Ayodhya

Indien legt Grundstein für Tempel, wo einst Moschee stand

Wo einst eine Moschee stand, soll nun ein Hindu-Tempel gebaut werden. Für viele indische Muslime ist dies ein weiteres Zeichen der Unterdrückung.

18
08
2020
Indien und das antimuslimische Gesetzt, Moschee (c)shutterstock, bearbeitet by iQ
Indien und das antimuslimische Gesetzt, Moschee (c)shutterstock, bearbeitet by iQ

Indiens Premier Narendra Modi hat den silbernen Grundstein eines Tempels gelegt – an einem Ort, wo einst eine Moschee stand. Es ist ein Triumph für die hindunationalistische Führung des Landes, wo sich aber viele Muslime, die mit 14 Prozent der Bevölkerung die größte Minderheit stellen, zunehmend unwohl fühlen. Der Premier sagte bei der Zeremonie mit hinduistischen Gesängen und dem Segnen mit heiligem Wasser am Mittwoch: „Indien ist überglücklich, da Jahrhunderte des Wartens heute ein Ende gefunden haben. Millionen hätten nicht geglaubt, dass sie diesen Tag in unserer Lebenszeit erleben würden.“

Der Ort, wo der Tempel entstehen soll, hat schon lange zu Konflikten zwischen Hindus und Muslimen geführt. Für Hindus ist es der Geburtsort des wichtigen Hindu-Gottes Ram und einige glauben.

Jahrhundertealte Moschee wurde zerstört 

Für Muslime ist es ein Ort, wo einst eine jahrhundertealte Moschee stand, die Hindu-Fanatiker vor knapp 30 Jahren zerstört hatten. Bei den damals folgenden Unruhen kamen rund 2000 Menschen ums Leben. Nach langem Rechtsstreit hatte das höchste Gericht der größten Demokratie der Welt den Tempelbau in der nordindischen Stadt Ayodhya schließlich Ende des vergangenen Jahres erlaubt. Muslime erhielten ein anderes Stück Land für eine neue Moschee.

Premier Modis hindunationalistische Partei hatte den Bau des Tempels in Ayodhya schon seit den 1980ern Jahren versprochen. Modi sagte, dass Gott Ram jahrelang in einem Zelt leben musste. Jetzt könne er in einem großartigen Tempel leben, den seine Anhänger für ihn bauten. Er soll geschätzte drei Milliarden Rupien (knapp 34 Millionen Euro) kosten und zu den Wahlen 2024 fertig sein.

Muslimischen Kaschmir-Region Teilautonomiestatus entzogen

Der Tag der Grundsteinlegung liegt außerdem genau am ersten Jahrestag der Erfüllung eines anderen Wahlversprechens. Damals hatte die Regierung der mehrheitlich muslimischen Kaschmir-Region im Himalaya einen Teilautonomiestatus entzogen, um das Gebiet stärker ins mehrheitlich hinduistische Indien zu integrieren. Viele Kaschmirer waren gegen die Neuregelung. Doch die Regierung schickte mehr Truppen in die Unruheregion, blockierte zeitweise Telefon- und Internetverbindungen und ließ Hunderte Regionalpolitiker und Aktivisten festnehmen – das alles sollte den Widerstand ersticken.

Der neue Tempel und die Teilautonomieaberkennung in Kaschmir sind zwei Dinge, die bei etlichen Beobachtern Ängste schüren, dass sich Indien zunehmend von säkularer Demokratie, die Minderheitenrechte schützt, wegbewegt und Religion und Mehrheitspolitik wichtiger werden. (dpa/iQ)

Leserkommentare

grege sagt:
Dieser Vorfall zeigt die Problematik von Staatssystemen auf, die durch die Vormundschaft einer bestimmten Religion geprägt sind. Solche Strukturen führen zwangsläufig zur Ausgrenzung und Unterdrückung anderer Religionen, wie in diversen islamischen Stataten (z,.B. Saudi Arabien, Iran oder Pakistan) sichtbar. Muslime mit Forderung nach einem islamischen Staat sollten sich bewußt sein, dass dieses Anliegen bei Extremisten anderer Religionen ähnliche Begehrlichkeiten zu Lasten muslimischer Minderheiten wecken kann. Bestes Beispiel sind Burma oder Indien, wo hinduistische oder buddhistische Exremisten Muslime auf ähnliche Weise schikanieren, wie es in islamischen Ländern mit dortigen Minderheiten der Fall ist.
25.08.20
18:23