"Politischer Islam"

Sind das noch Rechtspopulisten oder schon Truther?

Einige Autoren, Politiker und Journalisten deuten jedes öffentliche Wirken von Muslimen als Zeichen einer islamischen Machtübernahme. Es wird Zeit diese selbsternannten Kritiker des „politischen Islam“ als das zu bezeichnen, was sie sind: Verschwörungstheoretiker.

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11
2020
Politischer Islam
Spielfiguren auf dem Spielfeld © Shutterstock, bearbeitet by iQ

Vielleicht liegt es am allgemeinen Rechtstrend. Vielleicht auch einfach daran, dass Corona für viele Menschen mit der räumlichen auch die geistige Isolation brachte. Aber Deutschland und die Welt scheinen im Verschwörungsfieber zu liegen.

Steckt hinter Covid-19 ein Geheimplan von Software-Milliardär Bill Gates, mittels Mikrochip-Zwangsimpfung die Weltbevölkerung zu kontrollieren? Hat eine Clique kinderschändender Satanisten den US-Demokraten zum Wahlsieg verholfen? Ist der Wendler nicht einfach jemand, der sich ernsthaft Sorgen um die Zukunft des deutschen Volkes macht und zudem richtig gut singen kann?

Keine Theorie scheint derzeit zu absurd, als dass sie im Netz nicht wenigstens ein paar Hunderttausend Anhänger hinter sich versammeln könnte. Aber vor allem ein Verschwörungsmythos hat es in den letzten Monaten zu ungeahnter Popularität gebracht: der vom „politischen Islam“.

Ihre Jünger sitzen in Sicherheitsbehörden, den Redaktionen großer Zeitungen und im österreichischen Kanzleramt

Kaum ein Tag vergeht, ohne dass Politikerinnen, Journalisten oder Buchautorinnen vor der bevorstehenden islamischen Machtübernahme warnen. Anders als im Fall der Covid-Truther treffen sich die Anhänger der Verschwörungstheorie vom „Politischen Islam“ längst nicht mehr nur in Telegram-Gruppen und Internet-Foren.

Ihre Jünger sitzen in Sicherheitsbehörden, den Redaktionen großer Zeitungen und im österreichischen Kanzleramt. Ihre wirren Ansichten verbreiten sie in Gesetzestexten, Leitartikeln und auf Bestsellerlisten. Ihre Manifeste heißen „Politischer Islam: Stresstest für Deutschland“, „Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland“ oder „Alles für Allah – wie der politische Islam unsere Gesellschaft verändert“.

Anders als viele Corona-Mythen hat es Deutschlands populärste Verschwörungstheorie allerdings bisher kaum zu gesellschaftlicher Ächtung geschafft. Dabei sind seine Thesen nicht weniger absurd, als die Vorstellung, Merkel und Gates nutzten die Corona-Krise, um einen Völkermord an der Weltbevölkerung vorzubereiten.

Was dem Osmanen-Heer vor Wien verwehrt blieb, drohen islamische Vereinsvorstände mit interreligiösen Arbeitskreisen zu erreichen

Im Zentrum der angeblichen Islam-Verschwörung: Eine kleine Clique größtenteils ehrenamtliche Verbandsfunktionäre. Die sind in der echten Welt zwar schon damit überfordert, zeitnah nichtssagende Pressemitteilungen zum gerade anstehenden Shitstorm zu veröffentlichen. Doch in der Wahnwelt der „Kritiker des Politischen Islams“ stehen sie kurz vor der Machtübernahme.

Was dem Osmanen-Heer vor Wien und den Terrorbrigaden des IS noch verwehrt blieb, drohen einige islamische Vereinsvorstände mit Konferenzteilnahmen, Pressemitteilungen und interreligiösen Arbeitskreisen zu erreichen. Partner in Crime wie bei jeder Verschwörung: Die Naivität der Mehrheitsgesellschaft, die „die größte Herausforderung unserer Zeit“ (CSU) einfach nicht erkennen will und nur von einer Handvoll Truther vor dem Untergang bewahrt wird.

Mit einer Penetranz, die man sonst nur in Atilla Hildmanns Telegram-Gruppe findet, durchforsten die „Politischer Islam“-Truther jede Veranstaltungseinladung, Stellenbesetzung und Twitter-Mention nach Spuren der Islamisierung: Zu viel Kopftuch auf der Rechtsreferendarin? Zu wenig Kritik an Erdoğan bei der Freitagspredigt? Steht da ein Ditib-Freund auf der Einladung? Und da ein Zentralrat-Redner auf der Demo-Bühne? War da ein Like unter dem Nurmagomedov-Post? Und dort ein Klagen über angebliche „Islamophobie“? Im Zweifel irgendwas mit Muslimbrüdern.

