Religionsunterricht

Hamburg führt interreligiösen Religionsunterricht ein

Das Bundesland Hamburg plant einen gemeinsamen Religionsunterricht für Schülerinnen und Schüler aller Konfessionen und Religionen.

01
12
2019
Religionsunterricht, Rechtsextremismus
Symbolbild: Rechtsextremismus, Religionsunterricht © Shutterstock, bearbeitet by iQ.

Als erstes Bundesland führt Hamburg einen Religionsunterricht in interreligiöser Trägerschaft ein. Seine Inhalte werden künftig gleichberechtigt von der evangelischen Kirche, der jüdischen Gemeinde, drei islamischen Verbänden und der alevitischen Gemeinde verantwortet. Alle Beteiligten dürften eigene Religionslehrer entsenden, wie Bildungssenator Ties Rabe (SPD) am Freitag in der Hansestadt mitteilte. Die katholische Kirche beteilige sich zunächst nur im Rahmen eines Modellversuchs. Das Konzept werde in den nächsten Jahren schrittweise an allen Hamburger Schulen eingeführt.

„Das gemeinsame Lernen der Kinder ist eine wunderbare Idee für unsere religiös und kulturell vielfältige Stadt“, sagte Rabe. „Es wird kein ganz anderer Religionsunterricht, aber ein besserer, weil er die verschiedenen Religionen gleichberechtigt berücksichtigt.“ Hamburgs evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs betonte: „Wenn die Kinder künftig abwechselnd von Lehrkräften unterschiedlicher Konfessionen unterrichtet werden, wird das den Dialog weiter stärken.“

Gemeinsamer Religionsunterricht aller Konfessionen und Religionen

Während in anderen Bundesländern der Religionsunterricht nach Religionen und Konfessionen getrennt erteilt wird, gibt es in Hamburg bereits seit Jahrzehnten den „Religionsunterricht für alle“. Schüler aller Konfessionen und Religionen werden gemeinsam unterrichtet. Er wurde bislang von der evangelischen Nordkirche verantwortet und durch Buddhisten, Juden, Muslime und Aleviten lediglich mitbestimmt.

Die katholische Kirche hatte sich bislang nicht an dem Modell beteiligt, weil sie einen konfessionsgebundenen Religionsunterricht bevorzugt. Das weiterentwickelte Modell halte sie aber für „grundsätzlich anschlussfähig“, sagte der Leiter der Schulabteilung des Erzbistums Hamburg, Christopher Haep. Er begrüßte insbesondere die Beauftragung der Lehrer durch ihre jeweiligen Religionsgemeinschaften. „Deshalb ist es unser Ziel, Bestandteil dieses weiterentwickelten Religionsunterrichts in Hamburg zu werden.“ Seit 1. August laufe dazu ein dreijähriger wissenschaftlich begleiteter Modellversuch mit der Nordkirche, um ein gemeinsames Konzept für die Abbildung christlicher Inhalte im gemeinsamen Religionsunterricht zu finden.

Überforderung der Schülerinnen und Schüler

Das neue interreligiöse Modell erprobte sich nach Angaben der Schulbehörde fünf Jahre lang an mehreren Pilotschulen. Ein verfassungsrechtliches Gutachten bestätige die Rechtmäßigkeit des eingeschlagenen Wegs. Der „Religionsunterricht für alle“ werde auch künftig von an der Universität ausgebildeten Lehrern im Dienst des Staates erteilt. An der Uni Hamburg seien zusätzlich Lehramtsstudiengänge für islamische und alevitische Religion eingerichtet worden. „Im Religionsunterricht geht es nicht um Mission, sondern um Bildung und religiöse Mündigkeit“, hieß es.

