Musliminnen in Deutschland

„Muslimische Frauen müssen nicht gerettet werden!“

Burka-Verbot, Kopftuchdebatten etc. Muslimische Frauen werden immer zu den „Anderen“ gemacht, um so gesamtgesellschaftliche Probleme abzuwälzen. Warum die deutsche Mehrheitsgesellschaft vor einer großen Herausforderung steht, erklärt Nabila Bushra.

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10
2017
Musliminnen
Nabila Bushra, Studentin der Gender-Studies (M.A), Preisträgerin des Laura-Maria Bassis Preises 2017, copyright Nabila Bushra

Wenn die Mehrheitsgesellschaft und vor allem die Politik vor und nach der Bundestagswahl immer noch das brennende Thema „Islam und muslimische Frauen“ thematisieren, dann müssen wir uns nicht wundern wenn gesellschaftliche Probleme wie Armut und Bildung zu kurz kommen. Wenn Parteien muslimische Frauen instrumentalisieren und dadurch gesellschaftliche Probleme nicht ansprechen, dann müssen wir uns ernsthafte Gedanken machen.

Die Reduzierung der muslimischer Frauen auf ihre Bekleidung zeigte das Beispiel der Burkini-Debatte in Frankreich oder auch das aktuelle Beispiel des Burka-Verbots in Österreich: Muslimische Frauen werden immer wieder aufgefordert, sich zu „entkleiden“. Dies wird mit dem „Integrationsgedanken“ legitimiert, um die Freiheit muslimischer Frauen einzuschränken. Es ist kein Zufall, dass innerhalb der westlichen Debatte in Bezug auf den Islam die soziale Positionierung „muslimischer Frauen“ in den Mittelpunkt gestellt wird, da die Geschlechterbeziehungen der „Anderen“ im Westen seit der Kolonialzeit als Symbol der Rückständigkeit gelten.

Neben den ökonomischen Eroberungen durch die Kolonialmächte erfolgte auch eine systematische Attacke auf die islamischen Institutionen und Familien. Für die Kolonialisierten war die Religion ein Wesens- und Unterscheidungsmerkmal, das zu bekämpfen galt. In diesem Zusammenhang wurden muslimische Frauen als ein Haupthindernis für eine erfolgreiche Assimilation durch die Kolonialmächte angesehen. So wurden Männer verpflichtet, in der Öffentlichkeit eine andere Sprache zu sprechen und die muslimischen Frauen mussten den Schleier ablegen. Während die Kolonialisierenden den Schleier verbieten wollten, um die traditionelle und religiöse Struktur aufzubrechen, wurde der Schleier als ein Widerstandssysmbol genutzt. Die Gewaltverhältnisse und Gesellschaftsstrukturen, die sich im Rahmen der Kolonialzeit verfestigt haben, werden heute noch fortgesetzt und dabei wird immer wieder auf „den“ Islam zurückgegriffen.

Frauenfrage als zentraler Prüfstein

Dazu zählen Probleme wie Armut und mangelnde Rechtsstaatlichkeit in den ehemaligen Kolonien. Dazu gehören aber auch eurozentrische und rassistische Denkmuster, die sich in der heutigen Zeit in bestimmten Bereichen aufzeigen lassen, wie z.B. in der Kunst, der Literatur, den Medien, den Wissenschaften und zugleich im politischen Geschehen. Auch die Debatten um Rassismus, Integration, Religionsfreiheit und Frauenrechte, wie sie aktuell in Deutschland geführt werden, nehmen primär den Bezug zum kolonialen Rassismus auf. Die Auseinandersetzungen mit „dem“ Islam werden immer häufiger in den öffentlichen Debatten thematisiert und somit ist auch die Frauenfrage zu einem zentralen Prüfstein geworden. In weiten Kreisen der Gesellschaft ist das Bild entstanden, dass „der“ Islam nicht modernisierungsfähig und ein Beweis dafür, die Position der muslimischen Frau sei, die grundsätzlich als „unterdrückt“ gilt. Es ist immer wieder die gleiche Debatte!