Dabei lassen sich die Jünger des „Politischen Islam“-Mythos auch nicht davon beirren, dass die Verschwörung zur islamischen Machtübernahme bisher wohl die erfolgloseste der Geschichte sein dürfte. Sieht man einmal vom Geheimplan der Nazis ab, von der Rückseite des Mondes aus, doch noch den Krieg zu gewinnen.

Islamische Akteure verweisen darauf, ihnen ginge es weniger um Machtübernahme als um Gleichberechtigung

Trotz mächtiger Verbündeter und einer unterwanderten Gesellschaft scheint die Islamisierung des Abendlandes kaum voranzukommen. Im Gegenteil. Ob Anerkennung als Religionsgemeinschaft, der Bau von Gotteshäusern, eigener bekenntnisorientierter Unterricht oder schlicht das Recht, auf der Straße nicht bespuckt zu werden: Muslimen bleibt nach wie vor vieles verwehrt, was für die meisten anderen Menschen hierzulande selbstverständlich ist. Die gescholtenen islamischen Akteure verweisen deshalb darauf, ihnen ginge es bei ihrem politischen Wirken auch weniger um Machtübernahme als um Gleichberechtigung.

Aber von solchen Taqiyya-Versuchen lassen sich die Schröters, Kurzes und Linnemanns nicht beirren. Stattdessen wissen sie geschickt, die Ängste der Bevölkerung zu bedienen. „Wer die islamistische Bedrohung kleinredet, macht sich mitschuldig am nächsten Terroranschlag!“ lautet ihre Entsprechung zu „Lass dein Kind ruhig impfen, wenn du es zum Autisten machen willst!“ Auch die für erfolgreiche Verschwörungsmythen notwendigen Aussteiger („Islamkritiker“) und Expertinnen (für Ethnologie) haben sie zu bieten.

Achtung: kann Spuren von Realität enthalten

Was ihre Ideologie außerdem attraktiv macht: Nicht alles daran ist erfunden. Auch Flathearther wissen, wie wichtig es ist, Hirngespinste mit Spuren von Realität anzureichern und Außenstehenden so den Eintritt in die Wahnwelt zu erleichtern. Gegner des „politischen Islam“ verweisen gern darauf, dass auch ihr Feindbild auf wissenschaftlichen Füßen steht. Das stimmt. Auch wenn es eher ein Hinkefuß ist.

Auch Politik- und Islamwissenschaftler kennen den „Politischen Islam“. Nicht als Kampfbegriff gegen alles und jeden, sondern als Bezeichnung für politisch-islamische Bewegungen, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert u.a. in Ägypten, Iran und auf der arabischen Halbinsel entstanden. Weite Verbreitung hat der Begriff in der akademischen Welt allerdings ebenso wenig gefunden, wie eine einheitliche Definition. Das liegt auch daran, dass die damals entstehenden Phänomene schon bald zu vielfältig wurden, um unter einen Begriff zu passen: Reformismus und Fundamentalismus, Nationalismus und Pan-Islamismus, arabischer Sozialismus und Salafismus…

Als fasse man das rechtsterroristische Templerorden-Geschwätz Breiviks und die Caritas unter dem Begriff „politisches Christentum“ zusammen

Wer heute nach politischen Bewegungen, Gruppen, Strömungen sucht, deren Ideologie sich auch aus islamischen Überlieferungen speist, der findet so ziemlich alles: von Demokraten bis Despoten, Terroristen bis Friedensprediger, Chauvinisten bis Feministen.

Sie alle unter einen Begriff, ein Feindbild zu vereinen, macht in etwa so viel Sinn als fasse man Anhänger der us-amerikanischen Aryan Nation und südamerikanische Befreiungstheologen, die ugandische Lord‘s Resistance Army und die CDU, das rechtsterroristische Templerorden-Geschwätz Breiviks und die Caritas unter dem Begriff „politisches Christentum“ zusammen.

Die Große Masse der hierzulande beschuldigten Muslime entspricht in dieser Analogie übrigens am ehesten der Kategorie „CDU bis Caritas“. Aber auch den Umstand, dass die meisten vermeintlichen Anhänger des „politischen Islam“ sich nie etwas zu Schulden kommen haben lassen, können Verschwörungsideologen in ihr Wahnbild integrieren.

