Film

Wenn der Feind dein bester Freund ist

„Bethlehem“ erzählt die Geschichte von einem palästinensischen Jungen und einem israelischen Geheimdienstagenten. Aus Zweckfreundschaft wird eine Vater-Sohn-Beziehung, die zu einem Dilemma führt.

07
02
2014
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Razi und Sanfur verbindet eine aussergewöhnliche Freundschaft, die auf gegenseitigem Nutzen basiert. Sanfur, der junge Palästinenser ist der Informant von Razi, dem Mitarbeiter des israelischen Geheimdienstes Schin Bet. Gleichzeitig ist er der Bruder von Ibrahim, dem Chef der Al-Aksa-Brigaden. Bald entwickelt sich zwischen Razi und Sanfur eine innige Beziehung wie zwischen einem Vater und seinem Sohn. Von ihm erfährt er die Liebe und Anerkennung, die ihm seine familiäre Umgebung nicht geben kann.

Immer steht Sanfur im Schatten seines Bruders und hat stets das Gefühl, sich beweisen zu müssen. Sanfur bemüht sich, Razi und seine Erwartungen an ihm nicht zu enttäuschen. Also lebt er ein Doppelleben. Er übermittelt Razi die Informationen und seinem Bruder Ibrahim überbringt er Geld. Alles läuft nach Plan, doch bald gerät er einen Loyalitätskonflikt zwischen den Forderungen von Razi und der familiären Bindung zu seinem Bruder.

Zwischenmenschliche Konflikte und Loyalität im Vordergrund

Der israelische Regisseur Yuva Adler hat gemeinsam mit dem palästinensischen Co-Drehbuchautor und Journalist Ali Waked viele Jahre für den Film über den Geheimdienst und die Untergrundkämpfer recherchiert. Mit „Bethlehem“ wollen die beiden also auch einen Einblick in die Arbeit des israelischen Geheimdienstes gewähren. Dieser ist nicht selten voller Intrigen und Lügen. Der eigentliche Konflikt zwischen Israel und Palästina bleibt dabei im Hintergrund. Viel zu selten wird deutlich, warum sich beide Seiten bekämpfen. Trotzdem bleibt der Film sehr realistisch, das liegt auch daran, dass die Hauptrollen nicht von professionellen Schauspielern besetzt sind. Die Schauspieler agieren erstmals vor der Kamera.

In Israel war „Bethlehem“ ein voller Erfolg und wurde der meistbesuchte Kinofilm des Jahres 2013. Er gewann den israelischen Filmpreis Ophir in sechs Kategorien. Zudem wurde er auf den Filmfestivals in Venedig und Toronto präsentiert, gewann den Goldenen Löwen beim Film Festival in Venedig und wurde von Israel in der Kategorie „Bester ausländischer Film“ für den Oscar eingereicht.

Derweil wurde in der linken israelischen Zeitung „Haaretz“ die fehlende politische Botschaft des Filmes kritisiert. „Bethlehem“ beschreibe die palästinensische Gesellschaft zu negativ und die Israelis zu positiv. Für viele bleibt er damit ein Nahost-Thriller, der sich auf das Zwischenmenschliche konzentriert ohne eine Lösung für den politischen Konflikt zu liefern.