Nordrhein-Westfalen

NRW-Landtag beschließt Kopftuchverbot für Justiz

In Nordrhein-Westfalen ist das Tragen von religiösen Symbolen künftig für Richterinnen und andere Justizbeschäftigte verboten.

04
03
2021
Justiz und Kopftuchverbot
Symbolbild: Justiz © shutterstock, bearbeitet by iQ.

Der nordrhein-westfälische Landtag hat ein Gesetz beschlossen, das Richtern, Staatsanwälten sowie anderen Justizbeschäftigten religiöse Kleidung verbietet. Dem Entwurf der Landesregierung stimmten am Mittwochabend die Regierungsfraktionen von CDU und FDP zu. Auch die AfD votierte dafür, während sich die SPD enthielt und die Grünen dagegen stimmten.

Das Gesetz zielt darauf ab, die Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Unvoreingenommenheit und Neutralität der Justiz zu sichern. Bislang gebe es keine gesetzlichen Regelungen zur religiös und weltanschaulich neutralen Kleidung, heißt es in dem Text.

In einer zunehmend pluralistischen Gesellschaft müsse auf die Neutralität der Justiz geachtet werden, sagte Justizminister Peter Biesenbach (CDU). In dem Bereich dürfe es nicht den geringsten Anschein von Voreingenommenheit geben. Dies gelte nicht nur für die Bediensteten im Gericht, sondern auch für den Justizvollzug. Denn dort erzeuge eine fehlende Neutralität emotionalere Reaktionen als im Gerichtssaal.

Das muslimische Kopftuch ist ein Dauerthema, vor allem im öffentlichen Dienst. Das Bundesarbeitsgericht hat das Kopftuchverbot für Lehrerinnen gekippt. IslamiQ hat die wichtigsten Etappen der Diskussion seit 2001 zusammengefasst.
Eine Chronologie.

Die SPD-Fraktion unterstützte das grundsätzliche Anliegen. Doch dazu hätte es nicht eines eigenen Gesetzes bedurft, sagte Rechtsexpertin Sonja Bongers. Eine Verankerung im bestehenden Justizgesetz hätte genügt.

„Gesetz bedeutet Berufsverbot für muslimische Frauen“

Der Grünen-Abgeordnete Stefan Engstfeld (Grüne) kritisierte, das Gesetz schieße über sein Ziel hinaus. Auch für die Grünen stehe das Neutralitätsgebot außer Frage. Zugleich dürften Beschäftigte nicht wegen ihres weltanschaulichen Bekenntnisses diskriminiert werden. Die Optik allein sei nicht ausschlagend dafür, ob Neutralität gewahrt werde. Das Gesetz bedeute praktisch ein Berufsverbot für muslimische Frauen mit Kopftuch oder jüdische Männer mit Kippa im Bereich der Justiz. Das Verbot weltanschaulicher und religiöser Kleidung sei zu pauschal formuliert. So müssten ehrenamtliche Richter, die die Vielfalt der Bevölkerung repräsentierten, von dem Verbot ausgenommen werden.

Dem widersprach Biesenbach. Er verwies auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom Februar vergangenen Jahres, wonach das Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen mit dem Grundgesetz übereinstimmt.

