Sondergipfel

OIC-Mitglieder erkennen Ost-Jerusalem als Hauptstadt Palästinas an

US-Präsident Trump hat Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt. Ein Krisengipfel der Organisation für Islamische Kooperation (OIC) kontert jetzt – und erklärt den Osten der Stadt zur Hauptstadt eines Palästinenserstaates.

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al-Aqsa-Moschee © by cordyph auf flickr, bearbeitet iQ

Ein Sondergipfel islamischer Staaten hat als Reaktion auf das umstrittene Vorgehen der USA Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines Palästinenserstaates anerkannt. „Wir verkünden, dass wir den Palästinenserstaat anerkennen, dessen Hauptstadt Ost-Jerusalem ist“, zitierte die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu aus der Erklärung des Gipfels der Organisation für Islamische Kooperation (OIC) am Mittwoch in Istanbul. „Wir fordern die Welt dazu auf, Ost-Jerusalem als besetzte Hauptstadt eines Palästinenserstaates anzuerkennen.“

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan hatte den eintägigen Sondergipfel als amtierender OIC-Präsident einberufen. Erdogan hatte bereits zum Auftakt des Treffens gesagt: „Von hier aus fordere ich alle Länder, die für internationales Recht und Gerechtigkeit eintreten, dazu auf, Jerusalem als die besetzte Hauptstadt des palästinensischen Staates anzuerkennen.“ Im Zentrum der Kritik bei dem Gipfel in Istanbul stand US-Präsident Donald Trump, der eine Woche zuvor Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt hatte.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sagte am Mittwoch in Istanbul, man werde die USA nicht mehr als Vermittler in Nahost akzeptieren. „Wir brauchen einen neuen Mechanismus, um internationale Resolutionen umzusetzen, weil Washington nicht mehr als Schirmherr des Friedensprozesses qualifiziert ist.“

Abbas forderte die Vereinten Nationen dazu auf, die vollständige Verantwortung für die Lösung des Palästinenserkonflikts zu übernehmen. „Wir sind heute hier, um allen deutlich zu sagen, dass Jerusalem die Hauptstadt des Staates Palästina war, ist und bleiben wird.“ Trump habe Israel „Jerusalem als Geschenk gegeben, als ob er eine Stadt in den USA anbieten würde“.

Erdogan nannte Israel erneut einen „Terrorstaat“ und kritisierte, mit seiner Entscheidung habe Trump Israel für „Terroraktionen regelrecht belohnt“. Dieser Schritt sei „äußerst falsch, provokativ und rechtswidrig“ gewesen. „Jerusalem ist unsere rote Linie.“

Der jordanische König Abdullah II. forderte bei dem Gipfel die Errichtung eines palästinensischen Staates mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. Der iranische Präsident Hassan Ruhani nannte Trumps Entscheidung sei „einfach nur unverschämt“.

Israel hatte den arabischen Ostteil Jerusalems im Sechs-Tage-Krieg 1967 erobert und beansprucht ganz Jerusalem als Hauptstadt. Dies wird international nicht anerkannt. Die Palästinenser fordern Ost-Jerusalem als künftige Hauptstadt.

Abbas sagte bei dem OIC-Gipfel, die Palästinenser strebten weiter eine UN-Vollmitgliedschaft an. Bisher sind sie Beobachterstaat. Weltweit haben bis heute rund 140 Staaten Palästina als souveränen Staat anerkannt. Die OIC ist ein Zusammenschluss von 57 Staaten und versteht sich als „kollektive Stimme der muslimischen Welt“. Vergangene Woche hatte Erdogan gesagt: „Auf diesem Gipfel werden wir die gesamte islamische Welt in Bewegung setzen.“

Nach türkischen Angaben nahmen Staats- oder Regierungschefs von mehr als 20 Ländern an dem Gipfel in Istanbul teil. Darunter waren die Präsidenten des Irans, Indonesiens, Afghanistans und Somalias, die Emire Katars und Kuwaits sowie Jordaniens König Abdullah II. Weniger prominent vertreten sind jene OIC-Länder, die zusammen mit Saudi-Arabien vor einem halben Jahr eine Blockade gegen Katar begonnen haben. Saudi-Arabien schickte den Religionsminister nach Istanbul, Ägypten den Außenminister, die Vereinigten Arabischen Emirate ihren Vize-Außenminister. (dpa/iQ)

