Berlin

Prozess wegen Beleidigung von Chebli – Angeklagter freigesprochen

Die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli wird immer wieder Ziel von Anfeindungen und Mordrohungen. Gegen ein Youtube-Video geht sie vor. Doch das Gericht sieht es anders.

28
02
2020
Sawsan Chebli - Morddrohung
Sawsan Chebli © Facebook, bearbeitet by iQ.

Die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) muss ein Youtube-Video, in dem sie als „Quotenmigrantin der SPD“ und „islamische Sprechpuppe“ bezeichnet wird, nach einem Gerichtsurteil hinnehmen. Die Äußerungen seien im Kontext von der Meinungsfreiheit gedeckt und nicht strafbar, entschied das Amtsgericht Berlin-Tiergarten am Donnerstag. Damit wurde ein 46 Jahre alter Ex-Polizist vom Vorwurf der Beleidigung freigesprochen. Der Staatsanwalt, der eine Strafe von sechs Monaten Haft auf Bewährung sowie eine Geldauflage von 3000 Euro verlangt hatte, kündigte Rechtsmittel an. Auch Chebli will gegen das Urteil vorgehen.

Die Staatssekretärin für Bürgerliches Engagement und Internationales hat palästinensische Wurzeln. Kürzlich hatte Chebli eine Morddrohung von mutmaßlichen Rechtsextremisten gegen sich öffentlich gemacht. Die 41-Jährige erhebt immer wieder ihre Stimme gegen Rassismus und Intoleranz und für eine offene Gesellschaft. Sie war zum Prozess nicht als Zeugin geladen.

Chebli kritisierte das Urteil. Es sei eine „bittere Nachricht für alle, die sich tagtäglich für unsere Demokratie stark machen, für alle, die von Hass und Hetze betroffen sind, für alle, die von Rassisten beleidigt, bedroht und angegriffen werden“, teilte die SPD-Politikerin mit. Sie werde ihre Stimme weiter laut erheben.

Anklage: „Wir haben es mit Hasskriminalität zu tun“

Der Richter sagte im Urteil, Kernfrage sei – wie so oft – die „Grenzziehung zwischen Meinungsfreiheit und unzulässiger Herabsetzung“. Die Äußerung „Quotenmigrantin der SPD“ könne zwar als unverschämt oder kränkend empfunden werden, sei aber „unproblematisch zulässig“. Durch die Bezeichnung „islamische Sprechpuppe“ werde die Politikerin zwar „hart getroffen“, sie liege aber im Kontext des veröffentlichten Videos „haarscharf auf der Grenze des Zulässigen“.

Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer die Äußerungen des Mannes als massiv abwertend und rassistisch eingeschätzt. Es sei um bewusste Diffamierung und nicht um politischen Diskurs gegangen. „Wir haben es mit Hasskriminalität zu tun“, so der Ankläger. Dem Angeklagten sei es dabei auch um wirtschaftliche Motive gegangen – „im Internet zählen die Klicks“.

Der Richter dagegen sah keine strafbare Beleidigung. Chebli als Politikerin stehe in der Öffentlichkeit. Nach höchstrichterlichen Entscheidungen „dürfen Meinungsäußerungen scharf formuliert sein“. Es sei allerdings eine Einzelfallentscheidung.

Angeklagter wollte Chebli die Stirn bieten

Der vorbestrafte 46-Jährige, der in Nordrhein-Westfalen lebt und sich im Prozess als konservativ-bürgerlicher Buchautor und Betreiber einer Nachrichtenplattform bezeichnete, wies in dem eintägigen Prozess die Vorwürfe zurück. Weil Chebli polarisierend in der Öffentlichkeit auftrete, habe er ihr Paroli bieten wollen. Es sei kein Hass gewesen. Etwa 80 Zuschauer waren zum Gerichtstermin erschienen – mit Deutschlandfahnen und protestierend, als im Gerichtssaal nur für zwanzig Zuschauer Platz war. Das Urteil nahmen sie mit Jubel auf.

