Bundeswehr

Muslime äußern Sorgen vor Diskriminierung bei Wehrpflicht

Eine aktuelle Studie zeigt: die Rückkehr zur Wehrpflicht stößt bei jungen Muslimen auf Vorbehalte. Diskriminierungserfahrungen und fehlende Zugehörigkeit bremsen die Bereitschaft zum Militärdienst.

05
12
2025
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Wehrpflicht © shutterstock, bearbeitet by iQ
Wehrpflicht © shutterstock, bearbeitet by iQ

Die geplante Wiedereinführung der Wehrpflicht stößt in der Bevölkerung auf ein geteiltes Echo – und bei vielen jungen Muslimen auf besondere Vorbehalte. Eine am Donnerstag veröffentlichte Umfrage des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) zeigt, dass zwar 58 Prozent der Befragten grundsätzlich für die Rückkehr zur Wehrpflicht sind, aber nur ein Bruchteil der tatsächlich Betroffenen bereit wäre, in der Bundeswehr zu dienen. Unter den 18- bis 28-Jährigen sind es lediglich 14 Prozent.

Auffällig sind die Unterschiede zwischen einzelnen Gruppen. Während 36 Prozent der Männer sich einen Dienst an der Waffe vorstellen können, sind es bei den Frauen nur 9 Prozent. Auch nach Migrationsgeschichte variieren die Zustimmungswerte: 26 Prozent der Befragten ohne Migrationshintergrund würden sich für den Wehrdienst melden, aber nur 20 Prozent derjenigen mit eingewanderten Eltern und 14 Prozent der selbst Eingewanderten.

Gerade in dieser Gruppe spielt die Sorge vor Benachteiligung eine Rolle. Ein Viertel der Eingewanderten befürchtet laut DeZIM-Daten Diskriminierung; unter muslimischen Befragten liegt der Anteil mit 35 Prozent besonders hoch. Hintergrund ist auch eine strukturelle Schieflage: Während Christen und Juden im Militär eigene Seelsorger haben, wartet die Bundeswehr seit Jahren auf die Einrichtung eines verlässlichen Imamamts.

Wie stehen Muslime zur Wehrpflicht?

Der Sprecher des Koordinationsrats der Muslime, Ali Mete, mahnt deshalb faire Rahmenbedingungen an. Der Dienst für das Gemeinwesen sei religiös geboten, sagt er, doch müsse die Bundeswehr ein diskriminierungsfreies Umfeld gewährleisten. Dazu gehörten qualifizierte Imame, religiöse Ansprechpartner, Gebetsräume und eine höhere Sensibilität für religiöse Vielfalt.

Auch Familien muslimischer Herkunft äußern, auf Anfrage von IslamiQ, Skepsis gegenüber dem Wehrdienst. Eine dreifache Mutter berichtet: „Seit dem offiziellen Gazakrieg sprechen wir darüber, wie sehr die Bundesregierung nicht unsere politische Meinung vertritt. ‚Mama, ich könnte Deutschland als Soldat*in nie vertreten, egal wohin wir in den Krieg ziehen‘, sagten meine Kinder.“ Sie verweist auf die politischen Erfahrungen ihrer Familie: „Letztes Jahr bin ich als erste Muslima mit Kopftuch in den Gemeinderat gewählt worden – das erste, was die AfD beantragt hat, war ein Kopftuchverbot. Das hat meine Kinder stark geprägt.“ Die Mutter betont: „Man kann ein Land nur verteidigen, wenn man sich zugehörig fühlt.“ Ihre Erfahrung unterstreiche die Bedeutung eines diskriminierungsfreien Umfelds für die Bundeswehr.

Breite Zustimmung findet hingegen das geplante soziale Pflichtjahr. 79 Prozent der Befragten würden ein solches Modell befürworten, bevorzugt in Bereichen wie Umwelt- und Naturschutz oder der Kinder- und Jugendarbeit.

Hintergrund

Der Bundestag gab am Freitagmorgen grünes Licht für die Änderungen des Wehrdienstes. Der Bundesrat soll sich noch vor Weihnachten mit dem Gesetz befassen. Alle jungen Männer und Frauen ab Geburtsjahrgang 2008 werden vom nächsten Jahr an einen Fragebogen zur Person erhalten, der auch die Motivation zum Wehrdienst abfragt. Männer müssen, Frauen können diesen beantworten.

Für alle Männer, die ab dem 1. Januar 2008 geboren wurden, soll dann die Musterung wieder zur Pflicht werden. Praktisch wird sie aber erst später greifen. Der Wehrdienst soll mindestens sechs Monate dauern und mit mindestens 2.600 Euro brutto im Monat bezahlt werden. Zusätzliche Anreize gibt es für längere Verpflichtungen ab zwölf Monaten. (dpa, iQ)