Hanau

KRM: Politik verharmlost Problem der Islamfeindlichkeit

Nach dem Anschlag in Hanau beklagen muslimische Religionsgemeinschaften eine Islamfeindlichkeit in Deutschland. Auch Vorwürfe wegen Versäumnissen der Politik werden laut.

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02
2020
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Der KRM - Vorstand: Burhan Kesici, Zekeriya Altug und Aiman Mazyek. (v.l.n.r.)
Der KRM - Vorstand: Burhan Kesici, Zekeriya Altuğ und Aiman Mazyek. (v.l.n.r.) © AA

Nach dem rechtsterroristischen Angriff in Hanau hat der Koordinationsrat der Muslime (KRM) die Politik aufgefordert, Maßnahmen gegen Islamfeindlichkeit und antimuslimischen Rassismus in Deutschland zu ergreifen. Dieses Problem müsse endlich anerkannt und dagegen angegangen werden, sagte KRM-Sprecher, Zekeriya Altug, am Freitag in Berlin. Muslimen sei aufgefallen, dass dies auch in den Reden des Bundespräsidenten und des hessischen Ministerpräsidenten in Hanau nicht angesprochen worden sei. Altuğ hätte sich gewünscht, dass bei den Gedenkveranstaltungen in Hanau deutlich benannt worden wäre, dass die Opfer Muslime waren. Es sei zwar gesagt worden, „dass man zusammenstehen möchte, aber nicht mit wem.“

Der KRM betonte, man verlange schon seit Monaten, „gegen die rechte Hetze und gegen Islamfeindlichkeit deutlich Stellung zu beziehen.“ Der Terror bedrohe alle. Die Politik habe das Problem rechter Gewalt unterschätzt. Alle Akteure der Gesellschaft sollten ein Zeichen der Solidarität mit den Opfern rechter Angriffe setzen, mahnte der Zusammenschluss von Türkisch-Islamischer Union DITIB, Zentralrat der Muslime, Islamrat IRD und Kulturzentrenverband VIKZ. „Es ist jetzt die Zeit, zusammenzurücken und zusammenzustehen.“

„Antisemitismus und Islamfeindlichkeit gehen Hand in Hand“

Seit Jahren nähmen die Angriffe auf Moscheen zu, aber die Politik handele nicht, kritisierte Altug. Auch der Attentäter, der im Oktober eine Synagoge in Halle angegriffen hatte, habe ursprünglich eine Moschee im Blick gehabt. „Antisemitismus und Islamfeindlichkeit gehen Hand in Hand“, so Altug. Er unterstütze die Idee der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), eine Expertenkommission einzurichten, so Altug. Diese solle sich mit der Frage beschäftigen, wie Muslimfeindlichkeit in Deutschland besser bekämpft werden könne. Moscheevertreter müssten den Kern eines solchen Gremiums bilden.

Zudem müsse es eine Wohlfahrtsstruktur für Muslime geben. Weiter sollten islamische Theologie und islamischer Religionsunterricht flächendeckend eingeführt werden. Auch müsse der Schutz von Moscheen verbessert werden. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, rief dazu auf, die verschiedenen Formen der Islamfeindlichkeit mit derselben Akribie zu bekämpfen wie den islamistischen Terror.

Seehofer will Moscheen besser schützen

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der sich am Freitag mit muslimischen Vertretern getroffen hatte, betonte, er habe sich mit den Innenministern der Länder auf eine verstärkte Überwachung von „sensiblen Einrichtungen besonders von Moscheen“ zugesagt. „Die Gefährdungslage durch Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus in Deutschland ist extrem hoch“, so der Minister.

Seehofer fand klare Worte: Rechtsextreme, antisemitische und rassistische Thesen, so der Minister, „sind Gift, Gift, das Verwirrung in den Köpfen auslöst und dafür sorgt, dass das Böse hervortritt“. In Richtung AfD sagte Seehofer unter Verweis auf das Zitat des AfD-Fraktionsvorsitzenden Alexander Gauland, Hitler und die Nazis seien nur „ein Vogelschiss in über 1.000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“, es sei genau dieser Nährboden, der die Köpfe verwirre. (KNA/dpa/iQ)