Sachsen-Anhalt

Starker Anstieg bei rechtsextremen Gewalttaten

Die Polizei verzeichnet einen extremen Anstieg rechtsextremer Straftaten in Sachsen-Anhalt.

23
03
2017
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Rechtsextremismus, Feindeslisten, Neonazi, Verfassungsschutz
Symbolbild: Rechtextremismus © by Matthias Liffers auf Flickr (CC BY 2.0), bearbeitet islamiQ

In Sachsen-Anhalt sind so viele Gewalttaten aus politischen Motiven begangen worden wie seit zehn Jahren nicht. Die Zahl der Fälle stieg im vergangenen Jahr um zehn Prozent auf 220, wie das Innenministerium am Mittwoch in Magdeburg mitteilte. Der Anstieg gehe ausschließlich auf mehr rechtsextreme Taten zurück, sagte der Referent für Kriminalitätsbekämpfung, Sirko Eckert. Mit 149 Taten wurden von rechts ein Drittel mehr begangen als im Vorjahr. Bei den linksextremen Gewalttaten gab es hingegen einen leichten Rückgang.

Besonders gravierend sei die Entwicklung bei den versuchten Tötungsdelikten. Mit sechs registrierten Fällen seien hier in etwa so viele registriert worden wie in den Jahren 2006 bis 2015 zusammen. Bei fünf Fällen gab es ein rechtsextremes Motiv. So hatten etwa zwei junge Männer einen Pakistaner im Sommer vergangenen Jahres am Bahnhof in Zerbst mit Schlägen und Tritten auf das Gleisbett getrieben. Die Täter ließen erst kurz vor dem Eintreffen eines Zuges von ihrem Opfer ab, das sich nur mit Glück in Sicherheit bringen konnte. Die beiden 20 und 23 Jahre alten Angreifer wurden am Dienstag zu Haftstrafen zwischen vier und sechseinhalb Jahren verurteilt.

Auch die eskalierte Zwangsräumung in Reuden (Burgenlandkreis) im August vergangenen Jahres zählt zu den versuchten Tötungsdelikten mit politischer Motivation. Ein sogenannter Reichsbürger hatte sich eine Schießerei mit Beamten des Spezialeinsatzkommandos geliefert, mehrere Beamten verletzt und war dabei selbst schwer verletzt worden.

Insgesamt bleibt rechtsextreme Kriminalität ein Schwerpunkt in Sachsen-Anhalt. Zwei Drittel aller politisch motivierten Fälle ordneten die Ermittler rechten Tätern zu. Dabei falle jedoch ein Großteil unter Propagandadelikte wie Schmierereien und rechte Parolen, sagte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU). Abzüglich dieser Delikte gebe es jedoch immer noch zweieinhalb Mal so viele rechtsextreme Fälle wie linksextreme. Bei den linken Straftaten wurde ein leichter Anstieg auf 280 Fälle verzeichnet.

Insgesamt stieg die Zahl der politisch motivierten Straftaten auf ein neues Zehn-Jahres-Hoch von 2460 Delikten. Das sind 14 Prozent oder knapp 300 Fälle mehr als noch 2015. Der Anstieg sei im Wesentlichen mit dem Landtagswahlkampf im vergangenen Jahr zu erklären, hieß es. Hier seien mehrere hundert Fälle mit zerstörten, gestohlenen und beschädigten Wahlplakaten erfasst worden.

Der Innenexperte der SPD-Fraktion, Rüdiger Erben, sieht die Entwicklung, ähnlich wie Minister Stahlknecht, auch durch eine Verrohung der Sprache in den Sozialen Netzwerken befeuert. „Das Ganze ist der Nährboden, auf dem die Gewalt auf den Straßen wächst“, sagte Erben. Diese Verrohung müsse eingedämmt werden. Das sei nicht nur Aufgabe der Sicherheitsbehörden.(dpa/iQ)