Mit dem Urteil ist auch ein Strafbefehl gegen den Mann hinfällig. Er war im November 2019 zunächst zu einer Geldstrafe von 1500 Euro (50 Tagessätze zu je 30 Euro) verurteilt worden. Dagegen hatte er Einspruch eingelegt.

Leserkommentare

Ethiker sagt:
Zum einen kommt es äußerst selten vor, dass eine Muslima oder ein Muslim sich gerichtlich zur Wehr setzt. Zum anderen ist es Usus Muslimen ihr Recht einzuschränken. Würden alle Muslime Recht bekommen hätte das verehrende Folgen: 1. Es würde eine Vielzahl von Menschen konsequent bestrafen. 2. Das könnte zu weiten Gegenreaktionen führen die weitere Taten zu Folge hätten 3. Das Vertrauen in eine Justiz, das seine Legitimation und Gesinnung aus dem Volk erhält, erscheint dann fragil 4. Das gerechte und umfängliche Sanktionieren kann Sanktionierungen in sich unterminieren. 5. Das gilt nicht für die Sanktionierung von Minderheiten 6. Das führt letztendlich zu Zuschreibungen, sodass Punkt eins verhindert wird. 7. Das Selbstbild wird dadurch im Nationalstaat gefördert und normiert, Etc.
28.02.20
18:16
Johannes Disch sagt:
Nicht despektierliche Äußerung ist gleich Hasskriminalität. Sawsan Chebli ist eine etwas zart besaitete Dame, die in jeder Äußerung von männlicher Seite Sexismus wittert. Sawsan Chebli wollte uns auch schon verkaufen, dass die Scharia mit der Demokratie kompatibel wäre.
28.02.20
18:17
Johannes Disch sagt:
Sawsan Cebli glaubt, ihr Twitter-Account sei privat. Ein Irrtum. Sie postete dort auch dienstliches und teilt es. Seit Jahren arbeitet sich dieser Blogger an Sawsan Chebli ab. Und Sawsan Chebli begeht seit Jahren den Fehler, auf den Mann zu reagieren. Sie sollte sich-- und vor allem das Netz-- etwas weniger wichtig nehmen.
28.02.20
20:02
Johannes Disch sagt:
Manchmal macht man seine Gegner stärker, wenn man sie bekämpft. Das ist hier der Fall. Internet-Pöblern nimmt am besten mit Ignoranz den Wind aus den Segeln. Dann wird ihnen schnell langweilig. Das Gericht hat festgestellt, dass die Äußerungen zwar respektlos, aber noch von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. Andere Politiker erwischt es in der Tat noch schlimmer, und auch das ist von der Meinungsfreiheit gedeckt. So durfte die Satire-Sendung "Extra 3" die AfD-Frau Alice Weidel als "Nazi-Schlampe" bezeichnen. Auch das sah das Gericht von der Meinungsfreiheit gedeckt. Und "Nazi-Schlampe" ist sicher noch um einiges deftiger, als "Quotenmigrantin" und "islamisches Sprechrohr." Die beiden Begriffe mögen nicht besonders intelligent sein. Aber beleidigend? Jedenfalls nicht so beleidigend, dass man dafür unbedingt die Meinungsfreiheit einschränken müsste. "Eine Niederlage für die Demokratie" ist dieses Urteil, laut Sawsan Chebli. Geht es vielleicht eine Nummer kleiner? Könnte sich die Dame in Zukunft vielleicht etwas weniger wichtig nehmen? Sie kann natürlich auch das Risiko in Kauf nehmen, dass sich der Pöbler Tim K. bis vor das Bundesverfassungsgericht klagt und dort ein Urteil zugunsten der Meinungsfreiheit bekommt. Das wäre dann eine krachende und endgültige Niederlage! Nicht für die Demokratie. Aber für Sawsan Chebli. Wie gesagt, etwas mehr Entspanntheit würde Sawsan Chebli gut zu Gesicht stehen.
01.03.20
14:05
