Integration

Jeder Fünfte hat Vorurteile gegenüber Minderheiten

Vorurteile gegenüber Minderheiten halten sich in Deutschland hartnäckig. Zu diesem Ergebnis kommt ein Zwischenbericht der Studie „ZuGleich – Zugehörigkeit und Gleichwertigkeit“. 17,5 Prozent der Befragten fühlen sich durch die Präsenz von Muslimen in Deutschland, wie „ein Fremder im eigenen Land.“

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09
2014
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Viele Deutsche haben nach wie vor Ressentiments gegenüber ethnischen und kulturellen Minderheiten. Mehr als jeder Fünfte äußerte gegenüber Sinti und Roma, Juden, Muslimen und Asylbewerbern starke Vorurteile und Ablehnung, heißt es in der am Mittwoch in Berlin vorgestellten repräsentativen Studie „ZuGleich – Zugehörigkeit und Gleichwertigkeit“. Die Studie wurde vom Bielefelder Institut für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) durchgeführt und von der Stiftung Mercator gefördert.

Laut Studie sind rund 23 Prozent der Befragten der Meinung, dass Sinti und Roma zur Kriminalität neigten. 19 Prozent glauben, Juden versuchten aus der Vergangenheit des Dritten Reiches heute Vorteile zu ziehen und 17,5 Prozent gaben an, dass sie sich durch die Zahl der Muslime „wie ein Fremder im eigenen Land“ fühlten. Und weiterhin 7,6 Prozent der Befragten sind der Auffassung, Muslimen sollte die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden.

Deutsche generell gegenüber Integration aufgeschlossen

Die Studie bescheinigt den Deutschen zugleich generell eine große Aufgeschlossenheit gegenüber der Integration. So seien 36 Prozent für eine stärkere Willkommenskultur für Migranten; 47 Prozent erklärten, eine positive Haltung zur zunehmenden Vielfalt zu haben. Wenn es um die Umsetzung im Alltag gehe, seien allerdings viele reserviert und hingen an vermeintlich alten Vorrechten, erklärte der Leiter der Studie am IKG, Andreas Zick.

Die Studie „ZuGleich – Zugehörigkeit und Gleichwertigkeit“ ist als Nachfolgeprojekt der Untersuchung Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (GMF; 2002 – 2011) angelegt. Im Fokus stehen die wesentlichen Kernfragen zur Integrationsgemeinschaft, die Anerkennung einer allgemeinen Gleichwertigkeit und die Zugehörigkeit zur deutschen Gesellschaft. Die Studie „ZuGleich“ ist eine wissenschaftliche Umfragestudie und basiert auf einer anonymen und repräsentativen Querschnitts-Befragung von insgesamt 2.006 volljährigen Personen zwischen November 2013 und Januar 2014 in Deutschland. Das Projekt wurde von Prof. Dr. Andreas Zick (Leiter des IKG) sowie MA Soz. Madlen Preuß (IKG) durchgeführt. Teile des Projektes basieren auf dem beendeten Projekt Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF), das in der Reihe „Deutsche Zustände“ (Suhrkamp) veröffentlicht wurde.

Weitere Informationen und den Zwischenbericht zum Download finden Sie unter: http://www.uni-bielefeld.de/ikg/projekte/ZuGleich.html

„Bürger sind widersprüchlich, wenn es um die Frage nach Integration in einer modernen offenen Gesellschaft geht. Das Integrationsklima ist auf den ersten Blick gut – aber wenn es darum geht, Integration als gegenseitigen Prozess der Veränderung zu verstehen, dann ziehen schnell alt hergebrachte Muster der Verschiedenheit von Personen mit und ohne Migrationshintergrund ein“, erläutert Zick, die Ergebnisse. „Allerdings können wir auch festhalten, dass die Mehrheit der Bürger positiv gegenüber Migranten eingestellt ist – ganz besonders jene, die schon eingewandert sind. Hier gilt es anzusetzen, und dabei könnten Menschen mit Migrationserfahrung eine große Hilfe sein“, so Zick weiter.

Die Ergebnisse der Studie belegen, dass ein Teil der Reserviertheit gegenüber Integrationsveränderungen auch auf Vorurteile und auf die zunehmende Angst, selbst abgehängt zu werden, zurückzuführen sind.

Beck: Ausmaß der Ablehnung erschreckend

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Staatsministerin Aydan Özoğuz (SPD), erklärte dazu, es sorge sie, dass viele Befragte ihre persönliche Integrationsbereitschaft und Toleranz überschätzten. Wenn es darum gehe, konkrete Integrationsanstrengungen zu unternehmen, werde die Verantwortung dafür mehrheitlich den Einwanderern zugeschrieben.

Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, bezeichnete das Ausmaß der Ablehnung von Minderheiten als erschreckend. Die Vorbehalte gegenüber Juden zeigten, dass es nach wie vor auch ein hohes Maß an latentem Antisemitismus in Deutschland gebe.

Für die Studie wurden nach Angaben des IKG rund 2.000 volljährige Menschen in der Zeit zwischen November 2013 und Januar 2014 befragt. (KNA/iQ)