









Lehrerinnen in Berlin dürfen künftig ein Kopftuch im Unterricht tragen – CDU und SPD reagieren damit auf ein Urteil. Ein Haken bleibt: Das Kopftuch ist erlaubt – solange der Schulfrieden nicht leidet.
In Berlin wird das umstrittene Neutralitätsgesetz reformiert. CDU und SPD haben sich am Wochenende bei ihrer gemeinsamen Fraktionsklausur darauf geeinigt, das Gesetz an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie an die bereits gelebte Verwaltungspraxis anzupassen. Damit wird es Lehrerinnen künftig grundsätzlich erlaubt sein, mit Kopftuch zu unterrichten.
„Wir klären damit eine verfassungsrechtliche Notwendigkeit“, sagte SPD-Fraktionschef Raed Saleh am Sonntag. Berlin sei jahrelang „verfassungswidrig“ unterwegs gewesen. Auch CDU-Fraktionschef Dirk Stettner sprach von einem notwendigen Schritt. Die Reform war bereits im Koalitionsvertrag von 2023 angekündigt worden.
Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem vergangenen Jahr. Demnach ist ein pauschales Kopftuchverbot für Staatsbedienstete, wie es das Berliner Neutralitätsgesetz von 2005 vorsah, verfassungswidrig. Ein Verbot religiöser Symbole ist nur noch dann zulässig, wenn konkret eine Gefährdung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität zu erwarten ist.
In der Praxis wurde das Verbot seit dem Urteil ohnehin nicht mehr strikt angewandt. Bereits im März 2023 hatte die Bildungsverwaltung klargestellt, dass nur bei konkreten Anhaltspunkten für eine Gefährdung ein Verbot greife. Diese Praxis soll nun gesetzlich festgeschrieben werden.
Die Entscheidung, ob ein Kopftuch im Einzelfall verboten wird, soll künftig die Schulaufsicht treffen. Voraussetzung ist eine „hinreichend konkrete“ Störung des Schulfriedens, die sich auf objektiv nachweisbare Tatsachen stützen muss. Die Gesetzesreform soll am 10. Juli ins Abgeordnetenhaus eingebracht werden.
Kritik kommt von der Opposition. Tuba Bozkurt, religionspolitische Sprecherin der Grünen, sieht in der Reform keinen echten Fortschritt: „Was die Koalition jetzt als angebliche Anpassung an die Rechtsprechung verkauft, ist in Wahrheit ein fauler Kompromiss.“ Der Verweis auf eine konkrete Gefährdung des Schulfriedens bleibe eine „Gummiformel“. Kopftuchverbote seien damit weiterhin möglich – und die Unsicherheit für Lehrkräfte bleibe bestehen.
Mit der Reform endet eine jahrelange Debatte über das Berliner Neutralitätsgesetz, das bundesweit als besonders strikt galt. Die Frage, wann und ob religiöse Symbole im Staatsdienst zulässig sind, dürfte jedoch auch in Zukunft umstritten bleiben.