Bekir Altaş: Kopftuchverbot ist ungerecht und demotivierend

Auch der Generalsekretär der islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) Bekir Altaş kritisierte das beschlossene Gesetz. „Diese ständige Reduktion der muslimischen Frauen auf das Kopftuch ist nicht akzeptabel. Das Kopftuchverbot ist nicht gerecht und motiviert auch nicht, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen; es führt letztlich zu Unzufriedenheit und Unausgefülltheit vieler Frauen“, erklärte Altaş auf Anfrage von IslamiQ. Gleichbehandlung sei mit einem Umdenken in der Gesellschaft verbunden, und das scheine sich in dieser Frage noch nicht positiv zu entwickeln. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
Was Muslime da betreiben, das ist Identitätspolitik in Reinkultur. Das führt zu Kollektividentitäten und Segregation. Integration ist in erster Linie eine Bringschuld. Und sie funktioniert nur, wenn Zuwanderer bestrebt sind, die Sitten und Gebräuche und Gesetze des Aufnahmelandes schnell zu internalisieren. Wer auf einem Kopftuch beharrt, wo es nichts zu suchen hat-- beispielsweise vor Gericht-- der wird nicht ausgegrenzt, sondern grenzt sich selbst aus. Was Musliminnen hier betreiben, das ist Selbstviktimisierung und Selbstghettoisierung.
07.03.21
14:56
grege sagt:
Auch Nichtmuslime müssen sich bei bestimmten Jobs Bekleidungsregeln unterwerfen. Von daher ist die Behauptung Unsinn, dass nur Muslime von diesem Verbot / Gebot betroffen seien. Vielmehr wird die Nichtgewährung von Privilegien in Diskriminierung umgedeutet entsprechend dem Wunschdenken unserer Islamprotagonisten. Wenn man dieser Weltanschauung folgt, sind alle Arbeitnehmer mit Bekleidungsvorschriften Opfer von Diskriminierung.
08.03.21
20:26
Johannes Disch sagt:
Wenn man verstehen möchte, wie Integration am besten funktioniert, dann ist historisch noch immer der Blick auf die USA erhellend. Warum gelang es den USA, zu einem erfolgreichen Schmelztiegel zu werden?? Weil sie ihre alten Banden hinter sich ließen und neu knüpften. Die neue Bande waren die Werte der US-Verfassung. Werte-- individuelle Werte-- die für alle galten, egal, welcher Herkunft und welcher Religion. Diese Werte waren ein Gewinn und ein Geschenk, aber auch eine Verpflichtung, denn alle Anerikaner und solche, die es werden wollten, mussten sich auf diese Werte ohne Wenn und Aber verpflichten! Vielfalt kann nur gedeihen unter einem Banner gemeinsamer unverhandelbarer Werte. Diese Werte stehen in der US-Verfassung. Man ist also nicht in erster Linie Christ oder Muslim oder Sikh oder Pakstani oder Kurde oder oder oder...-- man ist Amerikaner!!! Man stelle sich vor, Niederländer hätten in erster Linie Niederländer bleiben wollen und Iren hätten Iren bleiben wollen und Italiener vor allem Italiener und Protestanten in erster Linie vor allem Protestanten und Hindus vor allem Hindus, oder oder oder...-- der "Melting Point" USA hätte niemals funktioniert und wäre niemals entstanden. Und so, wie Migaranten, die in die USA kommen, schnell in erster Linie vor allem eines werden wollen-- nämlich Amerikaner-- so sollten Migranten, die nach Europa kommen, vor allem eines werden wollen: Europäer. Europäische Bürger. Und dafür ist die Annahme der westlichen Werte unabdingbar: Individuelle Menschenrechte, Vorrang des rationalen Wissens vor jedem religiösen Offenbarungswissen, die Gleichwertigkeit und Gleichheit der Geschlechter, Trennung von Staat und Religion, etc. Und da vor allem Muslime nach Europa kommen, heißt das für Muslime: Ihrer Religion den Stellenwert geben, der ihr in Europa gebührt. Und dieser Stellenwert kommt hinter den westlichen Werten. Muslime müssen sich in erster Linie als europäische Bürger verstehen, als Individuen und nicht als religiöses Kollektiv. Das Einfordern religiöser Privilegien (Kopftuch am Arbeitsplatz, Gebetsräume in Schulen, etc.) ist ein Hindernis für die Integration von Muslimen in die europäischen Gesellschaften. Ein Verwehren solcher Privilegien ist keine Diskriminierung oder gar Rassimsmus, sondern Muslime grenzen sich mit dem Beharren auf solchen Privilegien selbst aus. Vielfalt unter einem Dach gemeinsamer unverhandelbarer Werte, die von allen geteilt werden: Nur so funktioniert eine pluralistische Gesellschaft. Man kann diese verbindende Werteordnung "Leitkultur" nennen. Und einen Islam, der mit unserer Werteordnung kompatibel ist, "Euro-Islam." Die Begriffe sind dabei sekundär. Entscheidend ist, dass Muslime eine europäische Bürgerindentität annehmen und jeden Versuch unterlassen, durch die Hintertüt immer mehr islamische Gebräuche durch die Instrumentalisierung der Religionsfreiheit einzufordern. Vorwärtsgewandtheit-- das Bestreben, schnell die Werte und Gepflogenheit der neuen Heimat zu verstehen und anzunehmen-- ist das Erfolgsrezept für erfolgreiche Integration und keine Nach-Hinten-Schauen-Haltung.
09.03.21
14:51
islamFrei sagt:
Liebe Leser, „ Gesetz bedeutet Berufsverbot für muslimische Frauen “ Polemik á la Islamiq. Jede MuslimFrau darf jeden Beruf ausüben, muss sich allerdings an den gesetzlichen Regeln halten. Muslims und Islam stehen eindeutig tiefer als Deutsche bürgerliche Gesetze. Gruss, IslamFrei.
12.03.21
19:23
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