Ein ausgrenzender Feminismus

Gegenstand dieser geführten Debatte ist das Kopftuch muslimischer Frauen, welches als Integrationshindernis angesehen wird. Doch was ist mit muslimischen Frauen, die eine akademische Karriere anstreben, sich in die Arbeitswelt einbringen und an politischen Debatten teilnehmen? Auch diese Frauen werden von der Mehrheitsgesellschaft unablässig als „anders“ und „fremd“ dargestellt. Es sind Frauen wie z.B. Necla Kelek, die innerhalb ihrer Familie „den“ Islam im negativen Sinne kennengelernt haben und dadurch als „authentische Stimme“ gelten. Hingegen erhalten muslimische Frauen, wie beispielsweise Fereshta Ludin und weitere muslimische Feministinnen und Aktivistinnen, die das Kopftuch tragen und den Stereotypen von der Unterdrückung der Frau nicht entsprechen, nur ein geringes Gehör im öffentlichen Diskurs oder werden zu einer „Ausnahme“ erklärt.

Muslime als die „Anderen“

In der Öffentlichkeit existiert nun ein Konstrukt „der“ Muslimin und mit diesem werden hauptsächlich negative Eigenschaften in Verbindung gebracht. Es sind Merkmale wie Rückständigkeit, Gewalt und Frauenunterdrückung. So kann die Gewalt gegen die „eigenen Frauen“, also gegen die „weißen Frauen“, durch die „unterdrückte Muslimin“ unsichtbar gemacht werden. So wird auch das Thema Gewalt und Sexismus dann stärker thematisiert wenn es von „dem“ muslimischen Mann ausgeht und sobald es weiße Männer sind, wird es unsichtbar gemacht oder gar verharmlost. Dies führt folglich dazu, dass patriarchale Gewalt und Sexismus bei den „Anderen“ verortet sind und in einem gesellschaftlichen Kontext nicht thematisiert werden. Es ist die deutsche Mehrheitsgesellschaft, die muslimische Frauen zu den „Anderen“ macht und dabei stellt sich die Frage „Wieso, ist das so?“.

Die deutsche Mehrheitsgesellschaft hat sozusagen ein Fremd,- und Selbstbild aufgerufen, indem negative Elemente und gesellschaftliche Probleme auf die muslimische Frau projiziert werden. So erscheinen vor diesem Hintergrund muslimische Frauen als rechtlos und unterdrückt, hingegen die weißen Frauen und die Mehrheitsgesellschaft in Deutschland in Bezug auf die Geschlechtergleichheit die Rolle eingenommen haben, muslimische Frauen aufzuklären und sie vor ihren Ehemännern zu schützen. Insbesondere Islamkritikerinnen wie Necla Kelek und auch Feministinnen u.a. Alice Schwarzer, sind davon überzeugt, dass eine Kopftuch tragende Frau nicht frei und selbstbestimmt ihre Spiritualität lebt, sondern notwendigerweise Opfer patriarchaler Unterdrückung ist. Was bleibt den muslimischen Frauen dann noch übrig? Ja, entweder müssen sie annehmen, dass sie von ihren Ehemännern, Brüder und ihrer Religion unterdrückt sind und von den weißen Feministinnen und der Mehrheitsgesellschaft gerettet werden, oder sie sind einfach zu „naiv“ um die Unterdrückung wahrzunehmen.

Wer muss wen retten?

Diese Art und Weise wie über muslimische Frauen diskutiert wird ist nichts neues, denn es gab schon immer eine Personengruppe die zum „Anderen“ gemacht wurde. So waren es vorher die Gastarbeiter, dann die Ausländer und jetzt sind es Muslime.

Es ist Zeit, dass gerade die deutsche Mehrheitsgesellschaft sich von ihren kolonialen Denkmustern befreit und Probleme und Schwierigkeiten als eine gesellschaftliche Herausforderung betrachtet, anstatt eine bestimmte Personengruppe dafür verantwortlich zu machen und sich als „emanzipierte“ oder „schuldlose“ Person zurückzuziehen. Denn nicht die muslimischen Frauen müssen gerettet werden, sondern die eigenen Grundsätze von Gleichheit und Gerechtigkeit, die angesichts der Erblindung vor der Lösung gesamtgesellschaftlicher Probleme und dem damit einhergehenden allgegenwärtigen Rechtsruck, zu kentern droht.

