Neutralitätsgesetz

Berliner Lehrerin darf kein Halskreuz tragen

Das Berliner Neutralitätsgesetz traf nun auch eine evangelische Lehrerin. Ihr wurde per Dienstweisung das Tragen einer Kreuzkette verboten.

08
04
2017
Das Kreuz an der Kette © flickr / CC 2.0 / thinkaboutfreedom

Vom Berliner Neutralitätsgesetz sind nicht nur Trägerinnen muslimischer Kopftücher betroffen: Einer evangelischen Lehrerin an einer staatlichen Schule ist offenbar per Dienstanweisung das Tragen eines Kreuzes an einer Halskette verboten worden. Das bestätigte Konsistorialpräsident Jörg Antoine am Freitag bei der Synode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO). Das Neutralitätsgesetz untersagt unter anderem Lehrkräften das Tragen religiös motivierter Schmuckstücke und Kleidung.

Antoine sagte, nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu muslimisch motivierten Kopftüchern halte die EKBO das Neutralitätsgesetz für verfassungswidrig. Der EKBO-Chefjurist riet dem Land Berlin zu mehr Gelassenheit im Umgang mit religiösen Symbolen. Auch der Berliner Bischof Markus Dröge betonte: „Wir setzen uns für die Freiheit ein, ein Kreuz zu tragen.“ Dies sollte auch bei einer Novelle des Neutralitätsgesetzes berücksichtigt werden. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Manuel sagt:
Richtig so, gleiches Recht für alle!
09.04.17
18:51
Ute Fabel sagt:
Daran sieht man sehr gut, dass das Berliner Neutralitätsgesetz eben keine mittelbare Diskriminierung bestimmter Religionen darstellt sondern von den Angehörigen aller Gesinnungsgemeinschaften genau dasselbe abverlangt. Keinesfalls darf der Gesetzgeber den Zurufen einzelner Religionsvertreter und deren Sonderwünschen folgen. Das auffällige Sichtbarmachen der eigenen Religion oder nicht religiösen Weltanschauung bzw. politischen und philosophischen gehört ins Privatleben und nicht an den Arbeitsplatz.
10.04.17
7:59
Andreas sagt:
Das sog. Neutralitätsgesetz trifft eben nicht alle gleichermaßen und stellt damit weiterhin eine Diskriminierung dar. Während ein Kreuz, an einer Halskette getragen, tatsächlich ein religiöses Symbol ist, ist ein Kopftuch ein Kleidungsstück, das für viele Musliminnen eine Pflicht ist. Ob das nun im Koran steht oder nicht ist dabei unerheblich. Es kommt allein darauf an, dass die Gläubigen glauben, dass es ihre religiöse Pflicht sei. Aber das Tragen eines Kreuzes an einer Halskette zu verbieten halte ich ebenfalls für eher lächerlich. Es ist doch nicht das Schmuckstück, das die Neutralität gefährdet, sondern wenn überhaupt dann die Einstellung des Trägers. Ein Bekenntnis zu einer Religion oder auch gegen jede Religion ist noch kein Hindernis für Neutralität. Man kann immer nur auf das konkrete Handeln abzielen. Wenn das die Neutralität gefährdet, kann man über disziplinarische Maßnahmen nachdenken. Die Freiheit wird immer gerne als hohes Gut gelobt. Dann müssen wir aber auch so leben, dass wir möglichst viel Freiheit gewähren.
10.04.17
14:40
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel -- Das augenfällige Sichtbarmachen der eigenen Religion....gehört ins Privatleben und nicht an den Arbeitsplatz." (Ute Fabel) Das ist falsch. Unsere säkulare Rechtsordnung erlaubt das religiöse Bekenntnis auch im öffentlichen Raum. Das Grundrecht auf Religionsfreiheit gilt auch für eine Lehrerin. Sie verliert dieses individuelle Jecht nicht durch ihren Job. NRW musste sein Neutralitätsgesetz im Zuge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts 2015 schon ändern. Berlin wird dasselbe passieren.
11.04.17
1:38
Johannes Disch sagt:
Beide Kirchen haben heute deutlich gemacht, dass Sie diese Entscheidung und das Berliner Neutralitätsgesetz insgesamt für verfassungswidrig halten (Was es nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 2015 auch ist). Der Berliner Senat hat aber bereits schon vor längerem angekündigt, dass es sein Gesetz novellieren wird. Das ist auch ratsam. So erspart man sich die Blamage, dass es Karlsruhe einkassiert.
