Linke und Grüne fordern Kontrollquittungen gegen Racial Profiling. Befürworter sehen darin mehr Transparenz, die Polizei warnt vor Bürokratie – und selbst eine mögliche Entschuldigung sorgt für Streit.

In Berlin ist eine neue Debatte über mögliche Maßnahmen gegen Racial Profiling durch die Polizei entbrannt. In der siebten Sitzung der Enquetekommission „Für gesellschaftlichen Zusammenhalt, gegen Antisemitismus, Rassismus, Muslimfeindlichkeit und jede Form von Diskriminierung“ im Berliner Abgeordnetenhaus forderten Vertreterinnen und Vertreter der Linken und Grünen die Einführung sogenannter Kontrollquittungen.
Diese sollen von Polizistinnen und Polizisten nach jeder Kontrolle ausgestellt werden und den Grund der Maßnahme dokumentieren. Ziel sei es, mehr Transparenz zu schaffen und diskriminierende Kontrollen – etwa aufgrund von Hautfarbe oder vermeintlicher Herkunft – zu verhindern.
Polizeipräsidentin Barbara Slowik-Meisel äußerte sich jedoch kritisch: Kontrollquittungen seien mit erheblichem Verwaltungsaufwand und hohen Kosten verbunden. Sie verwies auf bestehende Beschwerdemöglichkeiten und betonte, dass Bürgerinnen und Bürger jederzeit die Dienstnummern von Beamtinnen und Beamten erfragen könnten.
Ein Blick nach Bremen zeigt, dass Kontrollquittungen dort bereits seit 2020 existieren – allerdings mit überschaubarer Resonanz. Laut Bremer Senat wurden bis Anfang 2025 lediglich 51 Quittungen ausgestellt, bei Gesamtkosten von rund 186.000 Euro. Das entspricht rund 5800 Euro pro Quittung. CDU-Politiker Burkard Dregger, Mitglied der Berliner Enquetekommission, sprach sogar von bis zu 6500 Euro pro ausgestelltem Beleg. „Ich sehe darin keinen Mehrwert“, sagte Dregger.
Befürworter wie der Frankfurter Rechtswissenschaftler Prof. Tobias Singelstein sehen das anders. Kontrollquittungen seien ein konkretes Mittel gegen Racial Profiling und könnten Vertrauen in die Polizei stärken. Singelstein betonte, dass sie nur dann wirksam seien, wenn sie verpflichtend ausgestellt und mit einer Begründung versehen würden. Menschen, die von Rassismus betroffen seien, erlebten Polizeikontrollen oft „als Stigmatisierung, als Othering, mit psychischen und teils traumatischen Folgen“.
Auch Prof. Maisha-Maureen Auma, ebenfalls Mitglied der Enquetekommission, sprach sich für Kontrollquittungen aus. Sie verwies auf die Bedeutung einer soliden Datenbasis, um Diskriminierung sichtbar zu machen, und zeigte sich irritiert über die starke Ablehnung des Vorschlags. Zudem schlug sie vor, dass sich Polizistinnen und Polizisten künftig entschuldigen sollten, wenn sich jemand durch eine Kontrolle diskriminiert fühlt – ein Vorschlag, den Slowik-Meisel mit Blick auf ein mögliches Schuldeingeständnis skeptisch kommentierte.
Die Enquetekommission tagt seit März 2024 und will bis spätestens Herbst 2026 einen Abschlussbericht vorlegen. Bis dahin soll sie konkrete Empfehlungen für politische Maßnahmen gegen Diskriminierung erarbeiten. Noch ringen die Mitglieder allerdings um gemeinsame Definitionen von Begriffen wie Rassismus oder Antisemitismus – ein Hinweis darauf, wie komplex und umstritten das Thema bleibt.