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
@grege (Ihr Post vom 21.10.17, 20:29) -- "Hier wurde die Behauptung aufgestellt, dass Kopftuchverbote global nicht rechtens seien" ("grege") Global sowieso nicht. In den USA würde kein Mensch auf ein Kopftuchverbot kommen. Und im Artikel von Frau Bushra kann ich diese Behauptung nicht finden. Und ihr Hinweis auf Frankreich: Frankreich ist ein laizistischer Staat. Deutschland ein säkularer. Worin dieser entscheidende Unterschied besteht, das habe ich ´nun schon so oft erläutert, dass ich es hier nicht zu wiederholen gedenke. Und auch in Frankreich betrifft das Verbot nur gewisse Bereiche. Privat kann auch Frankreich das Kopftuch nicht verbieten. Und Deutschland erst recht nicht! Das würde Art. 2 GG ("Freie Entfaltung der Persönlichkeit") widersprechen. Wir führen den falschen Kampf. Dieser regelrechte Kulturkampf gegen das Kopftuch ist absurd und kontraproduktiv. Gesetzt den Fall, eine Kopftuch-Muslimin hätte eine antidemokratische Einstellung: Glauben Sie, mit einem Kopftuchverbot würden Sie diese Einstellung ändern??? Entscheidend ist nicht, was eine Muslimin auf dem Kopf trägt-- entscheidend ist WAS SIE IM KOPF HAT! Kopftuchverbote sind die Ausnahme. Eine Ausnahme, die gut begründet sein muss. Die Regel ist: Eine Muslimin darf hier bei uns in Deutschland ihr Kopftuch tragen! Wir sind eine pluralistische Gesellschaft, die unterschiedliche Lebensstile zulässt. Das gilt auch für die Kleidung. Pfarrer Ulrich Schäfer hat es in seinem Post vom 19.10.17, 21:58 prima auf den Punkt gebracht: Die meisten Musliminnen, die ein Kopftuch tragen, tun dies freiwillig. Und das kann ich-- der beruflich viel mit Musliminnen zu tun hat-- auch bestätigen. Und sie tragen es nicht, um damit eine fundamentalistische antidemokratische Einstellung zum Ausdruck zu bringen. Mit unserem absurden Kulturkampf gegen das Kopftuch erreichen wir genau das Gegenteil von Integration: Wir erreichen, dass sic h Muslime noch mehr mit ihrer Religion identifizieren und sich darüber definieren. Muslime und Musliminnen -- ob mit oder ohne Kopftuch-- sind aber zuerst eines: Gleichberechtigte Mitglieder unseres Gemeinwesens! Und als solche sollten wir sie endlich auch betrachten und sie auch so behandeln! Die meisten Musliminnen-- ob mit oder ohne Kopftuch-- sind loyale Bürgerinnen unseres Gemeinwesens und haben mit dem islamistischen Fundamentalismus/Salafismus/Djihadismus nix am Hut.
22.10.17
20:51
Ute Fabel sagt:
@ Johannes Disch: „Entscheidend ist nicht, was eine Muslima auf dem Kopf trägt, sondern was sie im Kopf hat“ In Österreich werden voraussichtlich bald mehrere FPÖ-Poliker, die bei deutschnationalen Burschenschaften aktiv sind, Ministerposten besetzen. Würden Sie diesen Herren nach ihrer Devise dann auch zugestehen, in Ausübung ihres Amtes ihre Burschenschaftercouleurs samt ihren markanten Kappen zu tragen? Oder messen Sie da mit zweierlei Maß?
23.10.17
13:11
Ute Fabel sagt:
@ Johannes Disch: „Entscheidend ist nicht, was eine Muslima auf dem Kopf trägt, sondern was sie im Kopf hat“ In Österreich werden voraussichtlich bald mehrere FPÖ-Poliker, die bei deutschnationalen Burschenschaften aktiv sind, Ministerposten besetzen. Würden Sie diesen Herren nach ihrer Devise dann auch zugestehen, in Ausübung ihres Amtes ihre Burschenschaftercouleurs samt ihren markanten Kappen zu tragen? Oder messen Sie da mit zweierlei Maß?
23.10.17
13:13
