Heilbronn

Stadt kippt Moschee-Neubau – Muslime prüfen Rechtsweg

Seit vielen Jahren planen Muslime und die Stadt Heilbronn den Neubau der Moschee, nun ist das Projekt dennoch vom Tisch. Denn der Gemeinderat hat Bedenken.

27
04
2021
Vertrag, Islamische Religionsgemeinschaften: Mehr Schutz für Moscheen © Shutterstock, bearbeitet by iQ
Symbolbild: Islamische Religionsgemeinschaften © Shutterstock, bearbeitet by iQ

Trotz jahrelanger Planung durch die Stadt und die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) hat der Heilbronner Gemeinderat den Neubau einer Moschee in der Innenstadt gekippt. Das Bebauungsplanverfahren wird nach dem ablehnenden Votum nicht eingeleitet. Die Muslime zeigen sich tief enttäuscht und kündigen an, die Entscheidung des Gremiums eingehend zu prüfen.

„Das ist ein Schlag ins Gesicht der muslimischen Mitbürger und ein fatales Signal in einer Stadt, die sich für ihre Integration rühmt“, sagte Erdinç Altuntaş, Vorstand der Moscheegemeinde, am Dienstag. „Wir werden den Rechtsweg und Schadenersatzansprüche prüfen.“ Nach seinen Angaben hat die Planung der Moschee rund eine Millionen Euro gekostet.

Pläne für Moschee vor sieben Jahren begonnen

Das Stadtparlament hatte die Pläne am Montagabend mit 22 zu 17 Stimmen abgelehnt. Das Projekt scheiterte nach Angaben der Grünen-Fraktion im Gemeinderat unter anderem an der Sorge, es könne wegen hoher Besucherzahlen und fehlender Stellplätze zu Verkehrsproblemen kommen. Außerdem soll die Größe des Baus eine Rolle gespielt haben ebenso wie die Nähe des Bauherrn DITIB zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan.

Die Pläne für die Moschee hatten vor rund sieben Jahren begonnen. Für das Projekt stimmten den Berichten zufolge am Montagabend nur die SPD und die Grünen im Gemeinderat. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Susanne Bay, tat sich am Dienstag schwer, die Argumente der Moschee-Gegner nachzuvollziehen. „Am Platz des möglichen Neubaus steht seit 30 Jahren bereits eine Moschee“, sagte sie der dpa. „Es gibt zudem Vorschriften für Parkplätze, die auch in den Plänen berechnet wurden.“ Nach ihrer Einschätzung hätte es bei dem Votum im Gemeinderat nur um das Baurecht gehen müssen. „Das war aber leider nicht der Fall“, sagte Bay.

„Wir werden gemeinsam nach einer guten Lösung suchen“

Die Stadt äußerte sich nach der Entscheidung des Gemeinderats zunächst zurückhaltend. Man werde das Gespräch mit den Muslimen suchen, sagte eine Sprecherin. „Wir werden gemeinsam nach einer guten Lösung suchen“, sagte sie weiter.

Wirklich überraschend kommt die Ablehnung des Moschee-Projekts durch die Fraktionen von CDU, Freien Wählern und FDP allerdings auch nicht. Die drei Parteien hatten es bereits im Mai 2018 als integrationshemmend bezeichnet und ihre damalige Zustimmung verweigert. Unter anderem hieß es damals in einem Briefe an Oberbürgermeister Harry Mergel, das Bauvorhaben entwickle sich „mehr und mehr zu einem Einkaufs- und Dienstleistungszentrum sowie zu einem türkischen Kulturzentrum mit angeschlossener Moschee“. (dpa/iQ)

Leserkommentare

Dilaver Çelik sagt:
Seit Jahren nahezu überall das gleiche Theater. Das ist alter Wein in neuen Schläuchen. Immer nach dem selben Muster. Nichts neues also. Irgendwann wird die Moschee gebaut und Ruhe ist. Bleibt nur die Frage, warum man nicht dazulernt, so dass es seit Jahren nahezu überall nach dem gleichen Muster abläuft. Irgendwann ist auch mal gut. Zeigt es doch einmal mehr, wie wichtig es ist, dass Muslime und ihre Moscheegemeinden sich bereits im Vorfeld in den Kommunen einbringen und ein Beziehungsnetzwerk mit den Stadträten, Religionsgemeinschaften, Polizei und sonstigen Institutionen sowie Plattformen aufbauen, um zu zeigen, dass sie ein selbstverständlicher Teil der Kommunen sowie der Stadtgesellschaft sind.
27.04.21
16:27
Vera Praunheim sagt:
Die Stadt Heilbronn möchte ja gemeinsam eine gute Lösung suchen und finden. Die Gegner der jetzt abgelehnten "großen Lösung" treiben Sorgen vor einer neuen Parallelgesellschaft, einer "Stadt in der Stadt" um. Und diese Sorgen kann man nicht von der Hand weisen. Im oberfränkischen Forchheim wollten mal Muslime einen auffälligen Moscheebau mitten in der historischen und christlich gewachsenen Altstadt errichten. Die Stadt bot stattdessen ein größeres Grundstück an, zentral gelegen in Bahnhofsnähe und später noch eine Freifläche für Parkplatzmöglichkeiten. Dort entstand die Yunus-Emre-Moschee Forchheim. Und heute sind alle zufrieden. Das alljährliche Moscheefest immer am Pfingstwochenende ist inzwischen fester Bestandteil des Forchheimer Veranstaltungskalenders, auch mit Besuch des Oberbürgermeisters. Das zeigt, es geht auch anders und ohne islamisches Dominanzgebaren oder gar Drohungen.
27.04.21
21:36