Oer-Erkenschwick

Stadt will Urteil zu Muezzin-Ruf prüfen

Außerhalb der DITIB-Moschee in Oer-Erkenschwick wird auch künftig kein Muezzin-Ruf zu hören sein. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat die Genehmigung der Stadt aufgehoben. Die Kommune prüft jetzt, ob sie Berufung einlegen will.

06
02
2018
Symbolbild: Muezzin-Ruf © Perspektif, bearbeitet by iQ.
Symbolbild: Muezzin-Ruf © Perspektif, bearbeitet by iQ.

Der juristische Streit um Muezzin-Rufe über Lautsprecher in Oer-Erkenschwick im Ruhrgebiet geht möglicherweise in die nächste Runde. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte eine Genehmigung der 30 000-Einwohner-Stadt für einen wöchentlichen, nach außen per Lautsprecher übertragenen Gebetsruf einer Moscheegemeinde kassiert. Nach einer Prüfung der Urteilsbegründung soll über eine mögliche Berufung entschieden werden, sagte ein Sprecher der Stadt Oer-Erkenschwick am Freitag. Gegen die Genehmigung hatte ein 69-Jähriger aus Oer-Erkenschwick geklagt, der in dem Gebetsruf seinen christlichen Glauben herabgesetzt sah.

Die Stadt habe bei einer 2014 erteilten Genehmigung die Interessen der Anwohner nicht genügend berücksichtigt, entschied das Verwaltungsgericht. Die Kommune hätte vor der Genehmigung auch alle Auswirkungen auf die sogenannte negative Religionsfreiheit der Anwohner überprüfen müssen. Durch eine Befragung oder eine Bürgerversammlung hätte die Stadt etwa herausfinden können, wie sehr solch ein Gebetsruf allgemein akzeptiert ist.

Die Moschee der DITIB-Gemeinde liegt rund 900 Meter Luftlinie von dem Wohnhaus des Klägers entfernt. Seit dessen Klage im Juli 2015 wird der Gebetsruf dort nicht mehr nach außen übertragen. Die muslimische Gemeinde wollte das Urteil am Freitag nicht kommentieren. Man wolle zunächst die Reaktion der Stadt abwarten, sagte der zweite Vorsitzende, Hüseyin Turgut.

„Muezzin-Ruf stellt Allah vor Jesus Christus“

Der 69 Jahre alte Kläger begründete seinen Gang vor Gericht mit seinem christlichen Glauben. Er sei „kein großer Anhänger irgendeiner Kirche“, aber „christlich erzogen“. Der Muezzin-Ruf stelle „von seinem Inhalt her den Gott der Muslime, Allah, über meinen Gott und Jesus Christus“. „Da fühlte ich mich veranlasst, gegen den Bescheid vorzugehen“, sagte er am Freitag. Es sei nicht um die Lautstärke gegangen. Allerdings: „Die Intonation dieses Rufes ist nichts für mitteleuropäische Ohren.“

Der Islambeauftragte der Evangelischen Kirche von Westfalen, Ralf Lange-Sonntag, äußerte sich verwundert über die Gerichtsentscheidung. „Man muss die negative Religionsfreiheit miteinbeziehen, aber sie darf nicht absolut gesetzt werden“, sagte er auf Anfrage. Solange die Lautstärke-Grenzwerte eingehalten worden seien, müsse man es ertragen, dass Menschen eine andere religiöse Position vertreten.