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel (Zu ihren letzten beiden Posts) Das hatten wir doch alles schon zur genüge: Von wegen die absurden Vergleiche mit der Burschenschafterkappe und ähnliches. Was kommt denn wieder als nächstes? Der Mao-Anzug? Es ist eine Endlosschleife, die langsam ermüdet und langweilt. Hier in Deutschland dürfen Musliminnen ihr Kopftuch in aller Regel tragen, und Verbote sind die seltene Ausnahme, die gut begründet sein müssen. Austria kann ja gerne weiter seinen Kulturkampf gegen den Islam und Muslime/innen führen. Mit dem "Burka-Verbot"-- das nicht so heißt und nicht so heißen darf, weil es gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen würde-- ist Österreich im Moment auf diesem Feld ja führend. Stolz sollte man darauf nach Möglichkeit aber nicht sein.
23.10.17
16:27
grege sagt:
@ Herr Disch eigentlich wollte ich die Endlosschleife vermeiden, aber offenbar wollen Sie anders. Das EugH Urteil belegt überdeutlich, dass nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa die Kopftuchdebatten hochgekocht werden, im übrigen nicht nur von den bösen Rechtspopulisten, sondern von betroffenen Muslimen und deren Vertretern gleichermaßen. Daher ist der von Ihnen verpönte Blick über den Rhein durchaus legitim, zumal Frankreich für sein rigoroses Kopftuchverbot in staatlichen Institutionen bisher von Vorwürfen der Verletzung gegen entsprechende Menschenrechte "freigesprochen wurde. Diese Kopftuchverbote sind daher auch nicht als Ausnahme zu betrachten, sondern im ganzen Land anerkannt und gesetzlich verbrieft. Diese Tatsache widerlegt schon die Behauptungen unseres erdowahnschen Jubeltürken (siehe Beitrag vom 17.10.), auf die sich insbesondere mein Thread bezieht. Wie von mir mehrfach kundgetan und von Ihnen permament ignoriert, stellen Kopftuchverbote im Berufsleben keine Diskriminierung daher, sondern füllen eine Gerechtigkeitslücke im Vergleich zu bislang schlechter gestellten Anhängern anderer Religionen und Weltanschauungen in Übereinstimmung mit dem EugH Urteil aus. Von daher ist der Begriff eines Kulturkampfes hier fehl am Platze. Zu einem pluralistischen Gesellschaft gehört auch die Einhaltung von Regeln und Gesetzen ohne Rücksicht auf religiöse oder ethnische Herkunft. Wenn es Ausnahmeregelungen für alles und jeden gibt, ist der Weg in endlos verzweigte Parallelgesellschaften vorgezeichnet, was der Afd weiteren Stimmenzuwachs bescheren würde. Wenn Muslima mit einer antidemokratischen Einstellung gegen gesetzlich konforme Kopftuchverbote im Berufsleben verstoßen wollen, können Sie, sofern vorhanden, die deutsche Staatsbürgerschaft ablegen und ihr Heil jenseits des Bosporus suchen. Eine Verleugnung eigener Gesetze und Regeln wird auf Dauer antidemokratisch gesinnte Muslime auch nicht besänftigen.
23.10.17
21:01
Johannes Disch sagt:
@Nilüfer Göle: Ihr Aufsatz über das Kopftuch Ich hatte den Aufsatz der türkischen Soziologin Nilüfer Göle in meiner Antwort auf Pfarrer Ulrich Schäfer erwähnt (Mein Post vom 20.10.17, 22:30) und liefere hier die Quelle nach. -- Nilüfer Göle: "The Forbidden Modern. Civilisation and Veiling." (Michigan 1996), dt. Ausgabe: "Republik und Schleier", Berlin 1997). Dort erläutert Nilüfer Göle die eigentliche Funktion des Kopftuchs: -- "Die Verschleierung der Frau ist eher ein Ausdruck des Konflikts mit der Moderne als eine Loaylität gegenüber der Religion des Islam. Kein anderes Symbol kann mit dieser Wucht so schlagartig das Anderssein des Islam gegenüber dem Westen demonstrieren wie Schleier und Kopftuch. Die zeitgenössische Verschleierung der Frauen dient der Unterstreichung, dass