Mobbing

Religion ist nicht das Problem

Kaum ist die Diskussion um die Frage „Gehört der Islam zu Deutschland?“ abgeklungen, kommt schon die nächste Islam-Debatte: „religiöses Mobbing“. Ali Mete erklärt, warum es niemandem hilft, wenn Probleme religionisiert werden.

31
03
2018
Symbolbild: Einzigartiger Studiengang "Interfaith Studies" © Facebook Universität Luzern, bearbeitet by iQ.
Symbolbild: Einzigartiger Studiengang "Interfaith Studies" © Facebook Universität Luzern, bearbeitet by iQ.

Die Mobbing-Debatte hat einen schlechten Beigeschmack. Während sich die Republik über diesen Fall aufregt, sind im gesamten Bundesgebiet dutzende Moscheen beschmiert, beschädigt und sogar angezündet worden – die Politik äußert sich kaum. Schlimmer noch: Politiker wie Innenminister Horst Seehofer (CSU) setzen keine klaren Zeichen gegenüber den Tätern, sondern betreiben verbale Ausgrenzung. Politiker, die zu diesen Moscheeanschlägen schweigen, melden sich in der „Mobbing-Affäre“ sofort zu Wort. Hier stimmt etwas nicht.

Mobbing: ein verbreitetes Problem

Mobbing ist in jedem Fall inakzeptabel, egal ob „antisemitisch“ oder „antimuslimisch“ motiviert. Eine solche Etikettierung ist für die Diskussion kontraproduktiv, denn sie führt das Problem auf eine einzige Ursache zurück: die Religion. Dabei ist Mobbing leider weit verbreitet unter Schülerinnen und Schülern, unabhängig von Alter, Schulform, Religion oder Herkunft. Deshalb wird die Problematik schon in der Grundschule behandelt, ob nun direkt als Thematisierung von Mobbing oder indirekt im Sinne der Förderung von Respekt und Toleranz. Das ist der einzig vernünftige Weg.

Viele Politiker scheinen das anders zu sehen. Für sie ist der Vorfall an einer Berliner Grundschule offenbar eine willkommene Gelegenheit, um das Narrativ vom religiös begründeten Antisemitismus unter Muslimen aufzugreifen. Außenminister Heiko Maaß (SPD) findet den Vorfall „beschämend und unerträglich“. Das scheint für die Moscheeanschläge nicht zu gelten, denn dazu hat er sich bisher nicht geäußert. Cem Özdemir (Grüne) fordert eine „Elternabend-Pflicht“ und eine Vereinbarung zwischen Lehrern und Eltern, die bis zum Schulverweis führen könne. Alexander Dobrindt (CSU) spricht sogar von „Schulhof-Islamismus“. Dieselben Politiker heben aber nicht den Zeigefinger angesichts von Dutzenden rechtsradikalen Provokationen, wie z. B. an Hessener Schulen. Auf diese Vorfälle sei dem hessischen Kultusministerium zufolge reagiert worden, indem sie im Unterricht thematisiert wurden. Wieso ist ein solcher, „normaler“ Umgang im aktuellen Mobbingfall nicht möglich?

Der falsche Weg: Religionisierung von Problemen

Keine Frage, rassistische und judenfeindliche Ansichten gibt es leider auch unter Muslimen. Das Phänomen ist Studien zufolge latent in der Mitte unserer Gesellschaft. Anzunehmen, dass Antisemitismus eine im Islam angelegte Einstellung sei, das Problem also zu islamisieren, ist genauso rassistisch wie Antisemitismus selbst. Denn hinter einem solchen Verständnis verbirgt sich folgende Annahme: Sie sind so, weil ihre Religion so ist. Sie können nicht anders, denn sie sind Muslime. Das aber stimmt weder historisch noch theologisch.

