UN-Experten kritisieren Deutschland wegen Polizeigewalt und Demonstrationsverboten bei Palästina-Protesten – sie fordern die Wahrung der Versammlungsfreiheit ohne Diskriminierung.

Unabhängige Experten des UN-Menschenrechtsrats haben deutliche Kritik am Vorgehen deutscher Behörden bei Demonstrationen in Solidarität mit Palästina geäußert. In einer Mitteilung aus Genf zeigten sie sich besorgt über Polizeigewalt, Versammlungsverbote und die Einschränkung von Meinungsfreiheit im Zusammenhang mit Palästina-Kundgebungen.
„Wir sind alarmiert über die anhaltende Polizeigewalt und die offensichtliche Unterdrückung von Solidaritätsaktionen für Palästina durch Deutschland“, heißt es in der Erklärung der UN-Sonderberichterstatter:innen. Sie fordern die Bundesregierung auf, das Recht auf friedliche Versammlung und freie Meinungsäußerung ohne Diskriminierung zu gewährleisten.
Die Experten werfen deutschen Behörden vor, seit Oktober 2023 wiederholt Kundgebungen untersagt, Teilnehmende willkürlich festgenommen und Menschenrechtsverteidiger kriminalisiert zu haben. Laut der UN-Mitteilung sind insbesondere Solidaritätsaktionen mit Palästinenser von diesen Maßnahmen betroffen.
Mehrere deutsche Städte hatten in den vergangenen Monaten Palästina-Demonstrationen verboten oder aufgelöst. Begründet wurden die Entscheidungen häufig mit Sicherheitsbedenken und der Befürchtung, es könne zu volksverhetzenden oder antisemitischen Parolen kommen. Gerichte bestätigten einige dieser Verbote, andere wurden aufgehoben.
Die UN-Sonderberichterstatter:innen, die zu Themen wie Versammlungsfreiheit, Rassismusbekämpfung und Menschenrechtsschutz arbeiten, fordern Deutschland auf, sicherzustellen, dass politische Proteste und Meinungsäußerungen keiner unangemessenen inhaltlichen Beschränkung unterliegen. Zudem müsse das Vorgehen der Polizei bei Demonstrationen überprüft und Fälle von unverhältnismäßiger Gewaltanwendung aufgearbeitet werden.
„Das Menschenrecht auf friedliche Versammlung ist ein Grundpfeiler demokratischer Gesellschaften und darf nicht aufgrund politischer Positionen eingeschränkt werden“, betonen die Experten.
Nach Angaben der Berliner Polizei wurden im Rahmen von Palästina-Demonstrationen in der Hauptstadt mehrere Ermittlungsverfahren eingeleitet, unter anderem wegen Volksverhetzung, Propagandadelikten und Unterstützung terroristischer Organisationen. Zugleich betonten die Behörden, sie handelten auf Grundlage des geltenden Versammlungsrechts und zum Schutz der öffentlichen Sicherheit.
Eine Stellungnahme der Bundesregierung zu den UN-Vorwürfen lag zunächst nicht vor. Nach UN-Angaben stehen die Experten derzeit im Austausch mit den deutschen Behörden, um weitere Informationen über die Polizeieinsätze und die rechtliche Grundlage der Verbote zu erhalten.
Seit den Angriffen der Hamas auf Israel im Oktober 2023 und den darauffolgenden israelischen Militäraktionen und dem Genozid im Gazastreifen kommt es weltweit zu Demonstrationen – sowohl pro-palästinensischen als auch pro-israelischen. In Deutschland führte das wiederholt zu Spannungen, teils auch zu gewaltsamen Auseinandersetzungen.
Die UN-Experten warnen jedoch davor, dass pauschale Einschränkungen pro-palästinensischer Proteste das Risiko bergen, legitime politische Meinungsäußerungen zu unterdrücken und das Vertrauen in die Meinungsfreiheit in Deutschland zu beschädigen. (dpa/iQ)