Türkei

Religionsunterricht soll reformiert werden

Die türkische Regierung will den Religionsunterricht an staatlichen Schulen in der Türkei grundlegend reformieren. Dies kündigte Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu vor der Parlamentsfraktion seiner Regierungspartei AKP an. Damit will die Türkei ein Urteil aus Straßburg umsetzen.

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2014
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Als Konsequenz aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) will die türkische Regierung das Pflichtfach Religion an staatlichen Schulen grundlegend reformieren. Dies kündigte Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu am Dienstag vor der Parlamentsfraktion seiner Regierungspartei AKP in Ankara an. Künftig sollen alle Religionen und Konfessionen gleichberechtigt behandelt werden.

Einer geforderten Abschaffung des Pflichtfachs Religion, wie vom Straßburger Gericht verlangt, erteilte der Ministerpräsident eine Absage. Der Religionsunterricht sei unter anderem notwendig, um extremistischen Strömungen, wie der Ideologie der Terrororganisation IS, Einhalt zu gebieten.

Davutoğlu: Erster der dagegen protestiert

Davutoğlu sagte, die Türkei habe nach dem Urteil drei Möglichkeiten: die völlige Abschaffung des Fachs Religion, was extremistisches Gedankengut begünstige; einen getrennten Unterricht für Sunniten und Aleviten, der die beiden Konfessionen als Gegensätze definiere; oder aber die Einführung eines Unterrichts, der allen Religionen gerecht werde.

Wenn in einem solchen Fach Religionskultur und Ethik eine Religion wie das Christentum oder der Buddhismus beleidigt werde, sei er, Davutoğlu, „der erste, der dagegen protestiert“, so der Ministerpräsident. Nach den Vorstellungen seiner Regierung solle künftig kein Mitglied irgendeiner Konfession Grund haben, den Religionsunterricht zu kritisieren.

Hintergrund

Der EGMR hatte in einem Urteil Mitte September von der Türkei verlangt, Schülern die Möglichkeit zu geben, sich vom bisherigen Pflichtfach Religion befreien zu lassen, ohne dass die Eltern ihre eigene Religionszugehörigkeit offenlegen müssen. Der Staat müsse in Fragen der Religion neutral bleiben. Die Entscheidung erging nach einer Klage alevitischer Türken, die ihre Kinder nicht am bisher sunnitisch geprägten Religionsunterricht teilnehmen lassen wollten. Als Mitglied des Europarates ist die Türkei an die Entscheidungen aus Straßburg gebunden. (KNA/iQ)