Homophobie und Islamophobie

meet2respect: Berliner Şehitlik Moschee sagt Schwulen und Lesben ab

Die Berliner Şehitlik Moschee, die zum Dachverband DITIB gehört, hat eine gemeinsam geplante Veranstaltung mit Schwulen und Lesben im Rahmen einer Begegnungsreihe abgesagt. Von einer Einladung von Seiten der Moschee könne keine Rede sein, behauptet der Vereinsvorsitzende Ender Çetin.

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2014

Verwirrung um eine geplatzte Veranstaltung in der Berliner Şehitlik Moschee. Eine am 24. November geplante Veranstaltung unter dem Titel „Islam und Homophobie“ wurde vom Vorstand, der zum Dachverband der Türkisch Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) gehörenden Moschee, abgesagt. Nach Angaben des Moscheevorsitzenden Ender Çetin hätten Medien den angekündigten Besuch falsch dargestellt.

Es habe von Seiten der Şehitlik Moschee nie eine Einladung an Schwule und Lesben gegeben, heißt es in einer türkischsprachigen Pressemitteilung, die auf der Website der Moschee verbreitet wurde. Von einer Einladung an Homosexuelle könne keine Rede sein, sagte auch Ender Çetin gegenüber der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu. Vielmehr sei der Wunsch nach einem Besuch an die Moschee herangetragen worden. Da die Moschee jedem offen stehe, habe man entsprechend einen Termin vergeben, so Çetin.

Die Gemeindemitglieder seien jedoch von der Berichterstattung in den Medien massiv verunsichert und gestört worden. Eine Anerkennung oder gar Erlaubnis für die aus der Sicht des Islam verbotene Homosexualität sei auf keinen Fall das Ziel der Moschee gewesen und man habe hierzu auch nicht beigetragen. Man habe als Şehitlik Moschee wie bei anderen Anfragen auch, auf eine Anfrage für einen Moscheebesuch mit einer Gruppe positiv reagiert. Aus diesen Gründen und um Missverständnisse zu vermeiden, sehe man sich gezwungen, das geplante Treffen mit den Schwulen und Lesben abzusagen, so die Moscheeleitung.

Initiator wollte Homophobie und Islamophobie abbauen

Das Treffen geplant hatte meet2respect. Das Projekt wird vom gemeinnützigen Verein Leadership Berlin – Netzwerk Verantwortung durchgeführt. Im Rahmen der meet2respect Reihe besuchen beispielsweise Imame und Rabbiner in Gruppen gemeinsam Schulen und diskutieren mit den Schülern über Integration und Religion. Die Projekte widmen sich dem Abbau von Intoleranz, Diskriminierung und Gewalt. Ein weiteres Projekt von meet2respect ist auch die Begegnung zwischen Muslimen und Schwulen und Lesben zu fördern. Mit den Treffen will man zum Abbau von Homophobie und Islamophobie beitragen.

Auf der Website der Initiative heißt es, die Idee zum Treffen in der Moschee sei im Rahmen einer Sitzung des Koordinierungskreises von meet2respect entstanden. So sei an Ender Çetin die Frage gestellt worden, ob es für muslimische Vertreter denkbar sei, eine Moscheeführung mit anschließender Diskussion zum Thema Islam und Homophobie anzubieten. Dieser habe darauf erwidert, „dass aus seiner Sicht nichts dagegenspricht, eine Moscheeführung mit anschließender Diskussion auch für Schwule und Lesben anzubieten“, heißt auf der Website. Man sei darüber erfreut gewesen und habe den Lesben- und Schwulenverein Deutschlands (LSVD) mit eingebunden und habe einen Termin in der Şehitlik vereinbart.

Druck aus der Türkei?

Dass die geplante Veranstaltung abgesagt wurde, sorgt für lange Gesichter. Der Zeitpunkt der Absage hat jedoch einen bitteren Nachgeschmack. Zwar heißt es in der Pressemitteilung der Şehitlik Moschee, die Absage gebe Provokationen keinen Raum und sei „für das gemeinsame Miteinander besser“, doch kam sie just zu einem Zeitpunkt, als auch die Kritik an der Veranstaltung lauter wurde.

