Niedersachsen

Politik streitet um verschleierte Schülerin

In Deutschland wird seit Monaten über ein Verbot von Voll- und Gesichtsschleier diskutiert. In Niedersachsen trägt eine Schülern einen Nikab – was auch den Landtag beschäftigt.

18
01
2017
Symbild: Rasse, Landtag, Rechtsextremisten, Niedersachsen© Foto: Nds. Landtag bearbeitet IslamiQ
Symbild: Rasse, Rechtsextremisten, Landtag Niedersachsen© Foto: Nds. Landtag bearbeitet IslamiQ

Wie sie aussieht, wissen ihre Familie und ihre Freundinnen, aber sonst kaum jemand. Eine Schülerin, die die zehnte Klasse einer Oberschule in Belm bei Osnabrück besucht, ist dennoch seit dem Herbst Gegenstand politischen Streites in Niedersachsen. Denn das Mädchen trägt seit dem siebten Schuljahr einen Nikab – einen Gesichtsschleier, der nur die Augen frei lässt. Die Schule hat bislang vergeblich versucht, Schülerin und Eltern davon zu überzeugen, den Schleier abzulegen.

Nachdem der Fall im Herbst bekannt wurde, zeigte sich die Opposition im niedersächsischen Landtag empört. Die CDU-Fraktion warf Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SDP) in der Sache „Nichtstun“ vor und forderte sogar eine Anklage gegen sie wegen vorsätzlicher Verletzung ihres Amtseides. Angefeuert hat die Debatte noch, als bekannt wurde, dass die Familie der 16-Jährigen vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Was soll das Kultusministerium in diesem Fall tun, bei dem zwei vom Grundgesetz garantierte Rechte aufeinandertreffen? Denn einerseits ist die Religionsfreiheit in Artikel vier des Grundgesetzes garantiert. Auf der anderen Seite steht der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule, der in Artikel sieben des Grundgesetzes verankert ist.

Nikab verhindert die Kommunikation

Der Vollschleier ermöglicht nicht mehr die offene Kommunikation im Unterricht. Aus Sicht der Pädagogik ist nicht nur das gesprochene Wort wichtig, sondern auch nonverbale Elemente wie die Körpersprache. Auch die Identifizierung der Schülerin, etwa bei Prüfungen, ist schwierig.

Alle Überzeugungsversuche haben bislang nichts gefruchtet. Bei dem Mädchen handele es sich um eine Ausnahme, und ihr Verhalten werde lediglich geduldet, um ihr den Schulabschluss in diesem Frühjahr zu ermöglichen, hatte Heiligenstadt im November im Landtag erklärt.

Das Mädchen sei gut integriert, es habe freundschaftliche Beziehungen zu anderen Schülerinnen. Der Nikab werde abgenommen, wenn keine männlichen Personen anwesend seien, heißt es aus dem Kultusministerium. Bisher sei es aufgrund der Vollverschleierung nicht zu Störungen des Schulfriedens gekommen. Die Vielzahl von Medienanfragen sei aber belastend für die Schule.

Kein Grund für eine Staatsaffäre

Wenn es keine Probleme in der Schule gebe – warum werde der Fall dann zum Problem gemacht, fragt Werner Schiffauer, Professor für vergleichende Kultur- und Sozialanthropologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. Das Anlegen des Nikab könne auch seinen Grund in der Pubertät des Mädchens haben. „Aus pädagogischen Gründen halte ich das nicht für sinnvoll, daraus eine Staatsaffäre zu machen“, sagt Schiffauer. „In diesem Fall erhöht man den Druck auf das Mädchen, und das führt oft zu einer Radikalisierung.“ Er würde zu einem „weichen Kurs“ raten und das Mädchen nicht unter Druck setzen, was sie weiter von der Gesellschaft entfremde.

Die Diskussion in Niedersachsen ist eingebettet in einen europaweiten Streit um den Umgang mit Kopftuch und Verschleierung. In Frankreich ist das Tragen der Burka verboten, im Sommer wurde dort heftig um ein Verbot der Badebekleidung Burkini gestritten. Norwegen will den Nikab aus Schulen und Universitäten verbannen, auch die Niederlande wollen Nikab und Burka verbieten. Die Bundesregierung plant ein Verschleierungsverbot für Beamte, die CDU in Niedersachsen will Kopftuch und Schleier in Gerichten verbieten lassen, auch die CSU will Verschleierungen untersagen.

