Brandenburg

2855 Fälle: Rechtsextremismus fast auf Rekordhöhe

Nach einem Rückgang liegt die Zahl der Rechtsextremisten in Brandenburg wieder fast bei Rekordhöhe. Das waren 2860 im Jahr 2021.

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04
2023
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Brandenburg © shutterstock, bearbeitet by islamiQ
Brandenburg © shutterstock, bearbeitet by islamiQ

Der Rechtsextremismus ist in Brandenburg im vergangenen Jahr leicht gewachsen und hat bei der Zahl der Anhänger fast den bisherigen Rekordstand erreicht. „Die größte Bedrohung ging immer und geht immer noch vom Rechtsextremismus aus“, sagte Innenminister Michael Stübgen (CDU) am Mittwoch bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2022 in Potsdam.

Er sehe mit großer Sorge, dass offenbar wachsende Teile der Gesellschaft in einen Hasszustand wegzukippen drohten. Stübgen nannte als Akteure die AfD, das rechtsextremistische Magazin Compact und den Verein Zukunft Heimat. Das Herzstück sei schon aufgrund der Größe die AfD. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe die ganze Szene elektrisiert, sagte Verfassungsschutzchef Jörg Müller. Der Versuch, einen heißen Herbst zu initiieren, sei aber gescheitert.

Der Verfassungsschutz des Landes stufte die AfD Brandenburg 2020 als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein. Die Behörde prüft dies nach eigenen Angaben weiter. „Wir haben nicht hinreichende Belege zur weiteren Hochstufung“, sagte Stübgen. „Wenn wir sie hätten, würden wir es tun.“ Müller sagte, für eine Hochstufung müsse sich ein Verdachtsfall juristisch zu einer Gewissheit verdichtet haben – dafür müsse eine quantitative und qualitative Steigerung belegt werden. Er verwies auch darauf, dass noch zwei Gerichtsverfahren nach Klagen der AfD vor dem Verwaltungsgericht Potsdam liefen.

Rekordwert liegt bei 2860

Die Zahl der Rechtsextremisten in Brandenburg stieg im vergangenen Jahr auf 2855 Menschen, die dieser Szene zugeordnet werden, das sind 25 mehr als 2021. Der Rechtsextremismus bleibt damit der mit Abstand größte Extremismusbereich im Land. Im Jahr 2020 wurden 2860 potenzielle Rechtsextremisten gezählt, das war ein Rekordwert. Die Zahl der Gewaltstraftaten sank um 18 auf 90. In der AfD stuft der Verfassungsschutz 730 Menschen als Rechtsextremisten ein, bei der Jugendorganisation Junge Alternative 90. Der neue JA-Bundesvorsitzende Hannes Gnauck stammt aus Brandenburg.

Bei den Linksextremisten stellte der Verfassungsschutz im vergangenen Jahr einen deutlichen Rückgang um 100 auf 530 Szene-Angehörige fest. Die Zahl gewaltorientierter Autonomer ging um 40 auf 200 zurück. Die Behörde registrierte 29 Gewaltstraftaten, das waren 11 mehr als im Jahr zuvor. Wie im Jahr vorher wurden 210 islamische Extremisten gezählt. Die Zahl sogenannter Reichsbürger und Selbstverwalter liegt laut dem neuen Verfassungsschutzbericht unverändert bei 650. Der Verfassungsschutz hatte vor zunehmenden separatistischen Tendenzen in der rechtsextremen Szene gewarnt und als Beispiel den Fantasie-Staat „Königreich Deutschland“ genannt. Die Organisation versucht, seit 2022 in Lychen eine Genossenschaft zu übernehmen. „Von dieser Szene gehen erhebliche Gefahren aus“, sagte Müller.

Rechtsextremismus ist großes Problem

Der Landesverfassungsschutz sieht Brandenburg wegen mehrerer Bundespolitiker auch als verstärktes potenzielles Angriffsziel für russische Spionage. „Der Bundeskanzler und zwei Bundesministerinnen kommen aus Brandenburg“, sagte der Verfassungsschutzchef mit Blick auf Kanzler Olaf Scholz, Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD). Brandenburg nehme im Bundesvergleich eine Sonderrolle ein. „Wir müssen uns darauf einstellen, Angriffsziel zu sein.“ Stübgen sagte: „Wir haben Belege und Beweise.“ Es gehe um die nationale Sicherheit, deshalb gebe es keine Informationen über Einzelfälle.

Die Gewerkschaft der Polizei Brandenburg erklärte, Rechte und Demokratiefeinde aus der Reichsbürger- und Querdenkerszene blieben in Brandenburg ein großes Problem. Die Grünen-Innenpolitikerin Marie Schäffer sagte, Reichsbürger und Selbstverwalter dürften nicht verharmlost werden. Die Linke-Abgeordnete Andrea Johlige warf Stübgen vor, er trage mit einer Rhetorik nach dem Motto „Das Boot ist voll“ zur Vergiftung der gesellschaftlichen Stimmung bei. Stübgen hatte eine Migrationsbremse gefordert. (dpa, iQ)