Thüringen

Muslimische Bestattungen werden in Thüringen langsam Normalität

In den vergangenen zehn Jahren hat die Nachfrage nach muslimischen Bestattungen in Thüringen Fahrt aufgenommen. Während die Kapazitäten in Gera ausgeschöpft sind, soll etwa in Eisenach Ende des Jahres ein neues Grabfeld fertig sein.

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05
2023
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Bestattungen
Symbolbild: Muslimische Bestattungen

Der Bedarf an muslimischen Bestattungen steigt in Thüringen stetig. „Die Nachfrage hat besonders in den vergangenen Jahren merklich zugenommen“, sagt Isabel Rößner, Referentin im Büro der Beauftragten für Integration, Migration und Flüchtlinge (BIMF) in Thüringen. Aktuell reichten die Kapazitäten im Freistaat aus, perspektivisch müssten jedoch mehr Angebote geschaffen werden. „Diese Entwicklung ist noch recht jung – sie braucht Zeit, zu wachsen.“

Tatsächlich sei der steigende Bedarf in Thüringen noch recht neu, erklärt auch Housam Zakkour vom islamischen Kulturverein Jena. Zakkour ist selbst muslimischer Bestatter und nach eigener Aussage der bislang einzige in Thüringen. „Vor 2015 gab es praktisch keine Nachfrage“, erklärt er. Erst mit der Flüchtlingswelle habe sich die Lage geändert.

Dem Verband der Friedhofsverwalter Deutschlands zufolge ließen zudem nicht mehr so viele Muslime ihre sterblichen Überreste nach ihrem Tod in die jeweiligen Heimatländer überstellen, um dort begraben zu werden. Immer mehr entschieden sich dazu, dort zu Grabe getragen zu werden, wo sie lebten.

Aktuell gibt es in Thüringen dem BIMF zufolge muslimische Grabfelder etwa auf den Friedhöfen in Erfurt, Jena, Nordhausen, Sonneberg und Weimar. Einen rein muslimischen Friedhof gibt es im Freistaat bislang nicht. In der Landeshauptstadt besteht einer Sprecherin zufolge seit 2002 ein muslimisches Grabfeld. Aktuell seien dort etwa 60 Gräber belegt, jedes Jahr kämen im Schnitt etwa zehn neue hinzu. In Jena wurde laut einer Sprecherin 2017 ein eigenes Grabfeld für Muslime eingerichtet. In beiden Städten seien die Kapazitäten ausreichend.

Mehr muslimische Grabfelder geplant

In Eisenach soll der Stadt zufolge Ende 2023 das erste Areal für muslimische Bestattungen fertiggestellt werden. In Gera, wo diese Möglichkeit bereits seit 1997 angeboten wird, seien aktuell alle 16 Gräber belegt, so eine Sprecherin. Da der restliche Friedhof dort nicht den Anforderungen für muslimische Bestattungen entspreche, sei hier bisher auch keine Erweiterung geplant. In kleineren Kommunen wie Bad Salzungen habe es dem städtischen Friedhofsamt zufolge bisher noch keine Anfragen gegeben.

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Außer in Jena können auf allen anderen Grabfeldern bislang nur Einwohner der jeweiligen Kommune beigesetzt werden. „Wir hoffen darauf, dass in den kommenden Jahren in möglichst vielen Städten muslimische Grabfelder geschaffen werden“, sagt Zakkour. Idealerweise solle es in jeder größeren Kommune ein solches Angebot geben, um der Nachfrage gerecht zu werden – zudem sei es wünschenswert, dass mehr Kommunen dem Beispiel Jenas folgten und auch Bestattungen von Einwohnern aus anderen Regionen Thüringens zuließen.

Unterschiede zwischen den Bestattungen

Muslimische Bestattungen unterscheiden sich in einigen Punkten von den christlichen Riten. So sieht der Islam unter anderem eine Totenwaschung, die Beisetzung innerhalb von 24 Stunden, ein „ewiges Ruherecht“ und einen Totenzug vor. Bei Letzterem tragen Freunde und Verwandte des Verstorbenen den Sarg.

Einige dieser Vorgaben seien aber mit den jeweils lokal geltenden Vorgaben teils nicht umsetzbar, so Rößner. So hätten viele Friedhöfe keine geeigneten Einrichtungen für die Totenwaschung. Trotz möglicher Ausnahmegenehmigungen gelinge es nur selten, die Toten innerhalb eines Tages zu beerdigen. Grundsätzlich sei die Nutzung von Grabflächen in Thüringen auf 20 Jahre begrenzt und auch private Sargträger seien nicht überall umsetzbar.

„Ich habe aber dennoch die Erfahrung gemacht, dass es immer möglich ist, Lösungen zu finden, die beiden Seiten entgegenkommen“, berichtet Rößner. Grundsätzlich sei der Islam eine sehr pragmatische Religion, wenn es um Bestattungen gehe. „Ich habe noch nie gehört, dass es bei einer Anfrage zu keiner Einigung gekommen wäre.“ (dpa, iQ)