Islamfeindlichkeit

Wie Nazis Gerichte besetzen

Rechtsextreme versuchen durch aktive Teilnahme an Gerichtsprozessen, die Entscheidungen von Richtern zu beeinflussen. Ein neuerlicher Aufruf auf einem islamfeindlichen Blog wird derzeit in der Szene rege geteilt. Eine Muslima muss um ihre Sicherheit fürchten.

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2013
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„Nehmt am Prozess unbedingt teil!“, steht in einem rechtsextremen Forum. Schon wieder diese Nazis, könnte man denken, die versuchen einem „Kameraden“ beizustehen. Doch der Fall liegt anders. Die Rechtsextremen sollen nicht etwa an einem Prozess teilnehmen, bei dem ein Nazi wegen Volksverhetzung oder rechter Gewalt verurteilt werden soll. Es geht um einen Prozess einer Muslima mit Kopftuch.

Der Gerichtsverhandlung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Muslima mit Kopftuch möchte in ein Beamtenverhältnis auf Probe übernommen werden. Der Beklagte Kreis Mettmann lehnt dies ab und gibt als Begründung „charakterliche Uneignung“ an, weil die Bewerberin widersprüchliche Angaben zum Tragen des Kopftuches gemacht habe. Dagegen klagt die Muslima.

Neue Dimension

Das Rechtsextreme jetzt im Netz mobilmachen, um eine öffentliche Sitzung zu stürmen, ist kein neues Phänomen. Bisher gab es solche Aktionen jedoch nur vereinzelt. Dass aber auf Internetportalen und sozialen Netzwerken ein öffentlicher Aufruf gemacht wird und in einschlägigen Foren mobil gemacht wird, ist eine neue Dimension. In dem aktuellen Aufruf der Rechtsextremisten heißt es: „Wir sollten die Zuschauerbänke nicht alleine den muslimischen Verwandten dieser Frau überlassen, sondern als Islamkritiker ebenfalls zahlreich erscheinen, um gegen das Kopftuch und für Gleichberechtigung, Frauenemanzipation und Trennung von Kirche und Staat ein Zeichen zu setzen.“

Der Text für den Aufruf wurde übernommen von einem der bekanntesten islamfeindlichen Blogs in deutscher Sprache. Die Macher des Blogs verstecken sich hinter der Anonymität des Internets und die Behörden versagen im Kampf gegen die Urheber. Meist sind latent ausländerfeindliche und islamfeindliche Kommentare und Texte auf dem Blog zu lesen. Hinzu kommen unkommentierte Aufrufe zu Gewalt gegenüber Muslimen und mehrere Fälle von Volksverhetzung, die bis heute nicht aufgearbeitet werden konnten. Die Verantwortlichen solcher Internetseiten werden kaum bis gar nicht zur Rechenschaft gezogen.

Einflussnahme auf Prozess

Die Teilnahme an Prozessen ist ein beliebtes Mittel der rechtsextremen Szene. Bei Angeklagten aus der rechten Szene soll gezeigt werden, dass man zusammenhält oder zumindest die Meinung des Angeklagten teilt. Ziel ist es, über die Präsenz Druck auf das Gericht aufzubauen und den Richterspruch zu beeinflussen. Auch in dem aktuellen Fall wollen die Nazis verhindern, dass die Muslima recht bekommt.

Angst um Sicherheit der Muslima

Ein weiteres, viel wichtigeres Problem, ist: Der jüngste Aufruf lässt vor allem um die Sicherheit der Klägerin fürchten. 2009 wurde die Muslima Marwa El-Sherbini mit Kopftuch vor einem Dresdener Landgericht mit 18 Messerstichen durch einen Rechtsextremisten getötet. Der Täter war latent ausländer- und islamfeindlich. Das Gericht hatte die Gefahr nicht erkannt. Es gab keine Sicherheitsmaßnahmen, obwohl der Täter mehrmals der Frau gedroht hatte.

Im aktuellen Fall hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf gegenüber IslamiQ auf Nachfrage mitgeteilt, dass das Gericht die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen prüfen wird.