11.04.17
6:38
Johannes Disch sagt:
Man stelle mal folgende Meldung vor: -- "Berliner Lehrerin darf Kette mit Davidstern nicht tragen."
11.04.17
11:25
Johannes Disch sagt:
In der Wirtschaft zählen nicht Kopf-oder Halsbedeckung, sondern Qualifikation und Leistung. Für so einen Nonsens wie ein "Neutralitätsgesetz" hat nur der Öffentliche Dienst Zeit. Nun, Berlin ist Bildungschlusslicht. Das erklärt auch dieses Gesetz eines nicht nur ökonomisch, sondern auch intellektuell vollkommen bankrotten Senats. Bisher gab es das pauschale Kopftuchverbot an Berliner Schulen. Und was hat es der Integration geholfen? Integration--- genauer: Akkulturation, denn das ist der inhaltlich korrekte Begriff-- ist ein langfristiger gesellschaftlicher Prozess, der sich nicht durch Verbote erreichen lässt. Das Kopftuch ist doch in Deutschland längst alltägliche Realität. Es wird Zeit, es auch so zu behandeln. Laut Bundesverfassungsgerichtsurteil von 2015 ist ein Kopftuchverbot nur zulässig, wenn der Schulfriede konkret gefährdet ist. Was uns viel eher drohen könnte, das ist ein gefährdeter Bildungsfriede, wenn Lehrerstellen unbesetzt bleiben, weil qualifiziertes Personal kopftuchbedingt oder kreuzbedingt nicht eingestellt wird.
11.04.17
11:36
Rerun sagt:
Da hat Herr Disch doch eben noch erklärt, dass das Urteil des EuGH sich gezielt und ausschließlich gegen Muslima richten würde. Das Grundrecht auf Religionsfreiheit wird dadurch auch überhaupt nicht berührt. Ein Arbeitsplatz ist nicht "die Öffentlichkeit", in der man als Privatperson unterwegs ist. Am Arbeitsplatz ist man Vertreter und Gesicht des Unternehmes, für das man arbeitet. Wenn man Herrn Disch oder Andreas folgen wollte, dann müsste es ja auch erlaubt sein, am Arbeitsplatz seinen Gebetsteppich auszurollen und während der Arbeitszeit sein Gebet zu verrichten. Ich freue mich schon auf die erste Klage auf Einstellung von jemandem, dem seine Religion Arbeit grundsätzlich untersagt,
11.04.17
11:39
Ute Fabel sagt:
Da das Berliner Neutralitätsgesetz in Kraft steht, wäre eine Schlagzeile "Berliner Lehrerin darf Kette mit Davidstern nicht tragen" genauso wenig skandalös wie die Schlagzeile "Berliner Lehrer darf "Gottlos Glücklich"-Anstecker nicht tragen. Das ist eben die Rechtsfolge dieser diskriminierungsfreien Norm, die von allen genau dasselbe abverlangt. Im Jahr 2012 gab es im Übrigen schon einen Fall, in welchem ein jüdischer Polizist in Berlin ein Kippa getragen hat. Das hat dieser im Nachhinein selbst "als nicht ganz korrekt" bezeichnet. Er wurde deshalb verwart. Ebenfalls ein glatter Verstoß gegen das Neutralitätsgesetzwar es, dass ein Berliner Polizist bei einer Demonstration ein AfD Spruchband getragen hat. Das auffällige Sichtbarmachen des eigenen Glaubens oder Unglaubens oder der politischen Überzeugung hat gerade bei Pädagogen, in der Justiz und Polizei im Dienst absolut nichts verloren.
12.04.17
7:55
Johannes Disch sagt:
@Rerun Der Arbeitnehmer ist während seiner Tätigkeit Gesicht des Unternehmens? Ja. Aber nicht zu 100% und nicht bedingungslos. Durch seine Tätigkeit verliert der Arbeitnehmer nicht seine Grundrechte. Das jüngste Urteil des EuGH-- das sich auf private Unternehmen bezieht-- hat mit dem Berliner Neutralitätsgesetz nichts zu tun. Das Berliner Neutralitätsgesetz bezieht sich auf die Schule. Es bezieht sich auf den öffentlichen Sektor. Und nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2015-- das ei n pauschales Verbot des Kopftuchs für Lehrerinnen an Schulen für verfassungswidrig erklärt hat-- ist das Berliner Neutralitätsgesetz in seiner jetzigen Form nicht mehr zu halten. NRW hat sein Gesetz bereits korrigiert. Berlin wird folgen müssen oder Karlsruhe wird das Gesetz einkassieren.
12.04.17
14:03
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