Polizeigewalt

Euro­parat kri­ti­siert Deut­sch­land für Vor­gehen bei Gaza-Protesten

Der Europarat wirft Deutschland vor, bei Gaza-Protesten Grundrechte verletzt zu haben. In einem Brief kritisiert der Menschenrechtskommissar Sprachverbote, Polizeigewalt und Überwachung.

19
06
2025
0
Polizei bei Demonstration für Gaza in Berlin
Polizei bei Demonstration für Gaza in Berlin © shutterstock, bearbeitet by iQ.

Der Menschenrechtskommissar des Europarats, Michael O’Flaherty, hat in einem Brief an Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) scharfe Kritik am Vorgehen deutscher Behörden bei Demonstrationen für Gaza geübt.

Die Einschränkungen von Versammlungs- und Meinungsfreiheit insbesondere im Kontext der Gaza-Proteste stünden nicht im Einklang mit den menschenrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands, heißt es in dem am 6. Juni verfassten Brief.

O’Flaherty bezieht sich auf eine Reihe von Vorfällen, insbesondere in Berlin. So sei bei Demonstrationen im Mai – darunter die alljährlichen Nakba-Gedenkveranstaltungen – der Gebrauch arabischer Sprache ebenso untersagt worden wie das Tragen bestimmter kultureller Symbole. Die Polizei habe Proteste beschränkt, Demonstrationen auf stationäre Kundgebungen reduziert, mutmaßlich unverhältnismäßige Gewalt angewendet und in Einzelfällen Minderjährige verletzt. Auch seien Teilnehmende gezielt überwacht und willkürlich kontrolliert worden.

Die Polizei beruft sich regelmäßig auf Parolen, die sie als volksverhetzend oder als Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen einstuft. Besonders umstritten ist der Slogan „From the River to the Sea“. Ob dieser strafbar ist, wird juristisch uneinheitlich bewertet, eine höchstrichterliche Klärung steht aus. Gleichwohl dienen solche Bewertungen häufig als Grundlage für polizeiliches Einschreiten, was nicht selten zu Eskalationen führt.

O’Flaherty verweist auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Meinungsfreiheit gelte gerade auch für unbequeme oder provozierende Äußerungen. Er warnt zudem vor einem Missbrauch der IHRA-Arbeitsdefinition von Antisemitismus, wenn dadurch legitime Israelkritik unterdrückt werde. Deutschland müsse sicherstellen, dass Maßnahmen verhältnismäßig, einzelfallbezogen und diskriminierungsfrei bleiben.