Mahnwache

Muslime für Weltoffenheit und Toleranz

An der Mahnwache in Berlin nahmen Spitzenvertreter aus Politik, Gesellschaft, Kirchen und Religionsgemeinschaften teil. Gemeinsam gedachte man den Opfern der Pariser Anschläge und rief zu mehr Toleranz und Zusammenhalt auf. Mehrere Tausend Teilnehmer fanden sich hierfür am Brandenburger Tor zusammen.

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01
2015
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Gestern Abend (13.01.2015) luden der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) und die Türkische Gemeinde Berlin (TGB) zur Mahnwache für ein weltoffenes und tolerantes Deutschland und für Meinungs- und Religionsfreiheit nach Berlin ein. Spitzenvertreter aus Politik, Gesellschaft und Religionsgemeinschaften, darunter auch Bundespräsident Joachim Gauck, folgten der Einladung und gedachten am Brandenburger Tor den Opfern des Terroranschlags in Paris.

Eröffnet wurde die Mahnwache durch eine bewegende Koranrezitation. Die zwei Verse aus dem Koran handelten zum einen vom Verbot des Tötens und zum anderen von der Pflicht des Dialoges und Austausches unter den Menschen geht.

„Aus diesem Grunde haben wir (…] vorgeschrieben: Wer ein menschliches Wesen tötet (…] so ist es, als ob er alle Menschen getötet hätte. Und wer es am Leben erhält, so ist es, als ob er alle Menschen am Leben erhält. Unsere Gesandten sind bereits mit klaren Beweisen zu ihnen gekommen. Danach aber sind viele von ihnen wahrlich maßlos auf der Erde geblieben.“ (Sure 5, Vers 32)

„O ihr Menschen, Wir haben euch ja von einem männlichen und einem weiblichen Wesen erschaffen, und Wir haben euch zu Völkern und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennenlernt.“ (Sure 49, Vers 12)

Nach diesem spirituellen Input gedachten mehrere Tausend Teilnehmer in einer Schweigeminute die Opfer der Anschläge.

Bundespräsident fordert gesellschaftliche Geschlossenheit

In seiner Ansprache rief Bundespräsident Joachim Gauck zu Geschlossenheit und Besonnenheit beim Eintreten für Freiheit und Demokratie, auf. Die „übergroße Mehrheit der Muslime fühlt sich der offenen Gesellschaft zugehörig, schätzt ihre Möglichkeiten und ihre Werte“, betonte er. „Wir alle sind Deutschland“, so Gauck weiter. Der Bundespräsident verurteilte Fundamentalismus als eine „Pervertierung von Religion“.

Weitere Politiker, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) sowie Spitzenvertreter aller Bundestagsparteien unterstützten diese Botschaft mit ihrer Teilnahme. Zum Zeichen der Verbundenheit traten abschließend alle untergehakt an den Rand der Bühne.

Muslime gegen Hass und Terror

Der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek sprach im Namen der der Muslime den Terroropfern und ihren Hinterbliebenen seine Anteilnahme aus. Die Terroristen hätten mit ihrer Tat „die größte Gotteslästerung begangen“. Sie hätten „den Islam verraten und seine Prinzipien in den Schmutz gezogen“, betonte Mazyek: „Wir werden nicht zulassen, dass unser Glaube missbraucht wird.“ Zugleich hob er die Zugehörigkeit der Muslime zu Deutschland und ihre Verantwortung für eine offene Gesellschaft hervor. „Uns eint, dass wir der Gewalt und Intoleranz entgegentreten. Wir alle sind Deutschland.“

Juden und Christen fordern Solidarität der Religionen

Als Vertreter der katholischen Kirche betonte der Berliner Weihbischof Matthias Heinrich: „Bei allem, was die Religionen trennen mag – es eint uns der Wille, uns nicht gegeneinander aufbringen zu lassen.“ Zugleich stellten sich „Fragen – nicht nur an die muslimischen Gemeinschaften, sondern letztlich an uns alle“. Denn die Täter von Paris seien in Frankreich aufgewachsen. Obwohl sich in die Antwortversuche viel Ratlosigkeit mische, so Weihbischof Heinrich, dürfe niemand diesen Fragen ausweichen.

Im Namen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sagte der Berliner Bischof Markus Dröge, die Botschaft der Religionen sei klar: „Juden, Christen und Muslime sagen gemeinsam Nein zu jeder Gewalt, zu jedem Terror im Namen des Glaubens an Gott.“ Der Dialog der Religionen werde nach den Gewalttaten von Paris voller Überzeugung vorangetrieben. „Echter Glaube an Gott führt zum Frieden und zur Überwindung von Spaltung“, sagte Dröge.

Der Vizepräsident des Zentralrates der Juden, Abraham Lehrer, erinnerte in seiner Ansprache auch an Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Europa und betont dabei, dass der wichtigste Schutz „unserer Zusammenhalt quer durch die ganze Gesellschaft“ sei. (KNA/iQ)