die Grenzen zwischen der islamischen und der westlichen Zivilisation unüberwindbar sind." Der große zeitgenössische ägyptische Historiker und Jurist Said Al-Aschmawi (1932-2013) hat in seinem Buch "Haquiqaub Al Hijab" ( "Die Wahrheit über das Kopftuch") (Kairo 1995) nachgewiesen, dass das Kopftuch und jegliche andere Verschleierung keine koranische Pflicht ist. Das Kopftuch hatte im Frühislam ursprünglich eine soziale Funktion. Es trennte Freie (Frauen mit Kopftuch) von Unfreien und diente dem Schutz der Frauen. Dieser Schutz ist heute nicht mehr nötig, da sich die Männer in modernen Gesellschaften in aller Regel zivilisiert verhalten. Der zentrale Begriff, um den es geht, lautet "Zinat", was "Schmuck" bedeutet. Damit ist aber nicht das Haar der Frau gemeint. Aus dem Koran lässt sich eine Pflicht zur Verschleierung nicht ableiten. Folglich kann man sich auch nicht auf das Kopftuch berufen unter Bezug auf die Religionsfreiheit berufen. Man kann es höchstens mit Art. 2 GG ("Freie Entfaltung der Persönlichkeit"). Aber da kein Grundrecht mit Art. 1 GG schrankenlos ist, sind auch die Religionsfreiheit und Art. 2 einschränkbar. Die zentralen Elemente des Islam sind die "5 Säulen." (Das Glaubenbekenntnis (Schahada),die Hadsch (Pilgerfahrt) nach Mekka, das Almosen (Zakat), der Ramadan, die 5 täglichen Gebete). ´Dürfen diese ausgeübt werden, dann ist der Religionsfreiheit in vollem Umfang genüge getan. Und diesen Kern ihres Glaubens dürfen Muslime bei uns leben. Das Unbehagen kommt also nicht von ungefähr, wenn deutsche Gerichte inzwischen mit zig Klagen wegen des Kopftuchs zu tun haben. Es kann sich wirklich der Eindruck verfestigen, das Kopftuch wäre das zentrale Element für gläubige Musliminnen und es sollten Dinge im Namen der Religionsfreiheit eingeführt werden, die damit nicht zu rechtfertigen sind, wie gezeigt wurde. Dazu kommen kryptische Äußerungen wie Scharia und Demokrartie wären angeblich mit der Demokratie vereinbar, so Sawsan Chebli, Staatssekretärin in Berlin und-- wenn wundert es??-- in der SPD. Die ist inzwischen ja auch für einen muslimischen Feiertag. Geht es so weiter, dann verwirklicht die SPD spätestens bei der nächsten BT-Wahl das alte FDP-"Projekt 18." Sie ist auf dem besten Weg dahin. Und Ursache dafür sind Leute wie Sawsan Chebli. Aiman Mazyek-- der medial dauerpräsente ZMD-Vorsitzende-- hat sich übrigens ähnlich geäussert, von wegen Scharia und Demokratie wären vereinbar. Nö, sind Sie nicht. Sich zurückzuziehen auf die Trennung zwischen religiösen und juristischen Scharia-Normen ist ein wenn auch geschickter Taschenspielertrick. Es ist Hütchenspielerei mit Begriffen. Im Allgemeine wird unter "Scharia" das islamische Recht verstanden. Und das ist mit positivem Recht nicht vereinbar. Es sind solche Dinge-- Äußerungen wie die von Frau Chebli und Herrn Mazyek. Dauerklagen vor Gericht wegen Kopftuch, Befreiung vom Sportunterricht, etc.-- die in Deutschland mittlerweile ein Unbehagen hervorrufen bezüglich des Islam. Nur ca. 30% der Musliminnen tragen ein Kopftuch. Aber der Trend ist zunehmend. Und das ist nicht unbedenklich. Man sollte nicht jede Muslimin mit Kopftuch unter Generalverdacht stellen. Man sollte es aber auch nicht verharmlosen. Man muss es thematisieren (dürfen). Natürlich auf eine rationale Weise im Sinne einer konträren "Debating Culture" (Debattenkultur) und nicht so grobschlächtig wie einfach gestrickte Islamfeinde a la AfD & Konsorten. Der Punkt ist nicht, dass die meisten Musliminnen das Kopftuch freiwillig