Muslime haben nur die Wahl: Entweder geben sie zu Islamisten zu sein oder sie bestätigen es durch ihre Leugnung erst recht

Gerade ihre Gesetzestreue mache diese „Legalistischen Islamisten“ so gefährlich, lautet die Antwort, auf die Frage, warum sich viele der beschuldigten islamischen Akteuren auf demokratischen Weg engagieren. Damit haben sich die Anhänger des „Politischen Islam“-Mythos jenes selbstbestätigende System geschaffen, das typisch ist für Verschwörungsideologien. Muslime haben nur die Wahl: Entweder geben sie zu Islamist zu sein oder sie bestätigen es durch ihre Leugnung erst recht.

Vom Weltbild offen rassistischer Islamhasser, die jeden Muslim qua Existenz zum Problem erklären, ist es von dort aus nicht mehr weit. Ohnehin unterscheidet sich die bürgerliche „Kritik am Politischen Islam“ kaum vom „Kampf gegen die Islamisierung“, den Rechtspopulistinnen und Neonazis vorgeben zu bestreiten.

Und auch in der Welt der Verschwörungsmythen muss man nicht lange nach Vorbildern suchen. Von den Jesuiten als vermeintliche Initiatoren der Gegenreformation, über die „jüdischen Bolschewisten“ bis hin zu Atilla Hildmanns Vorstellung, die Rothschilds steckten hinter der Corona-Pandemie: Religiöse Minderheiten zu Akteuren finsterer politischer Machenschaften zu erklären, ist geradezu die Essenz von Verschwörungsideologen. Es wird Zeit, die Anhänger des Mythos vom „Politischen Islam“ auch als solche zu bezeichnen.

Erstveröffentlichung im Blog „Schantall und die SCHARIA“, 13. November 2020. 

