Mölln

30 Jahre nach Brandanschlag – Museum archiviert Möllner Briefe

Nach dem Brandanschlag von Mölln rief die Stadt zur Solidarität auf. Hunderte schrieben Briefe. Doch diese wurden erst 27 Jahre später an die Familie übermittelt. Nun sind sie in einem Archiv verfügbar.

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2022
Möllner Briefe
Möllner Briefe © DOMID, bearbeitet by iQ.

Die rassistischen Brandanschläge von Mölln mit drei Toten jähren sich am 23. November zum 30. Mal. Die Stadt in Schleswig-Holstein erinnert mit einem Gedenkgottesdienst und Kranzniederlegungen an den beiden Anschlagsorten an die Ereignisse, die bis heute bundesweit für Erschütterung sorgen.

Das dokumentieren auch fast 500 Briefe an die Überlebenden, die seit 2021 im Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland (DOMiD) in Köln archiviert werden. ‚Unter den Briefen, Postkarten, Trauerkarten und Zeichnungen aus dem In- und Ausland sind auch rührende Botschaften der Anteilnahme von Kindern und konkrete Hilfsangebote für die Familien, die bei den Anschlägen Angehörige verloren haben“, sagte der Sprecher des Zentrums, Timo Glatz.

Brandanschlag in Mölln

In der Nacht zum 23. November 1992 hatten zwei Neonazis Brandsätze auf zwei von türkischen Familien bewohnte Häuser in der Möllner Altstadt geworfen. Dabei wurden die 51 Jahre alte Bahide Arslan sowie ihre Enkelinnen Yeliz Arslan (10) und Ayşe Yılmaz (14) getötet. Neun weitere Menschen wurden verletzt.

Die damals 19 und 25 Jahre alten Täter wurden wegen dreifachen Mordes zu zehn Jahren Jugendstrafe beziehungsweise zu lebenslanger Haft verurteilt. Beide haben ihre Strafen inzwischen verbüßt.

Möllner Briefe wurden erst 2019 an die Familie übergeben

Die Stadt Mölln rief unmittelbar nach den Anschlägen dazu auf, den Hinterbliebenen zu schreiben und so Anteilnahme zu bekunden. „Aus unbekannten Gründen erreichten die meisten dieser Briefe die Familien aber nicht“, sagte Glatz. Stattdessen seien sie im Möllner Stadtarchiv gelandet.Erst im Jahr 2019 wurde İbrahim Arslan, einer der Überlebenden des Brandanschlages, auf die Briefe aufmerksam. „Wenn wir damals von der Anteilnahme und Solidarität in der Gesellschaft gewusst hätten, hätte uns das damals geholfen und ein wenig Trost gespendet“, sagte er.

„Die meisten Briefe waren an eine türkische Teestube als Treffpunkt der türkischen Gemeinschaft adressiert“, sagte Möllns Bürgermeister Ingo Schäper. „Als die geöffneten Briefe unserem Stadtarchiv übergeben wurden, haben wir es leider versäumt, das den Hinterbliebenen mitzuteilen.“ Zu der Gedenkveranstaltung am Mittwoch erwartet Schäper wie in den Vorjahren viele Teilnehmer. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Salim Spohr sagt:
Salam. Die Briefe sind wohl ein wunderbarer Ausdruck zwischenmenschlichen Mitgefühls, der Solidarität mit den Opfern des Brandanschlages und sprachlosen Entsetzens über diese Untat. Lese ich die lapidare Erklärung des Bürgermeisters für eine 27-jährige Verspätung ihrer Zustellung — „Als die geöffneten Briefe unserem Stadtarchiv übergeben wurden, haben wir es leider versäumt, das den Hinterbliebenen mitzuteilen.“ —, wird mir nur übel. Wie kann es bloß geschehen, daß diese Briefe über so lange Zeit nicht zugestellt wurden? — Das ist hier und jetzt die entscheidende Frage. Lag es an der Post, den Ermittlungsbehörden, am Stadtarchiv? Ich möchte wissen, wer dafür verantwortlich ist, daß diese Form des Trostes den Betroffenen so lange vorenthalten wurde? "leider versäumt", reicht da nicht!
20.11.22
10:14
News: Bürgergeld, Unabhängigkeit, Schottland, Brandanschlag von Mölln - Globus Deutschland sagt:
[…] vergangenem Jahr im Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland (DOMiD) in Köln . Ein deutsches Museum ist vermutlich auch der beste Ort dafür. Schließlich sind die Briefe Teil […]
23.11.22
7:32