tragen, wie Pfarrer Ulrich Schäfer in seinem Post richtig sagt. Entscheidend ist: Aus welchen Motiven tragen Sie es? Die Motive der meisten Musliminnen, die ein Kopftuch tragen, dürften lauter sein. Es ändert aber nichts an seiner ursprünglichen Bedeutung (Symbol der unüberwindbaren Trennung zwischen dem Islam und dem Westen). Und wie eben erwähnt: Darüber muss man diskutieren dürfen, ohne dass gleich die Keulen "Islamophobie" und "koloniale Denkmuster" ausgepackt werden. Man muss aus dem Kopftuch keine Apokalypse des Abendlandes machen. Aber völlig harmlos ist es mitnichten.
25.10.17
14:29
Johannes Disch sagt:
@grege (Ihr Posting v. 23.10. 17, 21:01) Ein Blick über den Rhein nach Frankreich ist gestattet. Aber die Verhältnisse sind nicht zu vergleichen, da Frankreich ein laizistischer Staat ist und Deutschland ein säkularer. Deshalb sind auch die Gesetze und die Urteile nicht vergleichbar. Aber selbst das laizistische Frankreich kann nicht beliebig verfahren. Das französische Verfassungsgericht hat beispielsweise das Burkini-Verbot für verfassungswidrig erklärt. Sie haben gesagt, die Behauptung, ein Kopftuchverbot wäre global nicht durchsetzbar, wäre falsch und die Urteile des EuGH zu Kopftuchverboten am Arbeitsplatz würden das belegen. Erstens hat Frau Bushra in ihrem Artikel gar nicht behauptet, Kopftuchverbote wären nicht möglich., und zweitens liegen Sie mit ihrer Vokabel "global" falsch, wie ich bereits ausführte. Die Urteile des EuGH sind beispielsweise für die USA völlig irrelevant. Zudem gilt: Kopftuchverbote sind die Ausnahme, die gut begründet sein muss. Es gilt bei uns im säkularen Deutschland: Eine Muslimin darf ihr Kopftuch tragen. Das ist die Regel! Die wird auch nicht durch ein Urteil des EuGH aufgehoben. Wir haben (noch) keine europäische Verfassung. Der EuGH steht nicht über dem Bundesverfassungsgericht. Und auch nicht über den anderen nationalen Verfassungsgerichten. Er maßt sich das in seinen Urteilen aber oft an. Das macht ihn immer problematischer und das ist mit ein Grund für die zunehmende Europa-Skepsis. Der EuGH wird immer mehr zum Teil des Problems, statt zu einem Teil der Lösung. Man muss sich jeden Einzelfall genau ansehen, bevor man voreilige allgemeingültige Schlüsse aus einem (EuGH)Urteil zieht. Und man muss die Sphären trennen. Bezieht sich das Urteil auf den privaten Sektor oder auf den öffentlichen? Die EuGH-Urteile bezüglich der Kopftuchverbote beziehen sich auf den privaten Sektor. Sie sind also nicht auf den öffentlichen Sektor übertragbar, beispielsweise auf den öffentlichen Dienst in Deutschland. Hier gilt nach wie vor das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2015, das ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen als verfassungswidrig erklärt hat. Für ein Verbot muss eine konkrete Gefährdung des Schulfriedens nachgewiesen werden. Und was ihr Hinweis auf eine pluralistische Gesellschaft betrifft: Die Einhaltung von Regeln gilt auch für uns "Biodeutsche." Und eine Grundregel unseres Gemeinwesens sind die Grundechte. Und dazu gehört Religionsfreiheit. Und diese müssen gläubige Musliminnen auch praktizieren können. Und zwar auch durch das Zeigen von Symbolen. Und das dürfen sie auch im öffentlichen Raum. Warum?? Genau: Weil wir ein säkularer Staat sind, der Platz lässt für das religiöse Bekenntnis auch im öffentlichen Raum. Inzwischen wird von vielen in Deutschland "Pluralismus" gegenüber Muslimen/innen aber so ausgelegt, dass man Ihnen das Zeigen ihres Glaubens verwehren will. Eine Muslimin