Der Ableger des türkischen Religionsamtes in Deutschland öffne die Moscheen für „anomale Homosexuelle“, kritisierte beispielsweise die Zeitung Yeni Akit  am Donnerstag. Die Zeitung meldete, der dem türkischen Religionsamt unterstehende Dachverband DITIB habe Homosexuelle in eine Moschee eingeladen und damit einen „Skandal“ ausgelöst. „Anomale Homosexuelle“ sollten in der Moschee an einer Podiumsdiskussion teilnehmen. Ähnlich lautete auch ein Bericht in der rechtskonservativen Zeitung Takvim.

Moscheeführung und Diskussion

Der Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg, Jörg Steinert, bestätigte, dass am 24. November eine Führung durch die Moschee geplant gewesen sei. Anschließend sollte in einer  Gesprächsrunde zum Thema Islam und Homosexualität beziehungsweise Homophobie gesprochen werden.

Jedoch sei die geplante Begegnung auch innerhalb der DITIB kontrovers diskutiert worden, so Steinert; einige aus der Religionsgemeinschaft hätten eine Absage gefordert. Es sei offen gewesen, ob das Treffen überhaupt stattfinde. „Dem Lesben- und Schwulenverband ist der Dialog wichtig – weder Islamophobie noch Homophobie sind unsers Erachtens akzeptabel“, erklärte Steinert. (as/iQ/KNA)

