Berlin

Debatte über Änderung des Neutralitätsgesetzes

Ein Gutachten des wissenschaftlichen Parlamentsdienstes löste eine erneute Debatte über das Berliner Neutralitätsgesetz aus. Die SPD-Fraktion versah das Gutachten mit einem Sperrvermerk. An Heiligabend wird es jedoch freigegeben.

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Das Gesetz © by RA Torsten Kellotat auf flickr.com (CC BY 2.0), bearbeitet IslamiQ

Der religionspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, drängt auf eine Änderung des Berliner Neutralitätsgesetzes. In seiner jetzigen Form verwechsele es „weltanschauliche Neutralität des Staates mit der Verbannung des Religiösen aus dem öffentlichen oder staatlichen Raum“, erklärte Beck am Dienstag in Berlin. Somit genüge es „nicht den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes“.

Das Berliner Neutralitätsgesetz verbietet Staatsbediensteten das Tragen religiöser Symbole. Dagegen hatte Ende November eine muslimische Lehrerin eine Klage vor dem Arbeitsgericht eingereicht, die im April verhandelt werden soll.

Beck bezieht sich in seiner Erklärung auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienst (WPD), das von der SPD-Fraktion in Auftrag gegeben wurde. Diese hatte das Gutachten in Teilen bereits im Sommer vorgestellt, aber laut Berliner Tagesspiegel mit einem Sperrvermerk versehen lassen, was in Parlamentskreisen als ungewöhnlich gilt. An Heiligabend läuft die Sperrfrist aus, und das 28-seitige Gutachten ist offiziell einsehbar.

Demnach ist das Berliner Neutralitätsgesetz in seiner jetzigen Form verfassungswidrig. Zur Begründung führt der WPD das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von März an, bei dem ein pauschales Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen an öffentlichen Schulen für unzulässig erklärt worden war. Derartige Verbote könnten nur in Einzelfällen erlassen werden, wenn konkrete Gefahren für den Schulfrieden bestünden, so die Richter.

Im Berliner Gesetz müsse deshalb zumindest eine Ausnahmeregelung verankert werden, wonach künftig religiöse Kleidung erlaubt werden kann, wenn das Tragen „keine konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die weltanschaulich-religiöse Neutralität des Landes Berlin darstellt“, heißt es im WPD. Ergänzend könne der Senat eine Ermächtigung zum Erlass von Verbots-Verordnungen schaffen, wenn in
bestimmten Schulbezirken besondere Konfliktlagen bestünden.

Beck betonte, „das Tragen einer Kippa oder eines Kopftuches im Dienst zu untersagen, verletzt die Religionsfreiheit derjenigen, die diese Kleidungsvorschriften für einen verbindlichen Teil ihres Glaubens halten, und schließt sie von der freien Berufsausübung aus.“(KNA/iQ)