Koalitionsvertrag in Hessen

Islam und Muslime wichtiges Thema

Der Koalitionsvertrag zwischen Schwarz-Grün in Hessen steht. Ein erster Blick zeigt: Besonders am Herzen der Koalitionäre liegt der Dialog mit den Religionsgemeinschaften und der Ausbau des islamischen Religionsunterrichts. Ein Überblick.

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In Hessen sind die Weichen für die erste schwarz-grüne Koalition in einem Flächenland gelegt. Heute stellte Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) zusammen mit Tarek Al-Wazir (Grüne) den ausgehandelten Koalitionsvertrag vor. Die Grünen müssen dem Vertrag noch zustimmen – dafür warb Al-Wazir bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags. Er selbst werde sein Amt als Vorsitzender der Grünen Partei in Hessen abgeben. Al-Wazir will sich ganz auf seine Aufgabe als Wirtschafts- und Verkehrsminister in Hessen konzentrieren.

Im 108 Seiten langen Koalitionsvertrag werden zahlreiche Themenfelder und Punkte angeschnitten. An unterschiedlichen Stellen, aber auch bei der Präventions- und Extremismusbekämpfung, wird dem Thema Islam und Muslimen Raum gegeben. In Hessen existiert mit der Ahmadiyya-Jamaat zudem eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Darüber hinaus ist der Aufbau von islamischem Religionsunterricht in den vergangenen Jahren vorangetrieben worden. Ansprechpartner ist hier die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB). Weitere muslimische Gemeinschaften bemühen sich um einen konstruktiven Dialog mit der Landesregierung.

Überblick: Islam und Muslime im Koalitionsvertrag

Hessen bekennt sich laut Koalitionsvertrag ausdrücklich zur Achtung und zum Schutz der Freiheit der Religionsausübung. Kirchen, Religionsgemeinschaften und religiöse Vereinigungen böten den Menschen Orientierung und bereicherten das gesellschaftliche Leben und den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Daher wolle man den Dialog mit den Vertretern der christlichen Kirchen, der jüdischen Gemeinschaft und den muslimischen Gemeinden intensivieren. „Friedliches Miteinander, Toleranz und Respekt vor dem Glauben des anderen bilden für uns hierfür die Basis“, heißt es weiter im Koalitionsvertrag. Ausdrücklich wird betont, dass die Menschen muslimischen Glaubens und ihre Religionsgemeinschaften fester Bestandteil Hessens sind. Sie leisteten einen wertvollen Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft.

Interkulturelle Öffnung

Hessen will den öffentlichen Dienst, Polizei und Justiz, Lehre (Schule, Hochschule), Pflege und Betreuung noch stärker interkulturell öffnen. Dazu gehören laut Koalitionsvertrag „Kurse über interkulturelle Kompetenz und eine verstärkte Anwerbung von Menschen mit Migrationshintergrund.“

In diesem Rahmen will Hessen auch mit den Glaubensgemeinschaften in den Dialog treten, um spezifische Bedürfnisse bei der Glaubensausübung im Rahmen des Möglichen auch im Verwaltungshandeln und bei der Gesetzgebung stärker zu berücksichtigen. Als Beispiele werden die seelsorgerische Betreuung von Häftlingen und muslimische Begräbnisse genannt.

Ebenso wolle man dafür werben, bei der Gesundheitsversorgung und Pflege von Menschen verschiedene kulturelle Traditionen stärker zu berücksichtigen.

Mehrsprachigkeit und islamischer Religionsunterricht

Im Koalitionsvertrag ist fest verankert, dass die Mehrsprachigkeit von Kindern als Mehrwert verstanden wird. Herkunftssprachen von Kindern sollen an Schulen gefördert werden. In diesem Rahmen soll auch der islamische Religionsunterricht im Dialog mit den islamischen Religionsgemeinschaften ausgebaut werden. Hessen will die dafür notwendigen Ausbildungskapazitäten an den Hochschulen schaffen.

Den gesamten Koalitionsvertrag können Sie hier herunterladen.

Anerkennung der Jugendarbeit

„In ganz Hessen nimmt die Jugendarbeit der Kirchen und Religionsgemeinschaften einen breiten Raum ein. Wir wollen dieses wertvolle haupt- und ehrenamtliche Engagement weiter fördern und anerkennen.“

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk

Der Rundfunkrat und Verwaltungsrat des Hessischen Rundfunks soll gestärkt werden. Dafür wird auch eine Änderung der Zusammensetzung angestrebt. So sollen künftig mehr Frauen in den Gremien sitzen und auch Vertreter muslimischer Religionsgemeinschaften oder des hessischen Jugendrings aufgenommen werden.

Der Rundfunkrat und der Verwaltungsrat wachen über die Programmgestaltung des Hessischen Rundfunks. Sie können auch Vorgaben zur Berichterstattung über Muslime machen und beispielsweise verlangen, dass je Monat bestimmte zeitliche Vorgaben zu dieser Berichterstattung erfüllt werden.

Feiertage wichtig für Orientierung

„Religiöse Feiertage sind für uns als Ausdruck individueller und gesellschaftlicher Sinnstiftung und Orientierung von hoher Bedeutung“, erklären Schwarz-Grün. Man wolle, dass alle Religionen ihre Feiertage ungestört und in würdigem Rahmen begehen können.

Extremismusbekämpfung

Hessen werde Rechts-, Links- und „islamistischen“ Terrorismus und Extremismus „nachhaltig und entschlossen“ bekämpfen. In dem Koalitionsvertrag heißt es: „Insbesondere dem Rechtsextremismus werden wir durch die Umsetzung der Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses und durch die Ausweitung der Aktivitäten im Rahmen des Landesprogramms IKARUS entgegentreten.“

Darüber hinaus soll das Landespräventionsmodell mit den Komponenten Erstansprache, Elternberatung und Jugendarbeit ausgebaut werden.

Den Gefahren des „Islamismus“, insbesondere des „djihadistischen Salafismus“, werde man durch konsequente Ausreiseverhinderungen und Intensivierung der Präventions- sowie Deradikalisierungsmaßnahmen begegnen. Auch ein Ausbau des bestehenden Beratungsnetzwerkes wird im Koalitionsvertrag als Maßnahme genannt.