Leserkommentare

Vera Praunheim sagt:
Letztlich geht es entscheidend darum, jeglichen religiösen Extremismus zu ächten. Dazu gehören selbstverständlich islamischer Extremismus und Islamfaschismus. Radikalisierte Islamanhänger berufen sich auf das für sie heilige Koran-Buch. Sie werden in der Regel durch politische Aktivitäten und Machtstreben bekannt. Und dann reden wir von einem politischen Islam. Islampopulisten gibt es wohl auch; die sind nicht selten Wegbereiter und Steigbügelhalter von Islamextremisten & Islamradikalen. Ständige Beschwörer von Verschwörungstheorien lenken gerne ab von wahren Sachverhalten und dem Streben nach islamisch determinierter Regierungsmacht.
21.11.20
6:39
Dilaver Çelik sagt:
Wer die Corona-Krise zum Anlass nimmt, gegen den Islam und gegen Muslime zu hetzen und Islamverbände zu dämonisieren, der hat aus der Corona-Krise NICHTS gelernt. Islamfeindlichkeit sowie Anfeindungen gegen Muslime sind Dummheit, sonst nichts.
21.11.20
18:19
Johannes Disch sagt:
Der Autor betreibt einen Block mit dem Titel "Schantall und Scharia", der es sich zur Aufgabe macht, "Islamophobie" zu bekämpfen. In dem Artikel hier wird behauptet, der Begriff "Politischer Islam" wäre nicht genau definiert und hätte in der Wissenschaft kaum Fuß gefasst. Beides ist falsch. Unter dem politischen Islam versteht einen Islam, der diese Religion fundamentalistisch- totalitär interpretiert und eine Gesellschaftsordnung errichten will, die den Islam und die Scharia zum Kern der Ordnung machen, um es kurz zu fassen. Ein anderer Begriff für den Politischen Islam ist "Islamismus." Und in der Wissenschaft ist "Islamismus" längst ein Begriff, der sich bewährt hat. Im fünfbändigen Standardwerk "Fundamentalism Project" (Chicago University Press) von 1995 wird der Begriff bereits verwendet, um den fundamentalistischen Islam zu kennzeichnen. Die Musik zu dem Thema-- gemeint sind die Fachpublikationen-- spielt halt an US-Universitäten. Und nicht in Jena. Und erst recht nicht in Damaskus.
21.11.20
19:18
Jones sagt:
Sehr guter Artikel! Gut geschrieben und auf den Punkt gefasst! Genau, diese Leute könnte man jetzt eigentlich auch als Verschwörungstheoretiker bezeichnen. Sehr guter Denkansatz, danke für den guten Artikel Mit freundlichen Grüßen, J. B.
21.11.20
20:39
grege sagt:
Erdowahn hat ja den Begriff des politischen Islams mit Leben gefüllt, so dass die Vorwürfe von definitorischen Schwächen ins Leere greifen. Zudem ist wieder einmal die typische Doppelmoral bestimmter Islamprotagonisten absehbar, wonach extremistische Tendenzen unter Nichtmuslimen über und über thematisiert werden, während selbiges unter Muslimen als Verleumdung und Verschörungstheorie pauschal gehandhabt wird. So schafft man sich seine Opfermythen
27.11.20
17:28
Neu15 sagt:
Es wäre schlichtweg falsch 1:1 die Definitionen zum Thema Islamismus aus einer amerikanischen Uni zu übernehmen. Es ist angebracht die "Musik" zum Thema aus wissenschaftlichen Quellen und von den Universitäten aus Europa zu verwenden und sich damit auseinanderzusetzen. Ja, die Aufgabe ist undankbar, nein es kann nicht funktionieren sich auch bei dem Thema an Amerika zu orientieren. Politischer Islam, Islamismus, radikaler Islam wird nach wie vor von jedem Protagonisten frei Schnauze definiert. Wäre doch schön wenn religiöser Extremismus jeglicher Art gesellschaftlich geächtet wird. Der Rest sollte Sache der Strafgesetzgebung sein
03.12.20
18:35
Johannes Disch sagt:
Der Autor dieses Artikels verharmlost die Tendenz zur Islamisierung in sträflicher Weise. Man muss nicht die apokalyptischen Visionen gewisser Verschwörungstheoretiker übernehmen. Aber die Gefahr einer schleichenden Islamisierung besteht durchaus. Und sie wird durch die konservativ-reaktionären Islamverbände forciert. Subtile Islamisierung zeigt sich dadurch, dass versucht wird, immer mehr islamische Traditionen im Alltag durchzusetzen, alles unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit. Dazu gehören der Gebetsteppich/der Gebetsraum in Schule und Universität, das Kopftuch in Amtsstuben, der Nikab am Steuer, etc. Das alles wird fleißig eingeklagt, ermuntert durch die Verbände. Und in gewissen Gremien sitzen Leute, die fragwürdige Ansichten haben. Nehmen wir Sawsan Chebli, Staatssekretärin in Berlin. Die Dame war von 2010 bis 2014 "Grundsatzreferentin für interkulturelle Angelegenheiten." -- "Demokratie und Scharia sind miteinander vereinbar", so der denkwürdige Satz von Sawsan Chebli. Nein. Sind sie ben nicht. Ähnlich hat sich auch schon Aiman Mazyek geäußert, Vorsitzender de ZMD. Das zeigt, dass die Gefahr einer subtilen Islamisierung keineswegs aus der Luft gegriffen ist und dass an gewissen Schaltstellen Leute sitzen, die bedenkliche Ansichten äußern. Und diese Ansichten sollten nicht in die Tat umgesetzt werden. Glücklicherweise bescheiden deutsche Gerichte viele dieser Ansinnen negativ, beispielsweise die Vollverschleierung am Steuer.
07.12.20
9:45
Tarik sagt:
