Antimuslimischer Rassismus

CLAIM dokumentiert bundesweit 3080 Angriffe auf Muslime

Israels Genozid in Gaza nach dem 7. Oktober hat nicht nur tausende Zivilisten das Leben gekostet – auch in Deutschland nehmen antimuslimische Übergriffe drastisch zu.

17
06
2025
Muslimin mit Kopftuch erlebt Diskriminierung
Muslimin mit Kopftuch erlebt Diskriminierung © shutterstock, bearbeitet by iQ.

Beleidigungen, Drohschreiben, beschmierte Moscheen, Angriffe auf Mädchen mit Kopftuch: Muslime werden in Deutschland zivilgesellschaftlichen Erhebungen zufolge immer häufiger Opfer von Übergriffen und Diskriminierung. Die Zahl antimuslimischer Vorfälle stieg 2024 drastisch auf einen neuen Höchststand. Dokumentiert wurden 3.080 Übergriffe und Diskriminierungen – eine Zunahme von 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (1.926).

Im Schnitt waren das mehr als acht Fälle pro Tag, wie aus der am Dienstag in Berlin veröffentlichten Jahresbilanz der Claim-Allianz hervorgeht.

70 Angriffe wurden demnach auf religiöse Einrichtungen wie Moscheen verübt. Zudem zählte das zivilgesellschaftliche Bündnis 198 Körperverletzungen und zwei Tötungsdelikte. Etwas mehr als die Hälfte alle Vorfälle machten verbale Angriffe aus, ein knappes Viertel Diskriminierungen. Ein großer Teil der dokumentierten Vorfälle habe Frauen getroffen und sei im öffentlichen Raum sowie im Bildungsbereich geschehen. Man gehe zudem von einer großen Dunkelziffer aus, hieß es.

„Gewalt gegen Muslime ist Alltag“

„Gewalt, Ausgrenzung und Beleidigungen gegen Musliminnen und Muslime sind Alltag in Deutschland“, sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Natalie Pawlik. „Das dürfen wir nicht akzeptieren.“ Auch jede und jeder Einzelne sei gefragt, bei Vorfällen zu widersprechen, einzuschreiten und solidarisch zu sein.

Die Co-Geschäftsführerin der CLAIM-Allianz, Rima Hanano, beklagte eine neue Eskalationsstufe antimuslimischer Gewalt, Diskriminierung und Ausgrenzung. Es gebe eine „neue Qualität von antimuslimischem Rassismus in Form einer zunehmenden Normalisierung, Enthemmung und Brutalität“. Frauen mit Kopftuch würden bespuckt, Kinder auf dem Schulweg beschimpft, Moscheen mit Hakenkreuzen beschmiert. Menschen verlören Wohnungen, Jobs, Sicherheit und ihre Würde.

Muslime fordern mehr Sensibilisierung

Der Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG), Ali Mete, forderte mehr Sensibilisierung in Behörden und Schulbüchern sowie einen eigenen Bundesbeauftragten gegen antimuslimischen Rassismus. „Noch immer vermitteln Schulbücher ein verzerrtes Bild: Migration wird überwiegend als Problem dargestellt, nicht als Teil unserer gesellschaftlichen Realität“, sagte Mete dem „Tagesspiegel“ (Dienstag).

Parallel zu antisemitischen Vorfällen, so die CLAIM-Allianz, sei auch die Zahl antimuslimischer Vorfälle seit dem 7. Oktober 2023 stark gestiegen. Auch der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg im Dezember 2024 habe dort zu mehr antimuslimischen Übergriffen und Bedrohungen geführt.

Angriffe auf Muslime müssen besser erfasst werden

Das Bündnis fordert eine bessere Erfassung antimuslimischer Vorfälle sowie mehr Schutz und Beratung für Betroffene. Auch wird ein neuer Nationaler Aktionsplan gegen Rassismus verlangt, der auch antimuslimischen Rassismus klar benenne.

Die Zahlen der Jahresbilanz der CLAIM-Allianz basieren auf 26 regionalen Melde- und Beratungsstellen aus 13 Bundesländern, auf bundesweiten Meldungen über das Meldeportal „I Report“, Fallzahlen aus der Statistik zur politisch motivierten Kriminalität 2024 sowie auf Pressemeldungen der Polizei und Medienberichten. Das Bundeskriminalamt erfasste etwa im Bereich Hasskriminalität für 2024 einen Anstieg islamfeindlicher Straftaten um 26 Prozent auf 1.848. (KNA/iQ)

Leserkommentare

Marco Polo sagt:
Die CLAIM gGmbH - vertreten durch Rima Hanano und Güzin Ceyhan - lässt in einem kurzen Zeichen-Trickfilm sagen, daß sich ihre Allianz für eine vielfältige und demokratische Gesellschaft einsetzen würde. Gegen Rechtspopulisten und gegen jegliche Form von Diskriminierung und Ausgrenzung. Lässt aber die islamische Lehre - mit Scharia und Imamabhängigkeit - in Wahrheit eine vielfältige und demokratische Gesellschaft überhaupt zu? Wo unterstützt diese Allianz z.B. auch queere Projekte und LGBTIQ-Organisationen, die zunehmend Diskriminierung und Ausgrenzungsversuche erleben müssen? Und das bundesweit und in Europa. Queere Geflüchtete aus arabischen und islamischen Ländern sind nicht nur in ihren Wohnunterkünften Verfolgungen und Misshandlungen ausgesetzt. Wo gibt es da CLAIM-Unterstützung und Verständnis? Wo fördert diese Allianz die Akzeptanz westlicher Gesellschaftsmodelle ohne Islampopulismus? Wird dabei auch gegen die Verbreitungsversuche eines islamistischen bzw. radikal-islamischen Weltbilds mit extremistischen Bestrebungen & Zielsetzungen vorgegangen? All das sind berechtigte Fragen in einer Gesellschaft, in der auch Angriffe von Muslimen stattfinden. Und dem sollte sich diese gGmbH in Berlin verstärkt stellen und entsprechend kooperieren, wenn sie eine demokratische Weiterentwicklung tatsächlich im Blick hat bzw. haben sollte.
18.06.25
14:44