Verfassungsschutzbericht

Verfassungsschutz verheimlicht rückläufige Zahlen von Extremisten

Der aktuelle Verfassungsschutzbericht verheimlicht, dass die Zahl der als „extremistisch“ eingestuften „Islamisten“ in Deutschland rückläufig ist. Vor allem die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş taucht in vielen Landesberichten nicht mehr auf. Micksch fordert, die IGMG nun auch aus dem Bundesbericht zu streichen.

01
07
2015

Der aktuelle Verfassungsschutzbericht des Bundes verschweigt, dass die Zahl radikaler Muslime in Deutschland rückläufig sei. Dies kritisiert Dr. Jürgen Micksch, Moderator des Arbeitskreises Muslime und Verfassungsschutz beim Deutschen Islamforum, in einer Stellungnahme.

Die rückläufigen Zahlen seien schon deshalb offensichtlich, weil die die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş in diversen Landesberichten nicht mehr erwähnt werde. „Die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) wird in den Verfassungsschutzberichten von Bremen, Hamburg, dem Saarland und Nordrhein-Westfalen nicht mehr aufgeführt. Niedersachsen und Schleswig-Holstein lassen in ihren aktuellen Berichten durchblicken, dass die Beobachtung eingestellt werden könnte. In Hessen und Baden-Württemberg werden Debatten dazu geführt,“ heißt es in der Stellungnahme.

Dieser Trend sollte sich daher auch im Verfassungsschutzbericht des Bundes wiederspiegeln. „Jahrelang wurde in den Berichten entsprechend der Zählung des Verfassungsschutzes von einer ständigen Zunahme der „Islamisten“ gesprochen, was Ängste vor dem Islam verstärkte und Gruppen wie Pegida ermutigt hat. Wenn nun eine Verringerung erfolgt, sollte das gesagt werden.“, so Micksch weiter. „Grundsätzlich sollten insbesondere auch Kommunen dazu ermutigt werden, mit Gemeinden der IGMG zu kooperieren: „Damit wurden seit Jahren gute Erfahrungen gemacht. Das Miteinander und die Integration wurden dadurch verbessert“, fordert er daher. Bei Kirchengemeinden gäbe es bereits seit langem gute Kooperationen mit Gemeinden der IGMG. Diese müsse deshalb nun auch aus dem Verfassungsschutzbericht des Bundes gestrichen werden. Inzwischen sei die Religionsgemeinschaft in diversen anerkannten Institutionen wie der deutschen Islamkonferenz involviert, weshalb eine weitere verfassungsrechtliche Beobachtung unangebracht sei.

Die Beobachtung der Organisation Muslimische Jugend Deutschland (MJD) hält Micksch ebenfalls für fragwürdig. Nachweisbare Gründe oder Vorkommnisse könne der Verfassungsschutz auch hier nicht anführen.

Der Sozialanthropologe und Rassismusexperte Prof. Dr. Werner Schiffauer sieht die Debatte über radikalisierte Muslime kritisch. Insbesondere die begriffliche Verwendung von „Islamismus“ und „Salafismus“ müsse überdacht werden. „Es sollte darauf hingewiesen werden, dass der Salafismus für eine Orientierung an der Urgemeinde steht, wie sie auch aus anderen Religionsgemeinschaften bekannt ist. Zehntausende gläubige Muslime verstehen sich in diesem rein religiösen Sinn als Salafis und sind keine Bedrohung für die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Sie erleben Kampagnen gegen Salafisten als staatliche Ablehnung ihrer Identität“. Es wäre sachgemäßer, vom „religiösen Extremismus“ zu sprechen, der wie der sogenannte „Islamische Staat“ eine akute Gefahr und eine wichtige Aufgabe für den Verfassungsschutz sei.

Leserkommentare

Bernd sagt:
Warum soll der Bundesverfassungsschutz die IGMG aus ihrem Bericht nehmen, wenn sie sie weiterhin für nicht ganz unverdächtig hält?
02.07.15
13:36