Leserkommentare

Lukas sagt:
Eine Staat, den es nicht gibt, kann keine Hauptstadt haben. Schon gar nicht kann dann diese Hauptstadt eine Stadt sein, die den Palästtinensern nicht gehört.
13.12.17
17:30
Kritika sagt:
L.S. „Wir verkünden, dass wir den Palästinenserstaat anerkennen, dessen Hauptstadt Ost-Jerusalem ist“ Na und? wird sich nun die Situation der armen Palestinenser in Gasa verbessern? Wird die Regierung den Zustand wiederherstellen können und wollen, als diese Gasa von Israel bekommen hat? Mit Seehaven, Airport, Cytrus Plantagen und Gewächshäuser, die Früchte in aller Welt lieferten? Heute stellt Gasa primitive Raketen her, leistet sich sogar eine teure Armee, (kennt aber kein Land, mit dem die Armee es auch nur annähernd aufnehmen könnte) während die EG den Löwenanteil des Staatsbudgeds bezahlt. Die Bevölkerung lebt (auch für ein islamisches Land) in sehr armen Verhältnissen. Haben die Palestinenser wirklich keine grössere Sorgen als OstJerusalem? Gruss, Kritika
14.12.17
0:30
Johannes Disch sagt:
@Lukas -- "Ein Staat, den es nicht gibt, kann keine Hauptstadt haben." ("Lukas) So ist es! Die Entscheidung von Präsident war überflüssig und unnötig. Und sie ändert nichts am Status Quo. Aber die Entscheidung der OIC ist ebenso falsch und praktisch ebenso belanglos. Wünsche allen Frohe Feiertage und einen Guten Rutsch in 2018.
14.12.17
13:02
Johannes Disch sagt:
@Da fehlt was in meinem letzten P Ich meinte natürlich, die Entscheidung von US-Präsident Trump war falsch und unnötig.
14.12.17
13:03
korsar sagt:
Arafat hat schon damals bei den Verhandlungen zu Camp David 2 alle Angebote der Juden ausgeschlagen, sich auf eine Zweistaatenlösung zu einigen, dazu gehörte auch Ostjerusalem. Ostjerusalem war von 1948 bis 1967 von Jordanien besetzt, weil die Araber gegen Israel Krieg geführt haben und Israel als Staat vernichten wollten. Haben sich da die Palästinenser aufgeregt ? Nein. Erst im 6 Tage Krieg von 1967 als Israel sich einer Übermacht der arabischen Nachbarländer gegenübersah, wurde Ostjerusalem und Golan bis heute besetzt. Gaza und der Sinai wurden zurückgegeben. Die Stadt ist also 50 Jahre im Besitz Israels auch des Ostens. Wie lange soll man diesen Status als unverhandelt aufrechterhalten, wenn die muslimische Seite sämtliche Verhandlungen blockiert, weil man mit Juden nicht verhandeln will ? Ob Trump irgendwas sagt, ändert an dem 50 jährigen Status der Stadt Jerusalem gar nix, weil es eben schon seit 1967 so ist. Der Grund ist die muslimische Seite, die eben alles oder nix will und die Juden, wie von der radikalen Hamas beabsichtigt, von der Landkarte tilgen wollen. Welche Hauptstadt würde Erdogan denn den Kurden und Kurdistan zubilligen, Istanbul vielleicht ?
14.12.17
23:32
Johannes Disch sagt:
Den Staat Palästina gibt es (noch) nicht. Also ist es vollkommen hirnrissig, Ost-Jerusalem zu dessen Hauptstadt zu erklären. Die Erklärung der OIC hat keinerlei praktische Relevanz und keinerlei Verbindlichkeit.
15.12.17
17:34
Dilaver Çelik sagt:
@Johannes Disch Der Staat Palästina wurde mittlerweile von 140 Staaten der Welt anerkannt. Darunter die Staaten der OIC. Von daher ist die Entscheidung der OIC logisch und konsequent. Wie der Westen oder die UN dazu stehen, ist irrelevant. Das Existenzrecht Palästinas mit Jerusalem als dessen Hauptstadt ist ein unabstreitbares Faktum.
17.12.17
20:36
Dilaver Çelik sagt:
Ein Sprecher der Jerusalem-Kundgebung in İstanbul hat gesagt: Für uns ist der Norden, Süden, Osten und der Westen Jerusalems Hauptstadt von Palästina. Dem ist nichts hinzuzufügen. Es wäre mutig, wenn das mal wenigstens ein Abgeordneter im Bundestag noch einmal so bekräftigt. Man muss den Bundestag so lange unter Druck setzen, bis er das Existenzrecht Palästinas und Jerusalem als die Hauptstadt Palästinas ohne wenn und aber anerkannt hat.
18.12.17
6:55
Dilaver Çelik sagt:
Der Bundestag hat keine andere Wahl als den Staat Palästina und Jerusalem als dessen Hauptstadt anzuerkennen. So wie 140 weitere Staaten der Welt das bereits getan haben. Andernfalls ist es durchaus legitim, die Legitimität des Bundestages in Frage zu stellen.
18.12.17
7:16
Johannes Disch sagt:
@Dilaver Celik (Ihr Post vom 17.12.17, 20:36) -- "´Der Staat Palästina wurde mittlerweile von 140 Staaten der Welt anerkannt." (Dilaver) Wofür sich Palästina aber nix kaufen kann. Völkerrechtlich betrachtet ist der Status von Palästina noch immer umstritten. Faktisch gibt es noch immer keinen Staat Palästina. Da nützt Ihnen diese Anerkennung auch nix. Wo bitte verläuft die Staatsgrenze von Palästina? Was ist die anerkannte Hauptstadt von Palästina? Wo sind die diplomatischen Vertretungen von Palästina im Ausland? Das alles gibt es nicht! Also: Der Staat Palästina existiert nicht. DAS ist ein Faktum! Und was die internationale Macht betrifft, da interessieren die USA, die UN und die EU. Die OIC ist faktisch belanglos, da untereinander völlig zerstritten. Die OIC ist faktisch nicht handlungsfähig. Die UN und vor allem die USA sind aber sehr wohl handlungsfähig. -- "It´s a question of Power", wie der große Henry Kissinger zu sagen pflegt.
18.12.17
20:52
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