Bundestagswahl

Wie Angst, Migration und Misstrauen das Wahlergebnis prägten

Die Bundestagswahl 2025 bringt überraschende Ergebnisse: CDU siegt knapp, AfD erstarkt – eine Herausforderung für Muslime, Demokratie und Zusammenhalt. Ein Kommentar von Murat Gümüş.

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02
2025
© shutterstock, bearbeitet by IslamiQ.
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Die vorgezogenen Bundestagswahlen 2025 haben zu überraschenden Ergebnissen geführt. Zwar konnte die CDU einen Sieg erringen, verfehlte jedoch ihr angestrebtes Ziel von über 30 % und blieb hinter den Umfrageergebnissen zurück. Die SPD erlitt unter Olaf Scholz als Kanzlerkandidaten deutliche Verluste.

Das Festhalten an Scholz erwies sich möglicherweise als strategischer Fehler, der der Partei teuer zu stehen kam – da er nicht als Favorit für das Kanzleramt galt. Ein Kandidat wie Boris Pistorius hätte zwar ebenfalls keine Wunder bewirken können, doch wäre die SPD mit ihm vermutlich in eine bessere Verhandlungsposition gelangt. Viele Wähler scheinen das Vertrauen in Scholz verloren zu haben, da sie das Gefühl hatten, er könne keine grundlegenden Veränderungen herbeizuführen.

Rechtsruck im Bundestag

Auch die Grünen mussten herbe Rückschläge hinnehmen, was die gescheiterte Politik der Ampelkoalition weiter unterstreicht. Die FDP, die die Neuwahlen angestoßen hatte, scheiterte an der 5 %-Hürde und bleibt somit ohne parlamentarische Vertretung. Die Partei musste nicht nur für ihre Rolle in der Ampelkoalition büßen, sondern auch für die heimlich geplante Auflösung der Koalition.

Die AfD konnte bei diesen Wahlen deutlich zulegen, erhielt mehr als 10 Millionen Stimmen und wurde zur zweitstärksten Kraft im Bundestag. Trotz wiederholter Berichterstattung über rechtsextreme Tendenzen und offen islamfeindliche Haltungen – etwa durch Begriffe wie „Remigration“ und „Kopftuchmädchen“, geprägt von Kanzlerkandidatin Alice Weidel – erzielte die Partei bedenklich großen Zuspruch.

Dieses Ergebnis wirft ein beunruhigendes Licht auf den Zustand der Gesellschaft. Besonders alarmierend ist, dass unter den 10 Millionen Wählern viele Menschen aus öffentlichen Institutionen stammen dürften – darunter Lehrkräfte, Polizisten, Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst. Diese Gruppen beeinflussen nicht nur die öffentliche Verwaltung, sondern prägen auch das gesellschaftliche Klima nachhaltig, was langfristig Auswirkungen auf den Zusammenhalt und die Werte der Gemeinschaft haben könnte.

Populistische Rhetorik und ihre Wirkung

Die Wahlergebnisse offenbaren zudem einen weiteren besorgniserregenden Trend: In Städten mit einem hohen Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund und Muslimen ist die AfD häufig die zweit- oder sogar drittstärkste Partei. Städte wie Duisburg, Oberhausen, Essen und Gelsenkirchen sind nur einige Beispiele.

Während man früher davon ausging, dass Rechtsextremismus sowie Islam- und Ausländerfeindlichkeit vor allem in Ostdeutschland verbreitet seien, wo es weniger Menschen mit Migrationshintergrund gibt, zeigen die aktuellen Ergebnisse ein anderes Bild. In westdeutschen Großstädten mit einem hohen Migrantenanteil werden rassistische Ansichten und Parteien, die solche Einstellungen vertreten, offenbar nicht mehr so deutlich abgelehnt wie zuvor.

Migration war ein zentrales Thema im Wahlkampf – besonders betont von der AfD, aber auch von CDU, FDP und BSW. Die stetige Fokussierung auf dieses Thema half der AfD, Ängste zu schüren und populistische Parolen zu Asyl und Integration zu verbreiten. Diese Rhetorik hat viele Wähler, die sich von den etablierten Parteien nicht mehr vertreten fühlten, in die Arme der AfD getrieben, wodurch die Partei besonders in den Regionen, die am stärksten von Migration betroffen sind, noch weiter gestärkt wurde.

Verantwortung der neuen Regierung

Angesichts dieser Ergebnisse wird die Regierungsbildung zu einer Herausforderung. Möglich wäre eine Neuauflage der „großen Koalition“. Eine der zentralen Aufgaben der neuen Regierung wird darin bestehen, politische Stabilität zu sichern und den gesellschaftlichen Frieden aktiv zu fördern.

Ebenso muss die internationale Friedenspolitik stärker in den Fokus rücken, um eine entschlossene, deeskalierende Außenpolitik zu betreiben. Die Kriege der vergangenen Jahre haben gesellschaftliche Unruhe ausgelöst, die mit friedens-, gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen überwunden werden muss. Ein friedlicher, auf Dialog und Zusammenarbeit ausgerichteter außenpolitischer Kurs ist entscheidend, um Deutschlands Rolle als verantwortungsvoller Akteur in der Weltgemeinschaft zu stärken.

Entschlossen Rassismus bekämpfen

Darüber hinaus muss die neue Regierung einen entschlossenen Aktionsplan gegen Rassismus und Diskriminierung aufstellen und umsetzen, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken und die Gefahren für die Demokratie abzuwenden. Die Wahlergebnisse zeigen deutlich, dass eine unsachlich geführte, pauschalisierende und negativ gefärbte Migrationsdebatte vor allem die politischen Ränder stärkt – nicht die politische Mitte.

Schließlich brauchen wir eine Regierung der Mitte, die stabil und koalitionsfähig ist. Nur wenn die politische Mitte stark und entschlossen agiert, kann sie verhindern, dass die extremen Ränder den Ton angeben und die gesellschaftliche Spaltung vorantreiben. Es gilt, eine Zukunft zu gestalten, die auf den Werten der sozialen Gerechtigkeit, der Gleichberechtigung und des Friedens basiert.

Leserkommentare

grege sagt:
Nachdem dem Westen aufgrund von Umfrageergebnissen ein negatives Image in den Ländern des Nahen Osten bescheinigt wurde, hat der Zentralrat der Muslime die Bundesregierung aufgefordert, dieses Ergebnis sich zu Herzen zu nehmen und seine Politik gegenüber Muslimen zu ändern. Auf Grundlage dieser Wahlergebnisse mit Wahrlerfolgen der Afd in Städten mit hohem muslimischen Migrationsanteil sollte der ZMD analog handeln, d.h. sich durch gezielte Maßnahmen seinerseits, wie der schlechte Image des Islams unter Nichtmuslimen bessern kann.
25.02.25
22:07
grege sagt:
Ach schon wieder beklagt sich Murat Gümüs über eine Rechtsruck in der deutschen Politik. Vielleicht sollte er sich mal mit der Ideologie von IGMG auseinandersetzen, dess Gründungsvater Necmettin Erbakan antismetische Verschwörungstheorien verbreitete. Dessen Politik, die Nationalismus und Islamismus miteinander vereinigte, ist nur rechtspopulistisch, sondern auch rechtsextrem. Vor dem Hintergrund sind die mit Vorwürfen behafteten Auführungen von Herrn Gümüs als Funktonär der IGMG grotesk und lächerlich zugleich. Ebenso verschweigt Gümüs beharrlich den islamischen Terrorismus und Extremismus als eine Ursache für das verständliche Misstrauen vieler Nichtmuslime gegenüber dem Islam.
25.02.25
22:13