „in seiner bewundernswerten Frömmigkeit“ lasse den Islam „bedrohlich erscheinen“, führte Hesemann aus, sondern der politisch dominante Anspruch der Lehre Mohammeds. Deshalb sei die Halbmond-Verfremdung „natürlich kein Unfall und keine Panne“ gewesen. Ein Kandidat, der sich mit einer solch „dummen Ausrede“ aus der Affäre stehle, müsse sich fragen lassen, „ob er noch wählbar ist“.

Hüsch: Muslime haben berechtigten Platz in der CDU

Nur der 84-jährige CDU-Senior Heinz Günter Hüsch, den sie in Neuss als graue Eminenz der Kommunalpolitik respektvoll „Altmeister“ nennen, ergriff beherzt Partei für Calik. „Das ist ein Novize, ein Anfänger“, rief der ehemalige Bundestagsabgeordnete mit brüchiger Stimme in den Saal. Da erwarte er von Christdemokraten doch „mehr Barmherzigkeit“.

Zudem entspreche die verpflichtende Armenspende im Islam der christlichen Nächstenliebe. Für ihn hätten Muslime einen berechtigten Platz in der CDU. „Schließlich glauben wir alle an den einen Gott“, sagte Hüsch. Zudem stellte er sich vor die heftig attackierte Parteiführung der Neusser CDU: „Sie haben nie erkennen lassen, das sie nicht uneingeschränkt zum C stehen.“

Der Streit zeigt jedoch, wie schwer sich die CDU mit ihrer Öffnung gegenüber Muslimen tut. Im Kommunalwahlkampf und vor den anstehenden Europawahlen tut sich die Partei mit dieser Debatte bei muslimischen Wählern jedoch keinen Gefallen. Die geschürten islamfeindlichen Ressentiments werden unterdessen auf rechtsextremen und islamfeindlichen Weblogs und Foren gefeiert.

Mit Material der KNA

Leserkommentare

Ute Diri-Dost sagt:
Ich würde sagen,haltet Euch davon heraus,Wahlpropaganda zu machen.Was gebraucht wird,ist eine Partei,die allen Bürgern gerecht wird,abgesehen von. Weltanschauung oder Herkunft,und da haben die herkömmlichen Parteien voll versagt und alle. Versprechungen blieben unerfüllt und A bkommen verschleiert oder gebrochen..Wie nennt man solche Leute im Islam?Heuchler.Warum haben sich bis heute keine vernüftigen qualizifierten Muslime gefunden ,die zusammen ,wenn auch mit andersgläubigen Bürgern,die bereit sind,eine ehrliche Politik zu machen,die zum Wohl aller Mitbürger gereicht?-Wie man sieht,sind die herkömmlichen Partein dem Islam und seinen.Vertretern nicht gerede sehr freundlich gesonnen.
04.05.14
18:45