









Hamburg wählt eine neue Bürgerschaft. Die Parteien haben ihre Wahlprogramme vorgestellt. Doch was stellen die Parteien für Muslime in Aussicht. Ein Überblick.
Am Sonntag, den 2. März 2025, sind rund 1,3 Millionen Hamburgerinnen und Hamburger zur Bürgerschaftswahl aufgerufen. Bislang sind sechs Parteien in der Bürgerschaft vertreten. Die SPD stellt aktuell 54 Abgeordnete, die Grünen 33, die CDU 15, die Linke 13, die AfD 7 und die FDP 1.
Kurz vor der Wahl liegt die SPD laut aktuellen Umfragen mit 33 Prozent vorn, gefolgt von der CDU mit 18 Prozent und den Grünen mit 17 Prozent. Die Linke kommt auf 12 Prozent, die AfD auf 9 Prozent. Die FDP und das BSW bleiben unter der Drei-Prozent-Hürde. Während Themen wie Wohnen, Verkehr und Bildung den Wahlkampf bestimmen, stellt sich die Frage: Was steht in den Wahlprogrammen über den Islam, und was versprechen die Parteien den Muslimen in Hamburg?
Die CDU sieht Hamburg als eine „Hochburg der islamistischen Szene“ und fordert eine härtere Gangart gegen extremistische Strömungen. Sie betont die Notwendigkeit erweiterter Befugnisse für Sicherheitsbehörden und warnt vor der Radikalisierung junger Menschen im Internet. Ein zentrales Anliegen der CDU ist die Aberkennung der doppelten Staatsangehörigkeit für straffällige Personen mit deutschem Pass.
Gleichzeitig spricht sich die CDU für eine unabhängige Imamausbildung in Hamburg aus, um ausländische Einflüsse auf Moscheegemeinden zu begrenzen. Die Staatsverträge mit islamischen Religionsgemeinschaften sollen ausgesetzt werden, solange sich Organisationen wie die Schura Hamburg nicht glaubhaft vom Islamischen Zentrum Hamburg (IZH) distanzieren.
Die Grünen betonen, dass der Kampf gegen „Islamismus“ nicht zu einem Generalverdacht gegenüber Muslimen führen dürfe. Sie plädieren für eine stärkere Beobachtung „islamistischer Netzwerke“ und Organisationen wie „Muslim Interaktiv“ und setzen auf eine gezielte Präventionsarbeit, etwa durch digitale Streetwork-Projekte zur Deradikalisierung junger Menschen.
Die Partei fordert zudem eine bessere Ausstattung des Verfassungsschutzes, um sich wandelnde Bedrohungen frühzeitig zu erkennen. Parallel dazu setzen sich die Grünen für die Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus ein und befürworten den Ausbau der Meldestelle für antimuslimischen Rassismus (MARwa).
Die SPD hebt Hamburgs Engagement gegen Extremismus hervor und verweist auf bereits erfolgte Maßnahmen wie die Schließung des IZH. Sie befürwortet weiterhin den „Religionsunterricht für alle“ und setzt auf den Dialog mit Muslimen, insbesondere im Rahmen der bestehenden Staatsverträge.
Während die CDU diese Verträge aussetzen will, betont die SPD ihre Bedeutung als Grundlage für ein friedliches Zusammenleben. Zudem unterstützt sie den Ausbau islamisch-theologischer Studiengänge, um qualifizierte Lehrkräfte für den islamischen Religionsunterricht auszubilden.