Harousch sagt:
Bei allem nötigen Respekt vor Frau Chebli frage ich mich, wieso solch eine Lappalie überhaupt so eine mediale Aufmerksamkeit bekommt, während Millionen von Menschen tagtäglich Opfer von derbster Diskriminierung und Islamfeindlichkeit oder eine andere Art von Gehässigkeit werden? Wenn unser einer von irgendwelchen Nazikindern verfolgt oder beschimpft wird, dann wird die Anzeige erst garnicht aufgenommen. Nur weil Frau Chebli als Püppchen bezeichnet wurde, kommt es zu einer Gerichtsverhandlung? Sorry, aber es gibt sicherlich schwerwiegendere Fälle. Der Täter jedoch ein bereits bekannter Kriimineller sollte jedoch unbedingt weiter observiert werden. Herr Disch Ihre Demokratie hat uns NPD, NSDAP, das Naziregime und weiteres Übel bereits beschert, also sollten Sie mal wirklich überlegen, ob es nicht an der Zeit wäre sich über andere Staatsformen Gedanken zu machen, die weniger anfällig sind für destruktive Strömungen innerhalb des geschlossenen Systems. Die Scharia als islamisches Konstrukt für Rechtsgrundsätze ist ein Vorläufer der Demokratie, wie alle anderen Rechtsformen der Menschheitsgeschichte, ohne jene die das heutige Verständnis von Demokratie erst überhaupt ermöglicht wurde. ....Kausalitätsprinzip usw.... Der Vergleich kommt dem Vergleich zwischen Indianer Rauchzeichen und E-Mail-Verkehr gleich... Sie machen denselben Fehler mittlerweile wie viele Menschen ohne historische Kenntnisse... So kennen wir Sie nicht!
01.03.20
19:57
Johannes Disch sagt:
@Harousch (01.03.2020, 19:57) -- "Ihre Demokratie hat uns NPD, NSDAP und das Naziregime und weiteres Übel bereits beschert..." (Harousch) Da bringen Sie historisch aber einiges durcheinander.
02.03.20
13:29
grege sagt:
Die Demokratie ist immerhin so attraktiv, dass wieder tausende von Muslimen etwa nicht in islamischen Ländern bleiben wollen, sondern ihren Weg wieder einmal ins demokratische Mitteleuropa suchen. Ich wünschte, mein Vorredner hätte Recht und Muslime würden in Schare z.b. in die islamische Republik mit ihrer wundervollen Scharia einwandern........
02.03.20
17:42
Johannes Disch sagt:
@Harousch (01.03.2020, 19:57) So so, die Scharia ist ein Vorläufer der Demokratie (Harousch)...--- DER war gut! Schade, dass Fasching gerade vorbei ist. Denn damit kämen sie in die Bütt.
02.03.20
20:07
grege sagt:
@ Herr Disch Der Widersacher hat scheinbar sehr genau über den bestehenden Rechtsrahmen ausgereizt, aber trotz sonstiger extremer Gesinnung hat dieser Bursche zumindest im Wortlaut keine hetzerischen Aussagen von sich gegeben. Mich wundert, dass die Staatsanswaltschaft trotz dieser dürftigen Faktenlage Anklage erhoben hat.
02.03.20
20:37
grege sagt:
ich meinte in meinem um 17:42 geposteten Beitrag die islamische Republik Iran, die nach ihrem Selbstverständnis die Scharia eingeführt hat. Dann müsste sich dort doch das Paradies auf Erden befinden, nur komisch, dass andere schariaaffinen Staaten wie Saudi Arabien gegen den Iran in einer Art Stellvertreterkrieg mit tausenden von Toten verwickelt sind. Wieder einmal glorifizieren einige Muslime einen Begriff, für den es kein präsentables Praxisbeispiel gibt.........
02.03.20
20:42
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