ist für viele Deutsche nur dann eine gute Muslimin, wenn sie nicht mehr zu erkennen gibt, dass sie eine ist. Aber davon abgesehen: Es geht Frau Bushra in ihrem Artikel doch gar nicht um Kopftuchverbote. Es geht ihr um die Wahrnehmung der muslimischen Frau aufgrund ihrer Kleidung. Es geht ihr um die stereotypischen Zuschreibungen: Kopftuch-Muslimin = unterdrückt, rückständig, etc. U.a. meinem Post vom 25.10.17, 14:29 können Sie entnehmen, dass ich das Kopftuch keineswegs unkritisch sehe. Aber ebenso gilt, dass Musliminnen das Recht haben, ihre Sicht der Dinge zu schildern. Wir lösen die Probleme nicht durch Verbote. Und schon gar nicht durch Vorurteile. Wir lösen sie nur durch einen konstruktiven Dialog.
25.10.17
20:31
Johannes Disch sagt:
@grege (Ihr Post vom 23.10.17, 21:01) -- Wie vom mir mehrfach kundgetan und von Ihnen permanent ignoriert, stellen Kopftuchverbote im Berufsleben keine Diskriminierung dar..." (grege) Ich habe diese Tatsache nicht ignoriert. Ich halte diese Urteile des EuGH nur für höchst problematisch. Man muss auch die Ebenen auseinanderhalten: Handelt es sich um ein privates Unternehmen? Oder um den öffentlichen Sektor? Die Urteile des EuGH betreffen den privaten Sektor. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2015, das ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen an öffentlichen Schulen für verfassungswidrig erklärte, wird von den EuGH-Urteilen nicht berührt und hat weiterhin Bestand. -- "Das Kopftuchverbot (in Frankreich) wird auch nicht als Ausnahme betrachtet, sondern gilt im ganzen Land." (grege) Es gilt erstens im ganzen Land nur für den öffentlichen Sektor. Und zweitens sind die Verhältnisse in Frankreich nicht mit denen in Deutschland zu vergleichen und auch nicht gleichzusetzen, nach dem Motto: Wenn die Franzosen das Kopftuch verbietejn können, dann können wir das auch. Nein! Frankreich ist ein laizistischer Staat und Deutschland ein säkularer! Ein Unterschied, der in der Gesetzespraxis erhebliche Auswirkungen hat, weshalb man diesen wichtigen Unterschied zwischen Säkularismus und Laizismus gar nicht oft genug betonen kann. Aber selbst das laizistische Frankreich kann nicht beliebig handeln. Das Burkini-Verbot wurde vom obersten französischen Gericht als verfassungswidrig deklariert. Aber es geht Frau Bushra in ihrem (lesenswerten) Artikel doch gar nicht um Kopftuchverbote (am Arbeitsplatz). Das ist gar nicht ihr Thema. Ihr Thema ist die Wahrnehmung der muslimischen Frau aufgrund ihrer Kleidung und der stereotypen Zuschreibungen (Kopftuch-Muslimin = unterdrückt, rückständig, fundamentalistisch, etc.), die oft erfolgen. Wie sie meinem Post vom 23.10.17, 16:27 entnehmen können, bin ich dem Kopftuch gegenüber keineswegs unkritisch eingestellt. Man kann nachweisen, dass das Kopftuch keine religiöse Pflicht ist. Zu einer solchen wurde es erst gemacht durch die islamische "fiqh"-Orthodoxie. (Siehe meinen erwähnten Post). Aus religiösen Gründen kann man sich also nicht auf das Kopftuch berufen. Wenn Musliminnen und ihre institutionellen Vertreter-- allen voran die fragwürdigen und höchst problematischen "Islam-Verbände"-- Kopftuch-Propaganda machen mit dem Hinweis auf die Religionsfreiheit, dann muss man ihnen heftig widersprechen. Man kann über Meinungen diskutieren, aber nicht über Tatsachen. Und dass das Kopftuch keine religiöse Pflicht ist, das ist eine Tatsache! Andererseits ist es völlig legitim, dass auch Musliminnen ihre Sicht der Dinge darlegen, so wie es Frau Bushra in ihrem Artikel tut. Und