Landtagswahlen Hessen

„In unserer Republik hat Islamfeindlichkeit keinen Platz“

Am 28. Oktober finden die Landtagswahlen in Hessen statt. Was steht in den Parteiprogrammen zu Islam und Muslimen? IslamiQ liefert die Antworten. Heute die FDP. Wähl mit iQ!

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10
2018

IslamiQ: Seit dem Schuljahr 2013/14 wird bekenntnisorientierter islamischer Religionsunterricht an mehreren Schulen in Hessen angeboten. Welche Pläne verfolgt ihre Partei dieses Angebot auszuweiten?

IslamiQ: Kooperationspartner für den Islamischen Religionsunterricht ist die aktuell kontrovers diskutierte DITIB. Gefährdet das die Fortsetzung des Projektes „Islamischer Religionsunterricht“?

Die Fragen 1 und 2 werden wegen Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet:

FDP: Wir Freien Demokraten unterstützen die Fortführung des bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichts, der in Kooperation mit dem DİTİB Landesverband Hessen und die Ahmadiyya-Gemeinde in der Bundesrepublik Deutschland e.V. realisiert wird. Für uns ist dabei von zentraler Bedeutung, dass es sich bei diesem Unterrichtsfach um ein ordentliches Lehrfach in staatlicher Verantwortung handelt. Dies bedeutet, dass er nach staatlichen Curricula, in deutscher Sprache und grundsätzlich durch staatliche Lehrkräfte erteilt wird und der staatlichen Schulaufsicht unterliegt. Aus diesem Grund sehen wir die Entwicklung von DITIB auch sehr kritisch und setzen uns dafür ein, dass endlich auch unangekündigte Unterrichtsbesuche durchgeführt werden und die Unabhängigkeit der Lehrkräfte umfassend gewährleistet ist. Einflussmöglichkeiten von Dritten müssen ausgeschlossen sein. Deshalb muss die Aus- und Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer weiter dem Land obliegen. Nur wenn alle diese Voraussetzung erfüllt sind, kann der Unterricht in bisheriger Weise erteilt werden. Andernfalls müssen Konsequenzen gezogen und die Kooperation beendet werden, um die Schülerinnen und Schüler vor unerwünschten Einflüssen zu schützen. Für uns Freie Demokraten ist es unerlässlich, dass sichergestellt ist, dass der bekenntnisorientierte islamische Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Werten und Normen des Grundgesetzes gelehrt wird.

IslamiQ führte das Interview auch mit anderen Parteien:
Bündnis90/die Grünen: „Vorurteile abbauen, miteinander ins Gespräch kommen
Die Linke: „Moscheeangriffe müssen als kriminelle Akte verfolgt werden“

IslamiQ: In Niedersachsen, Hamburg oder Bremen gibt es bereits Staatsverträge mit islamischen Religionsgemeinschaften oder werden welche ausgehandelt, um die Kooperation mit den islamischen Religionsgemeinschaften zu stärken. Wie wollen Sie die Zusammenarbeit mit den Muslimen stärken?

FDP: Wir stehen der Zusammenarbeit mit Muslimen grundsätzlich positiv gegenüber und dies gebietet auch der Grundsatz der Religionsfreiheit. Die Frage ist jedoch nicht vorrangig mit dem Abschluss von Staatsverträgen gekoppelt, die auch nur einen bestimmten prozentualen Anteil der muslimischen Bürgerinnen und Bürger einbezieht. Staatsverträge des Landes mit Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften stellen eine etablierte Form zur Regelung des Miteinanders von Staat, Religion und Weltanschauung dar und dafür braucht es Partner, die die rechtlichen Voraussetzungen und Kriterien erfüllen. Auch mit Blick auf die Bundesländer, die derzeit eine Aussetzung überprüfen, sehen wir derzeit weitreichende Frage der Realisierbarkeit unbeantwortet. Denn es gelten die oben aufgezeigten Kriterien und zudem muss gewährleistet sein, dass es keine rechtliche, faktische oder finanzielle Abhängigkeit von Religionsgemeinschaften und sonstigen religiösen Vereinigungen jeder Art gegenüber ausländischen Regierungen und Behörden gibt, durch die diese Regierungen oder Behörden religiösen, politischen oder gesellschaftlichen Einfluss auf diese Religionsgemeinschaften und sonstigen religiösen Vereinigungen ausüben oder ausüben könnten.

IslamiQ: Mehrere Studien attestieren eine zunehmende Islamfeindlichkeit in Deutschland. Wie möchte Ihre Partei dieser Entwicklung entgegenwirken?