Auch die FDP sieht im „Islamismus“ eine erhebliche Gefahr und spricht sich für eine entschlossene Bekämpfung extremistischer Strömungen aus. Dabei setzt sie auf eine Kombination aus Prävention und Deradikalisierung. „Die Werte unseres Grundgesetzes gelten für jeden, und wir werden sie gegen jeden Angriff verteidigen“, heißt es in ihrem Wahlprogramm. Die Liberalen wollen den Verfassungsschutz stärken, um früher gegen „islamistische Bedrohungen“ vorzugehen, und fordern eine bessere Ausstattung von Präventionsprogrammen. Ein besonders kontroverser Vorschlag der FDP ist die Umwidmung der Blauen Moschee, die zum Islamischen Zentrum Hamburg gehört. Sie soll in eine Gedenkstätte für die Opfer des Islamismus umgewandelt und nach Jina Amini benannt werden, jener jungen Iranerin, die 2022 nach ihrer Verhaftung durch die Sittenpolizei starb. Die Forderung dürfte auf starken Widerstand innerhalb der muslimischen Gemeinschaft stoßen. Gleichzeitig betont die FDP ihr Engagement gegen Antisemitismus und setzt sich für die Förderung des jüdischen Lebens in Hamburg ein.
Die Linke nimmt eine deutlich differenziertere Haltung ein. Sie erkennt die Bedrohung durch „Islamismus“ an, stellt sich aber zugleich entschieden gegen Islamfeindlichkeit und Rassismus. „Die islamistische Szene ist in den vergangenen Jahren mit Forderungen nach Einführung eines islamistischen Kalifats in der Öffentlichkeit aufgetreten“, heißt es im Wahlprogramm der Linken. Die Partei sieht eine „kleine, aber gefährliche und gewaltorientierte Gruppe“ als Problem, der mit neuen Strategien begegnet werden müsse. Sie setzt dabei auf verstärkte Präventionsarbeit, insbesondere in Schulen und Bildungseinrichtungen, um Jugendlichen ein kritisches Bewusstsein gegenüber extremistischen Ideologien zu vermitteln. Auch in sozialen Netzwerken müsse Aufklärung betrieben werden, um extremistischen Narrativen etwas entgegenzusetzen.
Anders als AfD und FDP betont die Linke jedoch, dass die Bekämpfung des „Islamismus“ nicht zu einer pauschalen Stigmatisierung von Musliminnen und Muslimen führen dürfe. Sie setzt sich deshalb entschieden gegen Muslimfeindlichkeit, Antisemitismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ein.
Die AfD verfolgt dabei eine strikt islamkritische Linie und stellt den Staatsvertrag mit islamischen Religionsgemeinschaften grundsätzlich infrage. Zwölf Jahre nach dessen Abschluss sei aus Sicht der Partei klar, dass das „integrative Konzept des Staatsvertrags gescheitert ist“. Statt einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit sieht die AfD in den islamischen Religionsgemeinschaften ein Instrument politischer Einflussnahme, das es einzudämmen gelte. Neben der geforderten Aufkündigung des Staatsvertrags setzt die Partei auf weitgehende Einschränkungen für islamische Ausdrucksformen im öffentlichen Raum.
So sollen Vollverschleierungen grundsätzlich verboten werden, da sie aus Sicht der AfD ein „Symptom der zunehmenden Islamisierung“ darstellten und mit der Gleichberechtigung unvereinbar seien. Auch das Kopftuch an Schulen, Universitäten sowie in staatlichen Einrichtungen möchte die Partei untersagen. Zudem fordert die AfD ein Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH), das sie als „islamistischen und antisemitischen Schandfleck“ bezeichnet.
Die SCHURA Hamburg ruft Muslime zur aktiven Teilnahme an der Bürgerschaftswahl auf. In einem Aufruf wird die Bedeutung politischer Teilhabe betont: „Verantwortung und Mitbestimmung sind wesentliche Bestandteile eines gerechten und solidarischen Miteinanders.“ Besonders in Zeiten von Hass und Hetze fordert die SCHURA, sich für Religionsfreiheit, soziale Gerechtigkeit und den Schutz demokratischer Werte einzusetzen. Muslime werden ermutigt, ihr Wahlrecht zu nutzen und für eine gerechte Gesellschaft einzutreten.