„Man kann nicht alles verbieten“

Die islamische Theologin Silvia Horsch von der Universität Osnabrück sieht in dieser Debatte eine „Symbolpolitik“: Von den muslimischen Frauen trüge nur eine Minderheit ein Kopftuch, und davon sei es wiederum eine verschwindend kleine Minderheit, die einen Gesichtsschleier anlege. „Verbote werden breit diskutiert, weil es Ängste in der Bevölkerung vor einer Islamisierung gibt“, vermutet Horsch. Problematisch sei, dass Dinge verboten werden sollen, die als Symbole des muslimischen Glaubens wahrgenommen werden. Das werde von den Betroffenen durchaus als Ablehnung des Islam interpretiert. Die Burka- und Nikab-Debatte könnte daher zu einer weiteren Radikalisierung beitragen.

Eine kleine Zahl vollverschleierter Frauen auf den Straßen sei für die Gesellschaft zu verkraften, sagt Horsch: „Man kann nicht alles verbieten lassen, was einem nicht gefällt – da müsste die Gesellschaft auch in der Lage sein, ein paar Unterschiede auszuhalten.“ (dpa, iQ)

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Religionsfreiheit bedeutet nicht Narrenfreiheit. Öffentliche Vermummung - ganz egal ob religiös motiviert - ist zu verbieten. Es ist für das gesellschaftliche Zusammenleben nicht hinnehmbar, dass Menschen nicht identifizierbar sind. Warum ist die Politik da so zögerlich? Gar nicht verstehen kann ich, weshalb sich die linken Parteien so anbiedernd verhalten. Im Mittelalter war man diesbezüglich schon weiter. Die öffentlichen Selbstauspeitschungen der Flagellanten, die sich davon Gottes Gnade versprachen, wurden damals schon zum Schutz der öffentlichen Ordnung untersagt.
18.01.17
19:41
Kritika sagt:
L.S. Eine "islamische Theologin*" , Sylva Horsch, sagt: Problematisch sei, dass Dinge verboten werden sollen, die als Symbole des muslimischen Glaubens wahrgenommen werden. Das werde von den Betroffenen durchaus als Ablehnung des Islam interpretiert, sagt Sylva Horsch, --------- Kritika meint: Im Gegenteil, verehrte Sylva Horsch, genau auf diese Verbote kommt es an, diese Verbote sind äusserst wichtig. Die Mehrheit in Deutschland lehnt den Islam und dessen öffentliche aufdringliche Werbung Nikab, Kopftuch, Burkini ab. Die "Betroffenen" wissen das drommels gut. "Symbole des muslimischen Glaubens" stören das religiös-neutrale Bild in der Öffentlichkeit. IslamWerbung hat in der Öffentlichkeit gar nichts zu suchen. Alle über 100 Sekten und Religionen in Deutschland - mit Ausnahme des Islam - sind friedlich und kennen keine religiöse Kleidung in der Öffentlichkeit. Deutschland hat zurecht viele Flüchtlinge aufgenomen, weil ihre Mit-Gläubigen im eigenen Lande ihnen mit den Tot bedrohten und die steinreichen Muslim-Bruderländer sie nicht haben wollten. Auch Ländern wie Polen und Ungarn wussten was kommt, wenn die Muslims kommen und wehrten sie egoischtischer-weise. Deutschland handelte dennoch zurecht aus purer Christlicher Nächstenliebe, obwohl dem Islam nichts Positives anhaftet und im Gegenteil Muslim-Spezifische Probleme zu erwarten waren - und prompt eintrafen. Leider gibt es viel zu viele, uneinsichtige, unintegrierwillige MuslimFrauen, welche die Gerichte überfluten mit ihrer KopftuchSturheit und für ein negatives Image des Islam sorgen, das die glücklicherweise ebenfalls viele intergrationswillige nicht ausgleichen können. Völlig verkehrt wäre es daher, den Flüchtlingen weiterhin zu erlauben, mit ihrer Kleidung, Kopftuch usw für eine fremde problematische Religion werben. Für eine Religion, die auf Expansion aus ist und in deren Namen immer wieder abscheuliche Verbrechen begangen werden. Mohammeddaner sollten in der Öffentlichkeit nicht als Muslims erkennbar sein. Dann klappt es auch mit der Intergration. Dann werden sie noch immer nicht geliebt aber wahrscheinlich einfach geduldet, statt - heute - abgelehnt. Gruss, Kritika * Da es keine auch noch so schwache Hinweise (geschweige wissenschaftliche Beweise) für Götter gibt, kann es auch keine GottesKenner = Theologen geben.
19.07.17
22:50