"Und in gewissen Gremien sitzen Leute, die fragwürdige Ansichten haben. Nehmen wir Sawsan Chebli, Staatssekretärin in Berlin. Die Dame war von 2010 bis 2014 "Grundsatzreferentin für interkulturelle Angelegenheiten." -- "Demokratie und Scharia sind miteinander vereinbar", so der denkwürdige Satz von Sawsan Chebli. Nein. Sind sie ben nicht." Damit belegen sie eindrucksvoll das, was ich hier an mehreren Stellen bereits erwähnt habe (neuer, softer Totalitarismus). Jeder gläubige Muslim, der über Wissen verfügt, wird für die Scharia sein. Das erklärt übrigens auch, wie Studienergebnisse bzgl. "steigendem Fundamentalismus" zustande kommen. Nicht-muslimische Soziologen - erst recht, wenn sie durch islamkritische Ansichten bekannt und somit voreingenommen sind - definieren Begriffe nach ihrem Gusto. Dabei verstehen bsp. Sie unter der Scharia lediglich ein "archaisches (und somit westlichen Werten) zuwiderlaufendes System". Was es eben nicht ist. Wer - statt akademischen Wälzern, die das westliche wie islamistische Narrativ eindrucksvoll widerlegen - lieber auf Kurzvideos von Akademikern, die zu dem Thema publiziert haben, interessiert ist: "Was ist Scharia Andrew March" (youtube), 6 minuten. Die Scharia gebietet, dass sich Muslime in nichtmuslimischen Gesellschaften an geltendes Recht zu halten haben. Und wenn gläubige Muslime den Islam so verstehen, dass es keinen Widerspruch zwischen Islam und Demokratie gebe, dann ist es ihre legitime Interpretation. Einem nicht-muslimischen Soziologen mit oberflächlichem Halbwissen steht es schlecht zu Gesicht, hier einschreitend "belehren" zu wollen, "Nein, das ist aber nicht der Islam". Religion war und ist immer das, was die Menschen daraus machen. Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist es, sich von den alten Diskursen zu verabschieden und dazu gehört es, dass es die Muslime sind, die die Deutungshoheit über ihre eigenen Begriffe haben. Statt sich also als Gesinnungspolizei zu betätigen, und Menschen aus für sie unliebsamen Sätzen (unliebsam, weil sie dem eigenen Gedankenkonstrukt und Verständnis von Begriffen zuwiderlaufen) zu versuchen, einen Fallstrick zu drehen. Wer überall eine schleichende Unterwandung des politischen Islams sehen will, wird sie sehen.
09.12.20
13:03
Johannes Disch sagt:
@Tarik (09.12.2020, 13:03) -- "Jeder gläubige Muslim, der über Wissen verfügt, wird für die Scharia sein." (Tarik) Dann hat dieser Muslim ein recht bescheidenes Wissen über seine Religion und ein noch bescheideneres Wissen über die Normen und Werte westlicher Gesellschaften und über die Beschaffenheit des säkularen Rechts. Oder er täuscht bewusst. Die Scharia ist ein postkoranisches Konstrukt und fällt nicht unter Religionsfreiheit. Scharia-Recht ist nicht mit säkularem Recht vereinbar. Es gibt 5 Essentilas des Islam, die für alle Muslime verbindlich sind, die "5 Säulen des Islam", als da wären: a) Die Schahda (das Glaubensbekenntnis) b) die Gebete c) Das Zakat (das Almosen), d) Der Ramadan e) Die Hadsch (Pilgerfahrt) nach Mekka. Und damit hat es sich auch schon mit der Religionsfreiheit. Wie man sieht, befindet sich das Kopftuch nicht unter diesen 5 Säulen, fällt also auch nicht unter Religionsfreiheit. Und diese 5 Essentials sind in den Demokratien der westlichen Welt für Muslime verbürgt, ergo wird auch niemand unterdrückt oder in seiner Religionsfreiheit eingeschränkt. Alle anderen islamischen Taditionen (Kopftuch, etc.) werden im Diskurs verhandelt, und genehmigt-- oder auch nicht.
10.12.20
12:58
Johannes Disch sagt:
@Tarik (09.12.2020, 13:03) Es ist völlig wurscht, ob ein Soziologe Muslim ist oder Jude oder Christ oder Atheist. Entscheidend ist, dass er sein (wissenschaftliches) Handwerk versteht. Man muss nicht Muslim sein, um den Islam wissenschaftlich zu untersuchen und bewerten zu können, ebenso wenig wie man Jude sein muss, um profund über das Judentum zu forschen und zu belastbaren Resultaten zu kommen. -- "Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist es,...dass es Muslime sind, die die Deutungshoheit über ihre eigenen Begriffe haben." (Tarik) Ja ja, nur ein Muslim kann den Islam wirklich verstehen.... Übertragen wir diesen Taschenspielertrick doch einmal auf andere Weltanschauungen, beispielsweise auf den Marxismus. -- Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist es...dass Marxisten die Deutungshoheit über ihre eigenen Begriffe haben. Wo kämen wir denn hin, wenn ein nicht-marxistischer Soziologe mit oberflächlichem Halbwissen sich erdreisten dürfte, den Marxismus zu kritisieren. Nur ein Marxist kann den Marxismus wirklich verstehen. Oder übertragen wir es auf den Rechtsextremismus oder die verwandten Spielarten Rechtspopulismus und völkischen Nationalismus: -- Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist es...dass Rechtsextremisten/Rechtspopulisten und Völkisch-Nationale die Deutungshoheit über ihre eigenen Begriffe haben. Wo kämen denn hin, wenn ein Nicht-Völkisch-Nationaler/ein Nicht-Rechtsextremist mit oberflächlichem Halbwissen den Rechtspopulismus/Rechtsextremismus kritisieren würde. Nur ein Rechtsextremist kann den Rechtsextremismus wirklich verstehen...
10.12.20
21:21
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