Umra

Mehr als eine „besondere Reise“

Immer mehr muslimische Jugendliche besuchen die gesegneten Stätten des Islams in Mekka und Medina (Saudi-Arabien). Einige Reiseagenturen bieten mittlerweile sogar Programme wie die „Jugend-Umra“ an. Warum der Mittelpunkt der islamischen Welt so viele junge Menschen anzieht, was die „kleine Pilgerfahrt“ ihnen gibt und wie es das Leben zurück in Europa beeinflusst, schreibt Ali Karaca.

28
03
2015
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„Religion ist etwas für alte Menschen.“ Wie oft habe ich diesen Satz in Diskussionsrunden mit Jugendlichen während der Abiturzeit und später während des Studiums gehört. Diese Aussage passt so überhaupt nicht in mein Weltbild, denn der Islam ist universell gültig für jeden Menschen aus jeder Gesellschaftsschicht, jedem Land, für jedes Geschlecht und eben auch für jedes Alter. Gott hat die Menschen nicht erschaffen, damit sie erst im späten Alter nach dem Koran und der Sunna leben, denn niemand weiß, wann das Leben endet. Wir würden ja auch nicht völlig unvorbereitet zur Universität gehen, wenn die Möglichkeit bestünde, dass der Dozent einen Test schreiben lässt.

Die Umra, auch „kleine Pilgerfahrt“ genannt, ist eine Pilgerreise zu den gesegneten Orten in Mekka und Medina. Im Unterschied zur „Hadsch“, oder auch „große Pilgerfahrt“, ist sie freiweillig und kann jederzeit durchgeführt werden. Viele Muslime nutzen deshalb die Ferienzeit, um eine Umra-Reise anzutreten.

Kein gewöhnlicher Urlaub

Es ist sehr erfreulich, einen Trend zu beobachten, der zeigt, dass in den letzten Jahren immer mehr junge Muslime aus Europa die „kleine Pilgerfahrt“ vollziehen. Man könnte sagen, dass die Umra eine Vorbereitung, eine erste Probe für die Pilgerfahrt ist, welche wiederum eine der fünf Säulen des Islams ist.

Die Umra erlaubt es den jungen Pilgern, das Leben des Propheten, die Entstehung und Verbreitung des Islams und die damit verbundenen Schwierigkeiten hautnah nachzuvollziehen und durch Vorträge von Referenten vor Ort zu spüren. Sie ist nicht einfach nur ein „besonderer Urlaub.“

Der Aufenthalt in Saudi-Arabien ist in der Regel in zwei Abschnitte geteilt: zum einen die Umra selbst, welche durch das Einkleiden in zwei weiße Stoffe, die Erklärung der Absicht zur Umra, das siebenmalige Umlaufen der Kaaba (in Mekka), das siebenmalige Gehen zwischen den beiden Hügeln Marwa und Safâ und dem Schneiden der Haare erfüllt wird. Weiterhin gibt es einige besondere Orte, die besucht werden. Zu diesen gehören unter Anderem das Haus in dem der Prophet geboren wurde, das Haus des Prophetengefährten Arkam bin Arkam, in dem die ersten islamischen Gesprächsrunden stattgefunden haben, der Friedhof, in dem viele Prophetengefährten begraben sind, Arafat und der Berg der Barmherzigkeit, die Berge Nur und Sawr, die in der islamischen Geschichte eine bedeutende Rolle spielen.

Der zweite Teil des Aufenthalts findet in Medina (der Stadt des Propheten) statt. Hier befindet sich das Grab des Propheten und seiner engsten Weggefährten Abû Bakr (r) und Umar (r), die erste Moschee in Medina und vieles mehr.

Sowohl die Temperaturen in Saudi-Arabien, als auch die Umstände, unter denen manche Besuche stattfinden (vor allem das Besteigen der Berge), lassen nur ahnen, mit welch großer Mühe, Geduld, Ruhe und Hingebung der Prophet und seine Weggefährten gelebt und gelehrt haben. Man liest es in jeder Biografie des Propheten, mit welchen Schwierigkeiten er konfrontiert wurde, wie er beschimpft, beleidigt und angegriffen wurde und dennoch immer seine Haltung bewahrte und für alle Menschen betete.

Ergebnis einer muslimischen Identität

Dass es immer mehr junge Muslime gibt, die die kleine Pilgerreise antreten, ist das Ergebnis einer gefestigten europäisch-muslimischen Identität und einer gut ausgeprägten islamischen Lebensweise. Religion ist nicht bloß trockene Gebote und Verbote, sondern das Gesamtkonzept zu einem islamischen „Lifestyle“.

Während ich am Flughafen auf meinen Flug nach Medina warte, sehe ich all die jungen Muslime, wie sie gespannt auf den Abflug nach Medina oder Mekka warten. Ich lasse meine ersten zwei Umras Revue passieren und stelle fest, dass es kein vergleichbares Erlebnis im Leben eines jungen Muslims gibt, wie dieses.

Die Umra fördert die Entwicklung von Reife, Ruhe, Geduld, Gelassenheit, vertieft die muslimische Identität eines jungen Menschen und die Verbundenheit zu seinem Propheten und dem Islam. Der Prophet Muhammad (Frieden und Segen sei auf ihm) und sein Leben werden mehr und mehr eine Referenz, ein Leitbild zu gutem, moralischem, vernünftigen und barmherzigen Verhalten. Es hilft der muslimischen Jugend in Europa nach den Maßstäben des Islams Gutes zu gebieten und zu tun.