dass stereotype Zuschreibungen aufgrund der Kleidung problematisch sind und von Musliminnen als verletzend empfunden werden, das ist nachvollziehbar. Es geht um praktische Lösungen, die dem Zusammenleben förderlich sind. Und das erreichen wir nicht allein durch Verbote, sondern nur mit einem konstruktiven Dialog. Mit "Dialog" meine ich keine interreligiösen Kuschelstunden, wie sie bei den "Islam-Konferenzen" en vogue sind oder bei den Treffen mit den Islam-Verbänden, die unter "Dialog" verstehen, dass man ihren Wünschen nachgibt und die jeden negativen Bescheid als "islamophob" deklarieren. Ein Dialog, der den Namen verdient, darf-- nein: muß!-- kontrovers sein und die Dinge in aller Deutlichkeit ansprechen, damit man zu einer Konfliktlösung kommt.
26.10.17
8:29
gregek sagt:
lieber Herr Disch, eine Diskussion kann nur dann Ihren Nutzen erfüllen, wenn die Beiträge der einzelnen richtig und vollständig durchgelesen und erfasst werden. Daher der letzte Versuch: Mir geht es nicht um die besagte Person, sondern schlichtweg um unseren Anhänger der türkischen Pegida, der schlichtweg behauptet hat, nirgendwo seien Kopftuchverbote legitimierbar. Diese Aussage ist grundfalsch. Frankreich ist ein demokratischer Staat mit einem ausgeprägten, wenn nicht zusagen aufgeblasenen öffentlichen Dienst, in dem das Tragen des Kopftuches in den Institutionen verboten ist. Das Bespiel belegt alleine, dass Kopftuchverbote per se nicht mit Menschenrechtsverletzungen und Defiziten eines Rechtsstaates gleichzusetzen sind. Von daher sind Ihre permanenten Verweise auf die unterschiedlichen Staatssysteme in Deutschland oder Frankreich völlig obsolet. Auch das EuGH Urteil, welches unabhängig vom geltenden Staatsysstem verfasst worden ist, bestätigt die Vereinbarkeit von Kopftuchverboten unter bestimmenten Rahmenbedingungen mit rechtsstaatlichen Verhältnissen. Unabhängig von der juristischen Seite stehen Kleiderverordnungen im Berufsleben an der Tagesordnung, wovon ich persönlich ein Lied sagen kann. Schon allein aus dem Grund halte ich das EuGH Urteil nicht nur für wenig problematisch, sondern für zwingend notwendig in Bezug auf die Kopftuchproblematik. Wie sich jemand im Privatleben kleidet, interessiert mich herzlichen wenig. Aber im Berufsleben existieren Grenzen, die von allen ohne Extrawürste zu befolgen sind. Von diesem Grundsatz sollte man auch gegenüber Muslimen nicht abweichen. Wir können uns gerne zu diesem Thema weiter die Finger wundtippen, aber bis auf eine Wiederholung alter Standpunkte wird hier nicht viel beirumkommen.
27.10.17
1:15
Johannes Disch sagt:
@gregek (Ihr Post vom 27.10.17, 1:15) Ähm... sind "grege" und "gregek" der gleiche Nick? Die gleiche Person? ´Die bisherigen Ausführungen zum Thema kamen von "grege." Na, dann irrt sich die Person, die behauptet, Kopftuchverbote seien nicht zu legitimiern. Natürlich sind sie das, wie die Urteile des EuGH zeigen. Aber sie sind nicht pauschal auf andere Länder übertragbar. Und auch in Deutschland haben wir gewisse Möglichkeiten, das Kopftuch am Arbeitsplatz zu verbieten, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind (Wenn der Job es erfordert, etc.). Diese Kleidervorschriften hatten wir schon lange vor den EuGH-Urteilen. Aber nochmal: Darum geht es in dem Artikel von Frau Bushra doch gar nicht. Es geht um die Wahrnehmung der muslimischen Frau aufgrund ihrer Kleidung. Um gewisse pauschale Zuschreibungen, die mit der Kleidung verbunden werden.
27.10.17
12:45
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