









Der Koordinationsrat der Muslime fordert in einem offenen Brief eine klare Haltung der Bundesregierung zur Lage in Gaza – und kritisiert moralische Doppelstandards.
Der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland (KRM) hat in einem offenen Brief an Bundeskanzler Friedrich Merz und Außenminister Johann Wadephul eine grundlegende Neuausrichtung der deutschen Nahostpolitik gefordert. Anlass ist die anhaltende humanitäre Katastrophe im Gazastreifen, in der seit Oktober 2023 nach Angaben des KRM über 55.000 Menschen, darunter mehr als 20.000 Kinder, ums Leben gekommen sind.
„Das Leben eines israelischen Kindes ist genauso wertvoll wie das eines palästinensischen“, betont der Brief. Die Bundesregierung müsse ihre Verantwortung auf Grundlage von Völkerrecht, Menschenrechten und der im Grundgesetz verankerten Menschenwürde wahrnehmen. Die menschenrechtlichen Verstöße, die in Gaza dokumentiert sind, dürften nicht ignoriert werden.
Der KRM fordert unter anderem einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand sowie ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe in den betroffenen Gebieten. Zudem müsse die Bundesregierung ihre Rüstungsexporte an Israel sorgfältig überprüfen und die Anerkennung eines souveränen palästinensischen Staates vorantreiben.
Der Brief kritisiert insbesondere das politische Schweigen zu massiven Menschenrechtsverletzungen in Gaza – und warnt vor den Folgen in der deutschen Gesellschaft. Die aktuelle Politik werde von vielen jungen Muslimen als einseitig und moralisch nicht nachvollziehbar wahrgenommen. Die doppelten Standards führten zu wachsender Entfremdung. Die junge muslimische Generation nehme die selektive Empathie zunehmend als Entfremdung wahr. „Diese dokumentierten Grausamkeiten fordern eine klare moralische und menschliche Haltung – nicht Schweigen“, so der KRM.
Deutschland werde international als Verfechter von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit wahrgenommen – ein Anspruch, den auch die politische Führung glaubwürdig einlösen müsse. Es geht nicht um Parteinahme, sondern „um eine konsistente Haltung auf der Grundlage internationalen Rechts und humanitärer Standards – unabhängig von der politischen oder historischen Nähe zu einzelnen Akteuren“, so der KRM. Denn gerade in dieser schwierigen Lage wäre eine klare und prinzipiengeleitete Stimme und Haltung aus Deutschland ein wichtiges Signal – für ein Ende des Krieges und die Aufrechterhaltung einer regelbasierten internationalen Ordnung.