FDP: Wir Freie Demokraten verlangen von jedermann Respekt vor den Grundrechten, dem Rechts-staat und seinen Gesetzen. Bei innerer Liberalität und Toleranz kann es für niemanden Rabatt geben. Die Werte unseres Grundgesetzes sind nicht verhandelbar. Sie garantieren die Gleichberechtigung der Geschlechter, den Schutz von Minderheiten, die sexuelle Identität und die Religionsfreiheit. Toleranz gegenüber der Intoleranz darf und wird es mit uns nicht geben. Die Ordnung des Grundgesetzes ist offen für alle, die seine Werte teilen – unabhängig von Religion und Weltanschauung. In unserer Republik haben gruppenbezogene Menschenanfeindungen wie Antisemitismus und Islamfeindlichkeit keinen Platz. Im Rahmen dieser Ordnung muss es jedem Menschen freigestellt sein, so zu leben, wie er es für richtig hält; auch wenn dies den Traditionen der Mehrheitsgesellschaft zu widersprechen vermag. Denn wir lehnen es prinzipiell ab, wenn eine Mehrheit versucht, dem einzelnen Individuum ihre Kultur aufzuzwingen, sondern respektieren jeden Menschen so, wie er ist. Jedoch ist diesbezüglich nicht nur das Bekenntnis der Politik erforderlich, sondern das Agieren der Gesamtgesellschaft.

IslamiQ: In den letzten Jahren kommt es immer häufiger zu Angriffen auf Moscheen und muslimische Einrichtungen. Was kann und sollte unternommen werden, um diese zukünftig besser zu schützen?

FDP: Angriffe auf Moscheen und muslimische Einrichtungen sowie auf andere Religionsstätten sind nicht hinnehmbar und strafrechtlich zu verfolgen. Es bedarf eines konsequenten Vorgehens gegen gewaltbereite Gruppen sowie der Durchsetzung des Rechtsstaates. Konkrete präventive Schritte müssen jedoch weit vor einem tatsächlichen Übergriff durchgeführt werden. Da es sich bei den Tätern häufig um Rechtsextremisten handelt, muss ein konsequentes Vorgehen gegen Rechtsextremismus gewährleistet sein. Das beste Mittel dagegen ist, das Abgleiten in Extremismus von vorneherein zu verhindern. Hierzu setzen wir auf den intensiven Dialog mit allen Vertretern der entsprechenden Verbände, Vereine und Gruppierungen. Die erfolgreiche Arbeit des Hessischen Informations- und Kompetenzzentrums gegen Extremismus (HKE) im Bereich der Deradikalisierung und Prävention gegen Rechtsextremismus (z. B. die Mobile Intervention, das Programm „Rote Linie – Hilfe zum Ausstieg vor dem Einstieg“ sowie das Informations- und Kompetenzzentrum Ausstiegshilfen Rechtsextremismus „IKA-Rus“) werden wir auf dem derzeitigen hohen Niveau fortsetzen.

IslamiQ: Die islam- und fremdenfeindliche AfD ist in eine Reihe von Landesparlamenten und nun sogar in den Bundestag gewählt worden. Welche Chancen malen sie der AfD in Hessen aus und welcher Umgang mit dieser Partei ist von Ihnen im Landtag zu erwarten?

FDP: Wir Freie Demokraten müssen ebenso wie die anderen etablierten politischen Kräfte eine ernsthafte inhaltliche Auseinandersetzung führen, denn häufig argumentiert die AfD nur auf der emotionalen Ebene und unterfüttert ihre Aussagen sowie Forderungen mit Übertreibungen und Unwahrheiten. Hier geht es auch um das Aufzeigen von rhetorischen Mitteln/Mechanismen, Stereotypen und pseudowissenschaftlichen Erklärungen oder Übertreibungen. Es muss gelingen, klare inhaltliche Abgrenzungen aufzeigen, ohne die Bedeutung der Partei zu überhöhen und diese in ihrer „Opferrolle“ zu bestärken. Darüber hinaus gilt es immer deutliche Kritik an menschenverachtenden, rassistischen und fremdenfeindlichen Äußerungen und Verhaltensweisen zu üben, ungleich von wem sie getätigt werden.

IslamiQ: Die Deutsche Islamkonferenz befasste sich mit dem Thema islamische Wohlfahrtspflege und Seelsorge aufgrund der steigenden Nachfrage – auch in Hessen. Wird Ihre Parte die Etablierung einer islamischen Wohlfahrtspflege unterstützen?

FDP: Wir Freie Demokraten lehnen islamische Wohlfahrtspflege grundsätzlich nicht ab, da auch andere Religionsgemeinschaften eine Wohlfahrtspflege in Deutschland betreiben, jedoch müssen auch diesbezüglich die Kriterien aus den Antworten zu den Fragen 1 bis 3 erfüllt sein. Darüber hinaus setzten wir uns für eine vollwertige Gefängnisseelsorge für Musliminnen und Muslime ein. Dabei handelt es sich um ein wichtiges Instrument zur Resozialisierung Strafgefangener, welches zudem hilft, Perspektiven für die Zeit nach der Haft zu finden.

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Feindlichkeit ist so ein kriegerisches Wort, das mir nicht gefällt. Ich würde besser von pauschaler Ablehnung sprechen. Und die hat in unserer pluralistischen Gesellschaft jedenfalls Platz! Ich lehne die AfD und die FPÖ pauschal ab, ebenso die Scientology-Kirche und den Islam.
24.10.18
14:13