Wie die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Anette Widmann-Mauz (CDU) richtig sagt: „Religion ist keine Frage von Toleranz, das ist ein Grundrecht.“ Religionsfreiheit gibt keinem das Recht, andere zu drangsalieren oder sogar zu bedrohen. Religionsfreiheit ist auch kein Entschuldigungsgrund für pubertierende Jugendliche. Aber genauso hilft die Religionisierung des Problems niemandem, sondern polarisiert nur noch weiter. So ist z. B. die Forderung nach einem Lagebild zur Gewalt an Schulen durchaus sinnvoll, aber nur wenn hier nicht Religion im Allgemeinen und der Islam im Besonderen als Problemursache gesehen wird. Rassismus ist Rassismus, egal wie er begründet wird. Dagegen hilft nur Aufklärung und die Förderung von gegenseitigem Respekt.

 

Leserkommentare

Prinzessin Rosa sagt:
Dann werde ich demnächst auch die Unverschämtheiten, welche ich mir mit steigender Tendenz ertragen muss, als wahlweise christlichen bzw. a-religiösen Rassismus bezeichnen. Vielleicht wird den Menschen dann klar was sie eigentlich sagen und tun.
03.04.18
22:20
Kritika sagt:
L.S. Der ISlamiq-Reporter berichtet: « Außenminister Heiko Maaß (SPD) findet den Vorfall „beschämend und unerträglich“. Das scheint für die Moscheeanschläge nicht zu gelten, denn dazu hat er sich bisher nicht geäußert. » "Der Vorfall" das ist das Mobbing an ein jüdisches Mädchen, dass vorgeworfen wird "Du glaubst ja nicht einmal an Allah" Wieso sollte die Kleine denn ausgerechnet an Allah glauben? Übewältigende 80% der Erdenbürger hallten Allah ebenfalls für Nonsense. Und die 20% Übrigen gehören nicht gerade zu den Klügsten. « Das scheint für die Moscheeanschläge nicht zu gelten, denn dazu hat er (Der MInister, [Kritika ] (sich bisher nicht geäußert. » In der zivilisierten Welt ist Menschliches Leid immer wichtiger als Sachschaden. Also, was die MoskeeSchmierei betrift: Man kann aus jeder Mücke einen Elefanten machen - so man nur will. Hier war der Wille offensichtlich vorhanden. Und wie bekommt man den Elefanten wieder zur Mücke? Ganz einfach: gib dem Muftie einen Pott mit Farbe und lass ihn den "Schaden" wegpinseln. Causa finita est. Gruss. Kritika
03.04.18
23:15
Kritika sagt:
Dilaver Çelik sagt: Danke für diesen Beitrag. Armes Deutschland. ------- Kritika sagt: Ein Beitrag, nur durch die Islamische Scheuklappe gesehen, ►Wenig Fakten, noch weniger Information, eigentlich verzichtbar. Erfreut, dass, Deutschland tolerant genug ist, untolerante und verbohrte Typen wie Dialaver auszuhalten und stark genug ist, diese zu bändigen. Gruss, Kritika
03.04.18
23:40
Johannes Disch sagt:
Religion wäre nicht das Problem. Ja, was ist denn dann das Problem? Diese Frage beantwortet Ali Mete nicht. So sehr es richtig ist, Probleme nicht pauschal zu religionisieren, so wichtig ist die Frage, warum mobben gewisse Jugendliche islamischen Glaubens?? Ist es ihr Verständnis von Islam, die einzig richtige und wahre Religion zu haben und deshalb Andersgläubige mobben zu dürfen?? Dann wäre nicht die Religion des Islam das Problem, sondern das Islam-Verständnis dieser Jugendlichen. Und hier sind dann vor allem Eltern und die islamischen Verbände und Moscheen und Imame gefordert, um diesen Jugendlichen beizubringen: Eure Religion ist nur eine unter vielen und nicht besser und nicht schlechter und nicht falscher, aber auch nicht wahrer als alle anderen Religionen.