Leserkommentare

drusus sagt:
Über was soll man denn da diskutieren? Religion kann ja postulieren was sie will und muss keine Rücksicht auf das Denken anderer nehmen aber eben NUR solange sie nicht den Anspruch erhebt ihre moralischen Standards zu allgemeinen Standards zu erheben oder sich von den anderen Standards belästigt zu fühlen. Von mir aus kann in seinen Privatgemächern jeder anbeten was er möchte und das auch gerne mit oder ohne Kleidung - aber vor der Haus- oder Tempeltür gelten die normalen gesellschaftlichen Standards und die sind bzgl. Homosexualität in Deutschland (zumindest im Moment) sehr eindeutig und müssen nicht diskutiert werden.
19.11.14
17:14
Malte sagt:
Was diskutiert werden soll oder nicht, muß man wohl allein denjenigen überlassen, die diskutieren möchten. In erster Linie geht es mal darum, dass Muslime, die den Anspruch erheben, der Islam gehöre zu Deutschland, eben auch zeigen, dass sie zu Deutschland gehören. Und da gilt dann nun einmal das Grundgesetz, in dem nicht nur die Religionsfreiheit garantiert wird, sondern auch die freie Entfaltung der Persönlichkeit und die körperliche Unversehrtheit. Muslime sehen leider immer nur Artikel 4 des Grundgesetzes, in dem die Religionsfreiheit postuliert wird und verlieren die anderen Grundrechte aus dem Auge, vor allem, wenn es Grundrechte zugunsten anderer sind. Allerdings muß man einräumen, dass es auch christliche Sekten gibt, die ebenfalls Probleme mit Homosexualität haben und auch die katholische Kirche noch Verbesserungsbedarf hat.
20.11.14
9:15
Burak sagt:
Was in den Beiträgen meiner Vorkommentierer aus den Augen gelassen wird, ist neben Art. 4 GG auch Art. 5 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. GG. Unabhängig vom islamischen Glauben hat Jedermann in Deutschland das Recht, die Thematik der Homosexualität mit kritischen Augen zu sehen. Dass der Mainstream Homosexualität befürwortet und propagiert, kann dem Einzelnen nicht das Recht nehmen, anderer Meinung zu sein und diese Meinung frei zu äußern. Auch Homosexuelle müssen damit zurecht kommen, dass ihre Lebensart oder sexuelle Ausrichtung für andere Menschen anstößig ist. Die Unterscheidung zwischen Akzeptanz und Toleranz ist an dieser Stelle essentiell. Leider werden aber kritische Stimmen in Deutschland als "homophob" abgestempelt, um jegliche sachlich geführten Debatten bereits im Keime zu ersticken. Nicht gerade demokratisch, würde ich sagen.
20.11.14
13:43
drusus sagt:
@Burak Absatz 2 des Art. 5 setzt Grenzen innerhalb dessen die Thematik öffentlich diskutiert werden darf. Aber warum kümmern sich die Religionsgemeinschaften nicht einfach nur um ihre eigenen Angelegenheiten? Dass der "Mainstream" Homosexualität "propagiert" ist die übliche religiöse Paranoia deren Ursachen man besser individuell auf der Couch eines Psychoanalytikers klären sollte als es in die Diskussion einzubringen. Es gibt ja auch religiöse Menschen (katholisch und muslimisch) die kein Problem mit Homosexualität haben und sich vor allem auch nicht in welcher Weise auch immer davon bedroht fühlen.
20.11.14
14:33
Malte sagt:
@Burak Den Art. 5 GG müßten sich dann aber auch Muslime entgegenhalten lassen und nicht jede kritische Stimme gegen den Islam als islamophob abstempeln, um so jegliche sachlich geführten Debatten bereits im Keime zu ersticken. Muslime können nicht permanent für sich fordern, was sie anderen verwehren. Im übrigen kann man wohl kaum sagen, dass der Mainstream Homosexualität befürwortet und propagiert. Es geht nicht darum, Homosexualität gut zu finden, es geht nur darum, Homosexuelle nicht zu diskriminieren, so wie auch Muslime nicht diskriminiert werden sollen.
20.11.14
15:31
Burak sagt:
@drusus: Die Grenzen der Meinungsfreiheit sind mir sehr wohl bekannt (s. Art. 5 Abs. 2 GG). Wenn sie mit diesem Geschütz vorfahren, sollten Sie auch wissen, dass diese Grenze noch lange nicht erreicht ist, wenn man der Homosexualität "kritisch" oder "ablehnend" gegenübersteht. Wenn Sie mir sogar das Recht nehmen wollen, eine bestimmte Sache von mir zu weisen und mich davon zu distanzieren, wofür haben wir dann überhaupt die Meinungsfreiheit? Der Paranoia, die Sie anderen unterstellen, unterliegen Sie selbst in der Weise, dass Sie nicht einsehen möchten, dass Bedenken gegen Homosexualität stets mit Homophobie gleichgesetzt werden. Den Vorschlag bzgl. des Psychoanalytikers des Vertrauens kann ich Ihnen in diesem Sinne wohlwollend zurückgeben mit der zusätzlichen Bitte, sich doch von einem Juristen den Schutzbereich und die Schranken des Art. 5 II GG näher erklären zu lassen. Danke.
20.11.14
15:54
drusu sagt:
