Islamfeindlichkeit

Viele Übergriffe, kaum Verurteilungen

Eine Sonderauswertung der Landesregierung NRW legt offen, dass seit 2010 mindestens 44 Übergriffe auf muslimische Einrichtungen stattgefunden haben. In nur drei Fällen kam es zu einer Verurteilung der Täter. Die Landesregierung sieht keinen Grund zum Überdenken ihrer Erfassungssysteme.

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03
2014
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Seit Jahren fordern Experten eine Reform der Erfassung von „Politisch Motivierter Kriminalität“ (PMK). Sie kritisieren unter anderem, dass islamfeindlich motivierte Straftaten nicht getrennt erfasst werden, ähnlich wie dies bereits bei antisemitischen Straftaten der Fall ist. Stattdessen werden islamfeindlich motivierte Straftaten als „Hassdelikte“ in den offiziellen Statistiken geführt. Dadurch ist nicht genau zu klären, wie stark Muslime und muslimische Einrichtungen von Übergriffen betroffen sind.

Eine Antwort der nordrhein-westfälischen Landesregierung auf die kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Herrmann und Nicolaus Kern von der PIRATEN-Fraktion (Drucksache 16/5100) belegt nun, dass mindestens 44 Fälle von islamfeindlich motivierten Übergriffen auf muslimische Einrichtungen bzw. Muslime seit dem Jahr 2010 allein in NRW stattgefunden haben. In der Anfrage der PIRATEN-Politiker ging es vor allem um den Bereich der PMK von Rechts.

Religionszugehörigkeit wird nicht erfasst

Die Landesregierung schlüsselte aus den vorliegenden Daten die Fälle aus den „Hassdelikten“ wieder auf. Dabei legte die Landesregierung Wert auf die Feststellung, dass die Begriffe „Angriffe“, „Anschläge“, „Schmierereien“, „Übergriffe“ und „Hetze“ nicht im Definitionssystem PMK katalogmäßig enthalten sind. Gleiches gelte für die Begriffe „Moschee“ bzw. „muslimische Einrichtungen“. Des Weiteren werde die Religionszugehörigkeit von Geschädigten im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes „Politisch motivierte Kriminalität“ (KPMD-PMK) nicht erfasst.

Zur Beantwortung der kleinen Anfrage seien daher alle Straftaten hinsichtlich des landeseigenen Schlagwortes „Grab-, Glaubens-, Gedenkstätte“ gefiltert worden und nach der religiösen Ausrichtung überprüft worden. Im Ergebnis sind seit dem 1.1.2010 bis zum Abfragedatum 24.1.2014 insgesamt 44 Straftaten für Nordrhein-Westfalen verzeichnet worden.

Nur drei Verurteilungen

Aus den Statistiken gehe hervor, dass bei den 44 Delikten, die dem Spektrum „Politisch Motivierte Kriminalität“ zugeordnet werden, und die sich auch mehrfach dem rechten Spektrum zuordnen lassen, es nur zu drei Verurteilungen gekommen sei. Ein Verfahren sei noch anhängig. In allen anderen Fällen wurden die Verfahren gemäß der Strafprozessordnung oder anderer Hintergründe eingestellt.

In diesen Fällen hat die Staatsanwaltschaft oftmals die Ermittlungen eingestellt, weil der Täter nicht zu ermitteln war oder aber die Beweismittel nicht ausreichten für eine Verurteilung. Die NRW-Landesregierung sieht trotz dieser Zahlen und auch dieser Ergebnisse jedenfalls keinen Grund für eine Reform bei der systematischen Erfassung von Politisch Motivierter Kriminalität. Der Katalog, dessen Basis 2001 gelegt wurde, sei ausreichend, wird mitgeteilt.

In Nordrhein-Westfalen sind vor allem islamfeindliche Parteien und Organisationen wie Pro Köln, Pro NRW oder auch Ortsgruppen des islamfeindlichen Blogs „Politically Incorrect“ aktiv. Der Koordinationsrat der Muslime, der in NRW in einem Dialog mit der Landesregierung steht und beim „Dialog Forum Islam“ mitmacht, kritisierte in der Vergangenheit, ebenso wie Experten, dass Islamfeindlichkeit nicht gesondert erfasst wird.