Ampel-Vertrag

„Koalitionsvertrag macht Hoffnung, wirft aber Fragen auf“

Am Mittwoch wurde der Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung veröffentlicht. Für die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş seien die Pläne der neuen Regierung „Licht und Schatten“.

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11
2021
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IGMG-Generalsekretär Bekir Altaş
IGMG-Generalsekretär Bekir Altaş

Der Koalitionsvertrag der sich abzeichnenden Ampel-Regierung wirft laut der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) Schatten auf die anstehende Legislaturperiode, da viele Fragen offen bleiben. Beim Thema Imamausbildung etwa bleibt offen, welchen Weg die Koalition einschlagen will. Die bisherige Bundesregierung hat sich in diesem Bereich mit Konzepten in Eigenregie verfassungsrechtlich auf sehr dünnem Eis bewegt und viel Vertrauen in der muslimischen Bevölkerung verspielt.

„Insofern werden wir den weiteren Weg mit großer Aufmerksamkeit verfolgen und kritisch begleiten“, Zahlreiche positive Ankündigungen, aber auch Fragezeichen und vage Formulierungen in wichtigen Bereichen“, kommentiert Bekir Altaş, IGMG-Generalsekretär, den Koalitionsvertrag der SPD, der Grünen und der FDP in einer Pressemitteilung.

„Aufarbeitung des NSU-Komplexes“

Besondere Aufmerksamkeit verdiene auch die angekündigte Prüfung etwaiger „Ergänzungen des Rechtsstatus von Religionsgemeinschaften“. Alleiniger Maßstab dürfe hier nur die Verfassung und die durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sein. Hier erwarte Altaş die richtigen Anreize an die Adresse der Landesregierungen. Die vieldeutige elastische Formulierung im Koalitionspapier hingegen werfe Fragen auf.

Sehr begrüßenswert sei der Plan der Koalitionsparteien, die „weitere Aufarbeitung des NSU-Komplexes energisch“ vorantreiben zu wollen. Das sei dringend nötig, um verlorenes Vertrauen in den Staat, in seine Institutionen und insbesondere in den Sicherheitsapparat wiederherzustellen. Ähnlich verhalte es sich mit der angekündigten Bekämpfung des Rechtsextremismus, deren Erfolg richtungsweisend für Deutschland sei. Ob der 11. März als nationaler Gedenktag für die Opfer terroristischer Gewalt das richtige Datum für Deutschland sei, dürfe allerdings bezweifelt werden, so Altaş.

Themenkomplex Islamfeindlichkeit

Positiv hervorzuheben seien auch einige Verbesserungen im Bereich der Flüchtlings- und Integrationspolitik. Die Betonung von Menschenrechten und Verbesserungen im aufenthaltsrechtlichen Bereich seien begrüßenswert. In der Flüchtlingspolitik und im Hinblick auf die unmenschlichen Zustände an den europäischen Außengrenzen bleibe laut Altaş vieles allerdings vage. Interpretationsbedürftig bleibt nach Ansicht von Altaş auch Ankündigungen zum Themenkomplex Islamfeindlichkeit. Der angekündigte Schutz von Musliminnen und Muslimen und ihrer Einrichtungen bliebe aus nicht nachvollziehbaren Gründen vergleichsweise ungenau.

Die Berufung eines Anti-Rassismus- und eines Antiziganismus-Beauftragten begrüße Altaş ausdrücklich, frage sich aber, aufgrund welcher Gefahreneinschätzung es in den Plänen der Koalition keinen Beauftragten für antimuslimischen Rassismus gebe.