@Burak: Ich habe mich konkret auf Ihre Aussage bezogen der Mainstream würde Homosexualität "propagieren". Denn wenn man diese Aussage genau betrachtet steckt ja vermutlich nicht nur die Ansicht dahinter Homosexualität könnte "anerzogen" werden sondern auch die - wie ich finde paranoide - Denkweise es gäbe eine Lobby (den "Mainstream") der es sich in den Sinn gesetzt hat Homosexualität zu "propagieren" - also in der eigentlich nicht homosexuellen Gesellschaft zu verbreiten. Nicht, dass Sie mit dieser Ansicht alleine wären (kath. Kirche, Putin usw.) aber sie entbehrt leider im Moment der wissenschaftlichen Grundlage. Im Gegensatz dazu steht meiner Meinung nach die Einstellung der Mehrheit der Deutschen die Homosexualität vielleicht auch nicht gut finden, sich aber davon auch nicht bedroht fühlen, weil sie nicht glauben dass es sich dabei um eine Weltanschauung handelt die sich über "Propaganda" verbreiten lässt. Diese paranoiden Elemente in Ihrer Wahrnehmung von Homosexualität sind es die man sehr gut in einer Psychoanalyse betrachten könnte - es scheint ja doch eine tiefe Angst vorhanden zu sein...
20.11.14
16:36
Burak sagt:
@Malte: Richtig. Der Knackpunkt ist aber, was "sachlich" ist und was als "Hetze" oder "Islamfeindlichkeit" eingestuft werden kann. Unter dem Deckmantel der Islam"kritik" wird leider viel Islam"feindlichkeit" betrieben. Aber das ist kein Thema dieses Beitrags, weshalb ich im Folgenden auf Ihre Antwort hierauf nicht mehr eingehen werde. @drusus: Da haben Sie ein wenig zu viel hineininterpretiert. Ich bin nicht der Meinung, dass es eine Lobby oder dergleichen gibt, die sich an einen runden Tisch setzt und darauf schwört, aus Deutschland eine Republik der Homosexuellen zu errichten. Ich bin aber der Meinung, dass der Ruf nach "Normalität" und "Akzeptanz" den Menschen das Recht nimmt, Homosexualität eben nicht als "normal" zu betrachten. Ich muss Homosexualität nicht akzeptieren, sondern allenfalls tolerieren. "Propagiert" meint an dieser Stelle, dass aktiv versucht wird, die Moralvorstellungen von Andersdenkenden zu diffamieren und so zu tun, als gäbe es in dieser Thematik nur eine richtige Einstellung. Teilt man diese Ansicht nicht (die medial sehr wohl als Mainstream dargestellt wird), gilt man als "Antidemokrat", "menschenfeindlich", "rückständig" uvm.
21.11.14
20:52
drusus sagt:
@Burak: o.k. - ich gebe zu dass ich eventuell über-interpretiert habe aber tatsächlich nimmt ihnen niemand das Recht ihre private Meinung über Homosexualität zu haben. Wer sich aber öffentlich äussert muss sich in einer einigermassen freien Gesellschaft dem Diskurs stellen und akzeptieren, dass es auch die Meinung geben kann die eigene Meinung sei "rückständig". Leider sind religiöse Ansichten oft ja nicht besonders flexibel, weil die jeweiligen Götter scheinbar unverrückbar und schwarz auf weiss in irgendwelchen Büchern die richtigen Ansichten veröffentlich haben. Das macht eine wirklich offene Diskussion eher schwer und auf meiner Seite ist deshalb nachvollziehbar warum und wo die Gesellschaft da Grenzen in der Tolerierung anderer Meinungen ziehen muss. Damit kommen wir auch wieder zum ursprünglichen Thema zurück und zu meiner Meinung, dass es sinnlos ist das Thema Homosexualität mit sehr gläubigen Vertretern der sogenannten Buchreligionen zu führen.
23.11.14
12:43
Ute Diri-Dost sagt:
Wie man sieht,bringt diese Diskussion nicht.Drusus,was verstehen Sie denn im Gegensatzt zu "rückständig"-fortschrittlich?Dass die Menschheit sich selbst ausrottet?I-wenn alle "fortschrittlich " sind?Das heisst,die normale biologische Fortpflanzung wird de-aktiviert.Was hat das für einen Sinn?Kaputte Menschen?die ANGEBORENEN Geschlechtsmerkmale sind nun mal vorgegeben,ob man es will oder nicht,unleugbar präsent.Norwegen hat diesen Genderwahnsinn als solchen erkannt und schon abgeschafft.Gesetzlich haben Homosexuelle und Lesben sowie auch Heterosexuelle (worunter ich den normalen Menschen klassifizere,auf Grund seiner biologischen Ausrichtung,(übrigens Babys stillen hat auch noch kein Mann geschafft) den Anspruch sich frei ausleben zu dürfen,das kann demnach auch jeder tun,aber Meinungsfreiheit für alle und Allah sei Dank dass mich meine Religion von gewissen Dingen Abstand nehmen lässt.Seien wir doch einmal ehrlich und reden nichts schön:Warum sind wir wohl so geschaffen wie wir nun mal sind,männlich und weiblich ausgerichtet?da wir uns ja bekanntlicherweise nicht selbst erschaffen haben,so muss das logischerweise wohl mit Sinn und Zweck geschehen sein.Der Islam- sich dem Willen Gottes zu ergeben-ist die natürliche Religion des Menschen,warum haben wir wohl alle ein Gewissen,ein ethisches Bewusstsein,welches bei Kindern noch unverdorben in Erscheinung tritt?Warum kritisiert man den Islam ohne sich persönlich damit näher befasst zu haben?Warum sind wohl,und nicht nur im Islam,dem Menschen Grenzen gesetzt?Bestimmt zu seinem Wohle,da der Schöpfer seine Geschöpfe am besten kennt!
23.11.14
21:03
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