04.04.18
13:04
Manuel sagt:
@Dilaver Çelik: Es steht Ihnen frei, zu Ihrem Idol Erdogan zu gehen, niemand hindert Sie daran, er braucht sicher noch Hilfe beim Aufbau des Gottesstaates.
04.04.18
19:11
Andreas sagt:
doch ! religion ist das problem. haben Sie schon von christlichen kindern gehört, die mitschüler drangsalieren, weil diese nicht jeden sonntag in die kirche gehen?
07.04.18
11:33
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel (Ihr Post vom 03.04.18, 21:40) -- "Den Begriff Rassismus sollte man auf die Herkunft und Abstammung des Menschen beschränken und nicht auf religiöse und weltanschauliche Überzeugungen erweitern." (Ute Fabel) Das hätten Rassisten gerne so. Zudem gehen si mit dieser Aussage davon aus, dass es so etwas wie menschliche Rassen gibt-- was wiederum rassistisch ist. "Rasse" bezogen auf den Menschen ist ein Begriff des 19. Jahrhunderts, der in diesem Zusammenhang längst nicht mehr gebracht wrd. Es gibt Hunderassen und Pferderassen. Aber es gibt keine menschlichen "Rassen." Es gibt Ethnien. Das Konzept des Rassismus im sozialwissenschaftlichen Sinne hat sich als brauchbar erwiesen und deshalb etabliert.
07.04.18
15:42
grege sagt:
die Beziehungen zu einer Religion können verschieden sein. Daher ist die Diskussion auf der Basis müßig, ob die Religion als Ursache angesehen werden kann oder nicht. Entscheidend ist für mich die Tatsache, dass diese Verbrechen religiös motiviert sind, so dass ein Zusammenhang mit der Religion auch thematisiert werden darf. Dies um so vor dem Hintergrund, dass dieser Exremismus von der islamischen Relgion global verbreitet ist und leider auch in derm Mitte der muslimischen Community verankert ist.
07.04.18
15:59
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel (Ihr Post vom 03.04.18, 21:40) Es geht nicht darum, dass Sie etwas pauschal ablehnen dürfen. Das dürfen Sie natürlich. Es geht darum, wie Sie dieser Ablehnung Ausdruck verleihen. Und da sind Ihnen Grenzen gesetzt. Die Ablehnung darf sich nicht in beleidigender und diffamierender Weise Ausdruck verschaffen. Da greifen dann die § 166 StGB und 130 StGB.
08.04.18
16:31
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel (Ihr Post vom 03.04.18, 21:40) Auch in Österreich sind sie nicht vogelfrei bei der Ablehnung und Kritik einer Religionsgemeinschaft. Was bei uns unter "Beschimpfung von Religionsgemeinschaften" und "Volksverhetzung" fällt, das heißt bei Ihnen im schönen Österreich "Verhetzung und Herabwürdigung religiöser Lehren." Wegen dieses Vergehens wurde u.a. die FPÖ-Politikerin Susanne Winter 2009 vom Grazer Straflandgericht zu einer Geldstrafe von 24 000 Euro und einer bedingten Haftstrafe von 3 Monaten verurteilt. Wie hatte Frau Winter ihrer "Islamkritik" Ausdruck verliehen? Nun, das übliche Arsenal der Banal-Islamkritiker: Der Koran sei ein Buch der Gewalt-- unterlegt mit dem üblichen Suren-Pingpong, Muhammad ein pädophiler Feldherr. Kommt uns das nicht bekannt vor? So ähnlich haben wir das auch schon hier bei "Islamiq" von "Islamkritikern" im Namen der "Meinungsfreiheit" gehört, nicht? "Islamkritik?" "Meinungsfreiheit?" Im Falle von Frau Winter sah das Grazer Gericht es anders und verurteilte Frau Winter wegen "Verhetzung und Herabwürdigung religiöser Lehren."
08.04.18
20:48
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