Dr. Hakan Aydın, stellvertretender Leiter der IGMG Bildungsabteilung, meint auf Anfrage von IslamiQ: „Wenn der Unterricht neben einer reinen Wissensvermittlung zusätzlich auch Glaubensgrundlagen stärken möchte, ist ein gemeinsamer Unterricht nicht die effektivste Methode.“ Er führe eher zur Überforderung der Schülerinnen und Schüler. Diese sollten sich erst und schwerpunktmäßig mit ihrer eigenen Religion befassen, so der Theologe. „Das ist das eigentliche Ziel des bekenntnisgebundenen Religionsunterrichts.“ (KNA, iQ)

Leserkommentare

Kafira sagt:
Liebe Leser, Eine glänzende Idee: " Schüler aller Konfessionen und Religionen werden gemeinsam unterrichtet - - - Buddhisten, Juden, Muslime - - " Information an Stelle von Indoktrination, keine Mission. Reine Wissensinformation, keine fragwürdige religiöse Märchen als " Glaubensgrundlagen " auch noch ' stärken '. Kafira wünscht dem Project alles Gute.
01.12.19
23:56
Ute Fabel sagt:
"Dr. Hakan Aydın: Wenn der Unterricht neben einer reinen Wissensvermittlung zusätzlich auch Glaubensgrundlagen stärken möchte, ist ein gemeinsamer Unterricht nicht die effektivste Methode.“ Mit anderen Worten ausgedrückt, meint Herr Doktor Aydin offenbar sinngemäß, dass sich zur Frühkindindoktrination der konfessionelle Religionsunterricht am besten eigne. Es ist aber nicht die Aufgabe des öffentlichen Bildungssystem, dass auf Staatskosten religionsunmündigen Kinder ganz bestimmte Glaubensinhalte eingehämmert werden. Ende 2017 waren gerade einmal 25,5 % der Hamburger Bevölkerung evangelisch und 10,6 % katholisch. Ein Ethik- und Religionskundeunterricht für alle wäre daher angebracht, in welchen unabhängig von Glauben oder Unglauben gelehrt und gelernt werden kann. Das staatliche Schulsystem hat Wissen und nicht Glauben zu vermitteln.
02.12.19
11:13
Emanuel Schaub sagt:
Das "gleichberechtigt " kann sich ja (leider!) nur um Chancen/resp.Mitglieder-Anwerbe Rechte handeln bzw.daruf beziehen. Von Gleichheit in bezug auf die Wahrheit der verschiedenen Aussagen zum "Grossen Geheimnis" ist nur von diesen Welt-anschauern sicher nicht zu erwarten ! gruß emanuel
02.12.19
11:41
Bilal sagt:
Der interreligiösen Religionsunterricht ist eine sehr gemeinschaftsfördernde Idee und wird Vorurteilen sicherlich den Weg abschneiden. Auf der anderen Seite soll hierbei nicht in den Glauben der Kinder eingegriffen werden und es soll reines Wissen vermittelt werden. Dr. Hakan Aydins Warnung, dass es sich hierbei um bekenntnisgebundenen Religionsunterricht handelt finde ich daher angemessen und wichtig.
02.12.19
16:49
Lutz Grububmüller sagt:
Ein sehr gutes Projekt gegen Kultur- und Religionshass - wenn alle Schüler, gleich welcher Herkunft und Religion, alle Religionen und damit natürlich auch deren Glaubensinhalte und ethnisch-kulturelle Geschichte kennenlernen; dass unterstützt Begegnungen auf Augenhöhe, mit gegenseitigem Respekt und Achtung!
02.12.19
17:22
AfghanIBruder sagt:
Lutz Grububmüller stimme ich voll zu, auch wenn der identitätsstoftende Aspekt für die einzelnen Konfessionen und Religionen auf der Strecke zurückbleibt, weil diese
03.12.19
13:58
AfghanIBruder sagt:
....r Unterricht ausschließlich in einem bekenntnisorientierten unterrichtlichen Rahmen statt finden kann. Diese Tatsache wird wohl von den Verantwortlichen und Entscheidungsträgern in Kauf genommen zugunsten einer Interreligiöser Verständigung, die für die Allgemeinheit bzw. das Allgemeinwohl von höchster Relevanz ist respektive sein wird. Sobald es jedoch um kritisches Hinterfragen Kulturberichterstattung Missverständnisse oder Diskrepanzen geht, so können diese innerhalb einer Interreligiösen Rahmens weder adäquat behandelt, erörtert, bei Bedarf beiseite geräumt oder gar korrigiert oder eventuell auch weiterentwickelt werden können. Als Wegbereiter zur friedvollen Verständigung zwischen den Kulturen und Religionen allerdings mehr als wünschenswert. Alles Gute und viel Erfolg beim Gelingen!
03.12.19
14:05