30 Gemeinden rufen über Lautsprecher zum Gebet auf

Wenn die Muezzine in den Moscheen die Gläubigen zum Gebet aufrufen, zitieren sie unter anderem das muslimische Glaubensbekenntnis. Eingeleitet wird der Gebetsruf mit der Formel „Allahu akbar“. Sie lässt sich mit „Gott ist (sehr) groß“ oder „Gott ist am größten“ übersetzen. Damit wollen Muslime ausdrücken, dass niemand mächtiger ist als Gott, schon gar nicht der Mensch. Wie viele Moscheegemeinden in Deutschland über Lautsprecher zum Gebet rufen, ist nicht bekannt. In einem Bericht des Portals „evangelisch.de“ aus dem Jahr 2016 ist die Rede von geschätzten 30 Gemeinden in ganz Deutschland. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Eine richtige Entscheidung! Der Muezzin-Ruf strotzt nur so von einem chauvinistischen, absoluten Wahrheitsanspruch, wodurch selbstverständlich alle Andersdenkenden massiv herabgewürdigt werden. Innerhalb der Moschee ist diese überhebliche Selbstbeweihräucherung ja auch in Ordnung, außerhalb von religiösen Stätten völlig fehl am Platz. Hier sind einige Textstellen: Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Allah Ich bezeuge, dass Mohammed Allahs Gesandter ist Allah ist groß,, größer als alles und mit nichts vergleichbar ist Mich würde wirklich interessieren, wie gläubige Muslime reagieren würden, wenn eine Gruppe von Atheisten einmal pro Woche durch Gelsenkirchen fahren würden und durch mittels Megaphon das Stadtgebiet mit den Slogan "Es gibt keinen Gott! Gutes Tun ist besser als Beten! Sei Gottlos Glücklich" beschallen wollen. Ob man dann auch noch so empört wäre, wenn die Genehmigung entzogen würde?
06.02.18
13:19
Dilaver Çelik sagt:
Was für ein absurdes Gerichtsurteil mit lächerlicher Begründung. Es ist ein inakzeptabler Eingriff in und eklatanter Verstoß gegen die Religionsfreiheit. Wohlgemerkt: Der Kläger wohnt von der Moschee 900 Meter (!) entfernt und stört sich am einmal wöchentlichem (!) Gebetsruf, obwohl es aus so großer Distanz ziemlich (!) leise ist. Was ist das nur für ein geringes Selbstwertgefühl, das der Kläger da hat? Wir mischen uns auch nicht in die Kirchenglocken ein, wenn sie störend sind. Und die sollen sich im Gegenzug nicht in unsere öffentlichen Gebetsrufe einmischen. Ein deutsches Sprichwort lautet: Wer sich am Glockengeläut stört, der soll nicht in die Nähe einer Kirche ziehen. Genauso gilt: Wer sich am Gebetsruf stört, der soll nicht in die Nähe einer Moschee ziehen. Punkt. Es ist selbstverständlich, wenn in Städten oder Stadtteilen mit vielen Muslimen öffentlich zum Gebet gerufen wird - egal wo. Für die zukünftigen Generationen in Deutschland wird es umso selbstverständlicher sein, weil sie damit aufwachsen werden, solange niemand ihnen etwas anderes erzählt und einredet. Der Moscheegemeinde möchte ich raten, die Lautstärke etwas herunter zu drehen und nur innerhalb der zulässigen Lärmschutzgrenzen zum Gebet zu rufen, weil dies nicht genehmigungspflichtig ist und folglich dagegen nicht geklagt werden kann, da dann Anwohner unter der Duldungspflicht stehen.
06.02.18
15:18
Dilaver Çelik sagt:
Ergänzung: Bei einer Dauer von gerade mal 5 Minuten (!!!).
06.02.18
15:39
Frederic Voss sagt:
Die Kommune und die DITIB-Anhänger sollten sich mal um die wirklich wichtigen Themen und Probleme im Staate Deutschland kümmern. Ein Turmrufer mit Allah-Sprüchen stört sicherlich manche Leute und ist für europäische Kulturen höchst unangemessen bis sehr befremdlich. Trotzdem ist das ein Nebenthema. Fundamental wichtiger ist das Thema, daß 40 Menschen in Deutschland vermögender und reicher sind als 40 Millionen Menschen. Ungleich verteilter Reichtum gehört abgeschafft, weil er niemals gerecht und richtig sein kann. Wieso lassen sich das eigentlich die 40 Millionen Menschen gefallen? Somit sollte die Stadt erst einmal den gigantischen Reichtum einiger weniger prüfen. Und dann erst den störenden Lautsprecher-Aufruf von einem Gebetsbefehliger.
06.02.18
17:06
Andreas sagt:
Wenn der Muezzin ruft, dass Allah größer ist, dann handelt es sich bei diesem Allah um den einen Gott, den auch Christen (und Juden) anbeten. Von daher stellt der Ruf des Muezzin nicht den Gott der Muslime über den Gott der Christen, da es sich um ein und denselben Gott handelt. Und Jesus mag für Christen Gottes Sohn sein, damit steht Gott aber auch bei den Christen noch immer über Jesus.
07.02.18
16:32
Kritika sagt:
L.S. Je unauffälliger die Muslims (und ihre Frauen) sind, Je weniger Lärm sie verursachen, umso eher ertragen die Bewohner Deutschlands sie. In diesem Sinne ist das Beenden der Lärmbelästigung eine positive Entscheidung, Beides für die Muslims und die Bevölkerung. Gruss, Kritika
07.02.18
21:58
Enail sagt:
@ Andreas: Die Christen und auch nicht die Juden beten den Gott der Muslime an. Die Christen glauben an die Trinität Gottes und die Katholiken dazu an die Geburt von Jesus, Gottes Sohn, durch Maria. Dreifaltigkeit, Dreieinigkeit oder Trinität (lateinisch trinitas; altgriechisch τριάς Trias ‚Dreizahl‘, ‚Dreiheit‘) bezeichnet in der christlichen Theologie die Wesenseinheit Gottes in drei Personen oder Hypostasen, nicht drei Substanzen. Diese werden „Vater“ (Gott der Vater, Gott Vater oder Gottvater), „Sohn“ (Jesus Christus, Sohn Gottes oder Gott Sohn) und „Heiliger Geist“ (Geist Gottes) genannt. Damit wird zugleich ihre Unterscheidung und ihre unauflösbare Einheit ausgedrückt. Sagen Sie jetzt immer noch, dass wir den gleichen Gott anbeten? Muslime lehnen diese Theorie ab, weil in ihren Augen Gott sich niemals herabgelassen hätte, sich unter die Menschen zu begeben. Und darum finde ich es auch anmaßend, in einem christl. Land der überwiegend christl. Bevölkerung per Lautsprecher mitzuteilen, dass der Gott der Muslime der wahre und größte Gott ist. Für mich ist er das nicht und Mohammed, der mit Gewalt den Islam verbreitete, ist für mich auch kein Prophet, sondern eher Kriegsherr.
10.02.18
1:05
Ute Fabel sagt:
Das Christentum und der Islam stehen auf einem intoleranten Fundament: Im Johannesevangelium 14:6 sind folgende Jesusworte zitiert. "Ich bin der Weg, ich bin die Wahrheit, und ich bin das Leben! Ohne mich kann niemand zum Vater kommen." Die erlösende Wahrheit glaubte man auch schon in den christlichen Quelltexten für sich alleine gepachtet zu haben. Im Lukasevangelium 14:26 finden wir folgende Christusworte: "So jemand zu mir kommt und hasset nicht seinen Vater, Mutter, Weib, Kinder, Brüder, Schwestern, auch dazu sein eigen Leben, der kann nicht mein Jünger sein." Das könnte auch der Rekrutierungsslogan eines IS-Kämpfers sein
20.02.18
13:41