Halbmond im „C“

Warnung vor „Muslimisierung“ der CDU

Weil sich Christdemokraten von einem „islamischen“ Halbmond auf einem CDU-Logo gestört fühlen, wird ein Lokalpolitiker aus den eigenen Reihen scharf angegriffen. So scharf, dass eine Entschuldigung mittlerweile angebracht erscheint.

24
04
2014

Immer wenn Jemand vor einer vermeintlichen „Islamisierung“ der Gesellschaft warnt, weiß man in welches politische Lager man diese Person zuordnen muss. Ganz so einfach verhält es sich dann in einem aktuellen Fall aus Nordrhein-Westfalen wohl nicht. Dort warnt man vor einer „Muslimisierung“ der CDU. Auslöser für die islamfeindlichen Ressentiments ist ein missglücktes Logo auf Stofftaschen für den anstehenden Kommunalwahlkampf in Neuss.

Yaşar Çalık ist Kommunalpolitiker der CDU in Nordrhein-Westfalen und tritt als Kandidat für den Neusser Stadtrat an. Er hat türkische Wurzeln. Dies wollte der Kommunalpolitiker auch auf seinen Werbegeschenken für den Wahlkampf verdeutlichen. Also wollte er eine kleine Türkei-Fahne unter dem CDU-Logo auf Stofftaschen haben. Doch es schlich sich nach Darstellungen des Politikers ein Fehler ein. Statt einer Türkei-Fahne unter dem Logo, so wie er den Auftrag erteilt hat, war plötzlich in das „C” des offiziellen Parteilogos die türkische Mondsichel (Hilal) eingearbeitet. Çalık fiel das nicht auf, da neben Stofftaschen auch andere Merchandising Artikel bestellt hatte, die nach einer groben Sichtung in Ordnung waren. Ausgerechnet die Stofftaschen hatte er sich nicht angeschaut, ehe er sie zum Verteilen freigab.

Warnung vor „Muslimisierung“ der CDU

Nun steht der Mann stark unter Beschuss. Denn die Reaktionen, aus den eigenen Reihen, sind mehr als nur kritisch. Auf sozialen Netzwerken warnen Christdemokraten vor einer „Muslimisierung“ und drohen mit Parteiaustritt. Und im „Neusser Stadt-Kurier“ treibt der Kirchen-Historiker Michael Hesemann die Kritik auf die Spitze und beleidigt dabei mit islamfeindlichen Ressentiments die religiösen Gefühle von Muslimen: „Im Zeichen des islamischen Halbmonds“ seien im ersten Weltkrieg über 2,5 Millionen armenische Christen ermordet worden. „Das Hakenkreuz der Nazis ist Gott sei Dank verboten. Aber mit dem Halbmond, dem Symbol des Mondgottes von Mekka, wirbt jetzt die Neusser CDU.“

Besonders bekennende Katholiken in der CDU sehen in der Aktion von Çalık einen Affront. „Das veränderte Logo wird nicht weiter verwendet“, versichert der Vorsitzende des CDU-Stadtverbandes Neuss, Jörg Geerlings. „Integration heißt gegenseitiger Respekt, aber nicht Beliebigkeit. Das christliche Menschenbild bildet die Grundlage unserer politischen Arbeit in der Union.“ Inzwischen hat die CDU-Parteiführung die Verwendung des umstrittenen „Parteilogos“ untersagt. „Das CDU-Logo ist als Marke geschützt“, erklärt der Generalsekretär der NRW-CDU, Bodo Löttgen. „Für CDU-Mitglieder verbieten sich jegliche Veränderungen.“

Güler: Nicht überinterpretieren

Dagegen warnt die integrationspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Serap Güler, davor, das CDU-Logo mit dem Sichelmond „über zu interpretieren“. Vermutlich habe Çalık mit dem Symbol gezielt die türkische Community in seinem Wahlkreis ansprechen wollen, ohne sich über die Religionshistorie der Mondsichel Gedanken zu machen. Dennoch habe sie bisher in ihren Wahlkämpfen bewusst darauf verzichtet, türkische Symbole zu verwenden, erklärt Güler. Stattdessen habe sie ihre Kandidaten-Flyer ins Türkische übersetzt.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe findet die Vorgänge um den CDU-Kandidaten Çalık in seiner Heimatstadt Neuss ärgerlich. „Wir müssen das CDU-Logo vor politischen Missverständnissen schützen“, sagt der ehemalige CDU-Generalsekretär und bekennende Protestant. Die CDU stehe für eine starke Verwurzelung in ihren christlichen Werten. Selbstverständlich aber könnten auch Andersgläubige und Religionslose Parteimitglieder werden, wenn sie diese Wertvorstellungen mit ihrer überzeugenden Menschlichkeit teilten. Gröhe: „Wir sind nicht trotz, sondern wegen des C tolerant.“

Löttgen: „feindselige Aspekte“

Der Generalsekretär der nordrhein-westfälischen CDU, Bodo Löttgen, hat mittlerweile davor gewarnt, die aktuelle Debatte über Muslime in der Partei unter „feindseligen Aspekten“ zu führen. Die CDU bekenne sich zu ihrem „christlichen Markenkern“, sei aber zugleich „eine tolerante und weltoffene Partei“, sagte er am Donnerstag vor Journalisten in Düsseldorf. „Ich sehe keine Gefahr einer drohenden Muslimisierung der CDU.“

Çalık würden jetzt religiöse und politische Intentionen unterstellt, die er damit niemals beabsichtigt habe. Gleichwohl sei Çalık hier ein Fehler unterlaufen, der von ihm selbst bedauert werde und von der CDU umgehend korrigiert worden sei, erklärte Löttgen. Zu einer christlichen Partei gehörten schließlich auch die Tugenden der „Toleranz, Nächstenliebe und des Verzeihens“.

Der CDU-Kandidat Calık wirkt jedoch zerknirscht. Mit der Symbolik des Halbmonds habe er sich nicht gegen das Christentum wenden wollen. „Falls es falsch verstanden wurde“, sagt Çalık, „möchte ich mich entschuldigen.“ Ob man sich jedoch für die islamfeindlichen Ressentiments aus den CDU-Kreisen entschuldigen wird, bleibt abzuwarten. (KNA/iQ)

Leserkommentare

Salih Pistofoglu sagt:
Ich denke das der Kandidat somit ganz einfach die Sympathie seiner eigenen LANDSLEUTE für die Partei gewinnen. Fr
27.04.14
9:05