Rechtsextremismus

Generalbundesanwalt übernimmt Ermittlungen im Fall Lübcke

Wurde der Kasseler Regierungspräsident auf seiner Terrasse von einem Rechtsextremisten erschossen? Diesem ungeheuerlichen Verdacht geht nun der Generalbundesanwalt nach. Steckt ein Netzwerk dahinter?

17
06
2019
Walter Lübcke
Walter Lübcke © Facebook, bearbeitet by iQ

Nach Hinweisen auf einen rechtsextremen Hintergrund übernimmt der Generalbundesanwalt die Ermittlungen im Fall des erschossenen Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wird gegen den dringend tatverdächtigen 45-Jährigen wegen eines Tötungsdeliktes mit politischem Hintergrund ermittelt.

Spezialeinheiten hatten den Mann am frühen Samstagmorgen in Kassel gefasst, er sitzt seit Sonntag unter Mordverdacht in Untersuchungshaft. Er soll nach Angaben aus Sicherheitskreisen zumindest in der Vergangenheit Verbindungen in die rechtsextreme Szene gehabt haben. Darüber hatten auch mehrere Medien berichtet. Das genaue Motiv für die Tat ist aber weiterhin unklar.

Der 65-jährige Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni gegen 0.30 Uhr auf der Terrasse seines Wohnhauses in Wolfhagen-Istha entdeckt worden. Er hatte eine Schussverletzung am Kopf und starb wenig später im Krankenhaus. Seither ermittelt eine mittlerweile 50-köpfige Sonderkommission. Nach dem Ergebnis der rechtsmedizinischen Untersuchung starb Lübcke an einem Schuss aus kurzer Distanz.

Der Regierungspräsident war in der Vergangenheit wegen seiner Haltung zu Flüchtlingen bedroht worden. Er hatte sich 2015 auf einer Informationsveranstaltung gegen Schmährufe gewehrt und gesagt, wer gewisse Werte des Zusammenlebens nicht teile, könne das Land verlassen.

Steinmeier verurteilt hämische Reaktionen

Nach dem Tod Lübckes hatten hasserfüllte und hämische Reaktionen aus der rechten Szene im Internet für Empörung gesorgt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte, wie sich manche in sozialen Netzwerken geradezu hermachten über dessen Tod, sei «zynisch, geschmacklos, abscheulich, in jeder Hinsicht widerwärtig».

Die Bundesregierung und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hofften nun, dass so schnell wie möglich geklärt werde, wer Lübcke warum erschossen habe, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. „Davon abgesehen kann man dem Bundespräsidenten nur zustimmen, der neulich sagte, dass die zahlreichen rechtsextremistischen Hasskommentare im Netz nach dem Tod von Herrn Lübcke abstoßend und widerwärtig waren“. Grüne, FDP und Linke im Bundestag forderten eine Sondersitzung des Innenausschusses.

Zu den Gründen für die Übernahme der Ermittlungen wollte sich die Sprecherin der Bundesanwaltschaft nicht äußern. Der Generalbundesanwalt verfolgt Taten terroristischer Vereinigungen. Ermittlungen gegen Einzeltäter kann er aber dann übernehmen, wenn dem Fall wegen dem Ausmaß der Rechtsverletzung und den Auswirkungen der Tat „besondere Bedeutung“ zukommt.

Fall Lübcke – „Wir haben aus NSU gelernt“

Die „Süddeutsche Zeitung“ schrieb unter Berufung auf Ermittlerkreise, da man nicht ausschließen könne, dass eine rechtsextreme Bande am Werk sei, sei Karlsruhe der richtige Ort. „Wir haben aus den Fällen NSU und Amri gelernt“, wurde ein Ermittler zitiert. Im Fall der Terrorzelle NSU war der rechtsextreme Hintergrund der Morde erst spät erkannt worden, im Fall von Anis Amri, hatte es keine reibungslose Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden gegeben.

Die Festnahme des Verdächtigen in Kassel geht nach Angaben der hessischen Ermittler auf eine DNA-Spur zurück, die zu einem Treffer in einer Datenbank führte. Laut „Süddeutscher Zeitung“ liegen über den 45-Jährigen polizeiliche Erkenntnisse über Landfriedensbruch, Körperverletzung und Waffenbesitz vor.

Verdächtiger hatte Kontakt zu rechtsextremen Szene

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ soll der Mann zumindest in der Vergangenheit im Umfeld der hessischen NPD aktiv gewesen sein. Vor zehn Jahren war er demnach auch an Angriffen von Rechtsradikalen auf eine Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes am 1. Mai 2009 in Dortmund beteiligt. Er sei damals wegen Landfriedensbruchs zu sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Seither sei er nicht mehr als extremistisch aufgefallen, berichtete der „Spiegel“ unter Berufung auf Sicherheitskreise.

Lübcke, der als Regierungspräsident eine Art Mittelbehörde zwischen dem Land und den Kommunen leitete, hinterlässt eine Frau und zwei erwachsene Kinder. Am Samstag – dem Tag der Festnahme des Tatverdächtigen – war der 65-Jährige in seinem Heimatort in Nordhessen beigesetzt worden.

Leserkommentare

Kritika sagt:
L.S. Natürlich doch : ausser den Islam gibt es noch eine weitere böse Ideologie, deren Anhänger nun ebenfalls einen Menschen ermordeten. Es ist furchtbar, unmenschlich, who ever einen Menschen ermordert, ob es nun ein verblendeter Islam Gläubige oder einer von den ' Rechten' ist. Relativiert das etwa, oder entschuldigt es gar die Muslimmorde? Etwa deshalb, weil endlich auch einmal ein Nichtmuslim aus ideologischem Grund mordet? Wussten wir das nicht bereits aus der R.A.F. vergangener Jahrzehnten? Haben die Muslims und die sog. "Rechter Szene " Berührungspunkte,? Etwa weill beide bei der Verbreitung ihrer Ideologie "über Leichen" gehen? Weshalb Empört sich Islamiq nicht vor der gewaltigen Rassen-Diskriminierung von Muslims, wegen des künftigen Anti-Messer-Mitfuhr - Gesetzes, dass doch eindeutig nur auf Muslims gerichtet sein kann? Traurich, Kritika
18.06.19
0:06
Brad Lewis sagt:
Rechtsextremismus ist schlimm. Islamextremismus ist mindestens genauso schlimm.
18.06.19
22:21