Gefängnisseelsorge

Berliner Muslime sagen Termin mit Justizsenat ab

Die Berliner Muslime haben ihre Teilnahme am Islamforum abgesagt. Sie sind enttäuscht darüber, dass der Senat für Justiz die Seelsorge für Muslime in Gefängnissen nach einer Einschätzung des Verfassungsschutzes gestoppt hat. Die Muslime wollen ein klärendes Gespräch mit Senator Thomas Heilmann (CDU).

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Eigentlich sollte am Donnerstag das Islamforum in Berlin zusammenkommen. Auf der Tagesordnung stand ein Treffen mit hochrangigen Vertretern des Berliner Senats und der Senatsverwaltung. Thema sollte die Gefängnisseelsorge in Berlin sein. Doch jetzt haben die muslimischen Vertreter ihre Teilnahme am Islamforum überraschend abgesagt.

Hintergrund ist die vor knapp zwei Monaten abgesagte Zusammenarbeit der Justizverwaltung mit dem Islamforum für eine muslimische Seelsorge in Gefängnissen. Das Projekt war seit 2011 in Planung, wurde vom Senat finanziert und 28 Seelsorger wurden ausgebildet. Es sollte ursprünglich zum 1. Januar 2013 starten, wurde von Senator Thomas Heilmann (CDU) wegen Sicherheitsbedenken des Verfassungsschutzes jedoch gestoppt.

Nicht mit dem Islamforum

Der Justizsenator hatte in einer schriftlichen Antwort auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Klaus Lederer (Die Linke) im September erklärt, dass Vorhaben für eine Seelsorge für muslimische Insassen könne, nicht wie beabsichtigt mit der „Arbeitsgemeinschaft Muslimische Gefängnisseelsorge e.V.“ umgesetzt werden.

Die Vertreter der Muslime im Islamforum hatten die Arbeitsgemeinschaft gegründet, um einen einheitlichen Ansprechpartner für die Seelsorge anzubieten. Gruppierungen, die vom Verfassungsschutz beobachtet wurden, waren von vornherein von der Teilnahme ausgeschossen worden. Mit dabei waren neben der Islamischen Föderation Berlin auch die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) sowie mehrere kleinere Organisationen, darunter auch das Muslimische Seelsorgetelefon (MUTES).

Heilmann sucht Alternative

Thomas Heilmann erklärte in seiner schriftlichen Antwort: „Durch die Senatsverwaltung für Inneres und Sport wurden einzelne Mitglieder von Organisationen und Vereinen, die sich im Trägerverein zusammengeschlossen haben, unter Sicherheitsgesichtspunkten als problematisch eingeschätzt.“ Als für die Sicherheit in den Justizvollzugsanstalten zuständige Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz habe man sich daher entschlossen, die angestrebte Kooperation mit dem Trägerverein nicht einzugehen.

Der Senator kündigte an, eine Alternative zum Projektvorhaben zu entwickeln. Bis zuletzt hatten die Muslime im Islamforum jedoch gehofft, dass der Senator nach einem persönlichen Gespräch vielleicht seine Meinung ändert. Dafür wollte man den wichtigen Termin am Donnerstag nutzen. Jedoch sagten wichtige Persönlichkeiten die Teilnahme am Islamforum ab. Die Muslime sahen unter diesen Gesichtspunkten keinen Grund mehr, den Termin zum Islamforum wahrzunehmen.

Vertrauen beschädigt

Pınar Çetin, stellvertretende Vorsitzende der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) erklärte zu den Vorgängen: „Hier wurde das in jahrelangem Dialog und Zusammenarbeit aufgebaute Vertrauen zwischen dem Land Berlin und den Berliner Muslimen durch die Entscheidung des Justizsenats auf Grundlage der “Informationen“ der Innenbehörden leichtfertig beschädigt. Nachdem Berlin viele Jahre eine Vorbildfunktion im Bereich der Kooperation zwischen den Muslimen und der Politik hatte, sehen wir diese vielfältige, vertrauensvolle Zusammenarbeit nun ernsthaft gefährdet.“

Und Imran Sagir, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft fordert den Justizsenat auf, gemeinsam eine Deckung des dringenden Bedarfs an muslimischer Gefängnisseelsorge in den Gefängnissen sicherzustellen und sich einer gemeinsamen Lösung nicht länger zu verweigern. „Die Einschätzung des Berliner Verfassungsschutzes ist völlig intransparent und in keiner Weise nachvollziehbar. Weder wurde uns mitgeteilt, um welche Personen es sich handelt, noch wurde gesagt, welche Vorwürfe erhoben werden. Auch ein im Sicherheitsüberprüfungsgesetz festgelegtes Anhörungsrecht wird den betroffenen Personen bisher nicht gewährt. Rechtsstaatlich halten wir dieses Vorgehen für äußerst fragwürdig.“

Betroffene Seelsorger arbeiten bereits

Als völlig unverständlich bewerten die Vertreter der Berliner Muslime die Entscheidung des Justizsenats insbesondere, weil zahlreiche betroffene Gefängnisseelsorger bereits im Rahmen anderer Projekte in Berliner Gefängnissen und in anderen Bundesländern als Trainer bzw. Gruppenleiter aktiv sind.

„Warum sind ‚zentrale Personen‘ des Vereins nach eingehender Überprüfung durch die jeweiligen Sicherheitsbehörden in Gefängnissen tätig, teilweise sogar in sensiblen Bereichen, wenn man nicht überzeugt wäre, dass wir dort gute Arbeit leisten? Wie passt das mit der Einschätzung des Berliner Verfassungsschutzes zusammen, diese Personen seien sicherheitsgefährdend?“ fragt Imran Sagir weiter.

„Alle beteiligten muslimischen Berliner haben der Sicherheitsüberprüfung ohne Zögern zugestimmt. Niemand von uns hat erwartet, dass hier irgendwelche Probleme auftauchen könnten. Schließlich handelt es sich um Menschen, die fast alle seit vielen Jahren die Zusammenarbeit mit der Politik und den Behörden aktiv mitgestalten und im gesellschaftlichen und interreligiösen Dialog sehr engagiert sind.“ schloss Sagir ab.

Verleumdung?

Die Vertreter der Berliner Muslime haben für Donnerstagabend, an dem ursprünglich eine Sitzung des Islamforums anberaumt war, die übrigen Mitglieder des Islamforums zu einer Informationsveranstaltung eingeladen, um sie über die Hintergründe der Absage zu informieren.

Die Arbeitsgemeinschaft kritisierte zudem einen heute (12.11.2013) erschienen Artikel in der Berliner Zeitung über angebliche Extremisten in den Reihen. Dieser sei „verleumderisch und entbehrt jeder Grundlage.“