Islamgesetz in Österreich

Muslime wehren sich gegen Staatsislam

Das neue Islamgesetz in Österreich wird von Muslimen einhellig abgelehnt. Vertreter von Organisationen innerhalb der Islamischen Glaubensgemeinschaft erklärten, die Regierung habe die Anliegen der Muslime übergangen. Es wird auch mit juristischen Schritten gedroht, sollte das Gesetz in der jetzigen Form durchgewunken werden.

17
12
2014

Mit einer Pressekonferenz haben muslimische Dachverbände, Moscheegemeinden und Fachverbände der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) am Dienstag (16.12.2014) in Wien, in einer gemeinsamen Erklärung, ihre Ablehnung des neuen Islamgesetzes bekräftigt. Sie fühlen sich durch die Regierungsvorlage übergangen. Die Regierung hatte zuvor das Gesetz bereits dem Parlament vorgelegt und will darüber abstimmen lassen – auch über die Köpfe der Muslime hinweg.

Dabei betonen die muslimischen Vertreter, dass Islam und die Muslime in Österreich seit dem letzten Jahrhundert stark in der Gesellschaft verwurzelt seien. Österreich habe auch eine Vorreiterrolle im positiven Umgang mit Muslimen gehabt. Diese positive Beziehung zwischen Staat und Muslimen habe sich auch im Anerkennungsgesetz von 1912 widergespiegelt und stehe nun auf dem Spiel.

Regierung hat Kritik der Muslime übergangen

In einer fast fünfstündigen Sitzung hätten sich daher die zuständigen Minister und der Oberste Rat der IGGiÖ ausführlich über die Kritikpunkte ausgesprochen und Modifizierungen vereinbart. Trotz der Bitte um Zeit für eine Stellungnahme sei die neue Fassung, die der IGGiÖ am 5.12. übermittelt worden sei, bereits am 10.12. dem Parlament durch die Regierung als „beschlussreifer Entwurf“ übergeben worden.

„Es ist unverständlich, dass man den Vertretern der Muslime nicht die notwendige Zeit einräumt, den Gesetzesentwurf gründlich zu überprüfen, sondern unter Zeitdruck den Entwurf durchzwingt“, sagen die muslimischen Organisationen. „Dieser Umgang der Bundesregierung mit der Führung der IGGiÖ stellt eine grobe Verletzung des üblichen Umgangs mit einer anerkannten Religionsgesellschaft dar. Es ist nachvollziehbar, dass viele Teile der muslimischen Gemeinschaft Österreichs sich dadurch vor den Kopf gestoßen und verunsichert fühlen.“

Stimmenfang für kommende Wahlen?

Die österreichische Regierung habe die Pflicht die Minderheiten und ihre Rechte zu schützen. Das Verhalten der Regierung beim Islamgesetz erwecke den Eindruck, dass man versuche, sie politisch zu instrumentalisieren und für Stimmenfang für kommende Wahlen zu verwenden. „Dies umso mehr, als nach einer ersten Prüfung die nun vorgelegte Version zwar einige Adaptionen enthält. Allerdings bleibt die Regierung – wie sie selbst nach außen kommuniziert – „auf Kurs“. Damit unterstreicht sie selbst, dass sie an wesentlichen Punkten, die seitens der Muslime und anerkannter Experten als Zeichen der Ungleichbehandlung und mangelnden Vertrauens gewertet werden, festhält“, erklärten die muslimischen Organisationen.

Die ablehnende Stellungnahme des Obersten Rates der IGGiÖ habe daher immer noch Geltung. Vor allem kritisieren die Gemeinschaften die Ungleichbehandlung der IGGiÖ gegenüber anderen Religionsgemeinschaften. Das Gesetz bringe massive Nachteile für die IGGiÖ mit sich. So stellt man sich entschieden gegen die Einmischung in innere Angelegenheiten von Außen. Den Muslimen werde eine komplette Neustrukturierung abverlangt. Auch die Gründung einer theologischen Fakultät wird von der IGGiÖ und den Gemeinschaften als nicht präzise genug beanstandet. Ebenso stellen sich die Gemeinschaften gegen das Finanzierungsverbot aus dem Ausland und den generellen Ton eines Misstrauens gegenüber Muslimen.

Muslime drohen rechtliche Schritte an

Abgesehen von den juristisch nachweisbaren Punkten, in denen Muslime schlechter gestellt würden, könne das Gesetz in der jetzigen Form keineswegs die tiefe emotionale Verbundenheit mit Österreich bewirken, wie es das Anerkennungsgesetz von 1912 ermöglichte. „Österreich begibt sich damit nach wie vor in Gefahr seinen Modellcharakter im Umgang mit dem Islam zu verlieren“, sagen die Gemeinschaften. Sie machen darauf aufmerksam, dass man vom eigenen Rechten gebrauch machen werde, um die „Grundrechte und die Rechtmäßigkeit des Islamgesetzes“ einzufordern.

Die Gemeinschaften geben dafür auch ein klares Bekenntnis zur IGGiÖ ab: „In dieser entscheidenden Phase für die Zukunft der Muslime in Österreich ist unsere innere Einheit in der Vielfalt der muslimischen Vereinslandschaft unsere größte Stärke. Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich und ihre Organe waren und sind dabei für uns unsere offizielle Organisation zur Vertretung der religiösen Anliegen der Muslime.“

Zu den Unterzeichnern der Erklärung gehören die ATIB (Türkisch Islamische Union; 64 Moscheengemeinden und NGOs), die Islamische Föderation in Wien (59 Moscheengemeinden und NGOs), die Union islamischer Kulturzentren (43 Moscheengemeinden und NGOs), der IZBA (Verband Bosniakisch -Islamischen Vereine in Österreich; 41 Moscheengemeinden und Bangladeschisches Islamisches Kulturzentrum) sowie andere kleinere Moscheeverbände und Organisationen.

Leserkommentare

cairn sagt:
"Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich und ihre Organe waren und sind dabei für uns unsere offizielle Organisation zur Vertretung der religiösen Anliegen der Muslime.“ Ähm, nur so 30 % der Mulslime sind überhaupt religiös. Steile Behauptung alle zu vertreten
19.12.14
23:59