Jahresrückblick

Das war wichtig in 2018

Wir geben einen Überblick über die – aus unserer Sicht – wichtigsten Ereignisse und Berichte aus dem Jahr 2018. IslamiQ wünscht einen guten Start ins neue Jahr und freut sich auf die kommende Zeit.

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2018
IslamiQ Jahresrückblick
IslamiQ Jahresrückblick

Kopftuchverbot, Moscheeschließungen, Özil, #MeTwo, „deutschler Islam“ u.v.m. bestimmten auch 2018 Medien und Politik. Nach der Debatte um ein Kopftuchverbot bei unter 14-jährigen in Österreich hat auch der NRW-Landesintegrationsminister über ein entsprechendes Verbot gesprochen. Religionsunmündige Kinder dürften nicht dazu gedrängt werden, ein solches Kleidungsstück zu tragen, sagte Landesintegrationsminister Joachim Stamp (FDP). Daher wolle man prüfen, ob das Tragen des Kopftuchs bis zur Religionsmündigkeit, also dem 14. Lebensjahr, untersagt werden könne. Wie so oft kommt die Perspektive der Betroffenen zu kurz. In einem Gastbeitrag „Kopftuchdebatte: Meine Perspektive als Mutter“ entlarvt Zarqa Butt, Mutter zweier Töchter, die Scheindebatte und gibt ihre Perspektive als Erziehungsberechtigte wieder.

Für den Kirchenrechtler Prof. Dr. Stefan Muckel sei ein solches Verbot nicht realisierbar. „Das Land NRW müsste eine rechtliche Grundlage schaffen. Eine Verordnung oder ein Kabinettsbeschluss reicht hier nicht aus, weil in Grundrechte eingegriffen wird“, erklärte er im IslamiQ-Interview.

Sechster Theologie-Standort in Berlin geplant

Seit 2011 gibt es fünf Zentren für islamische Theologie in Deutschland. Diese sind in Tübingen, Frankfurt (mit Gießen), Münster, Osnabrück und Erlangen-Nürnberg. Aktuell ist ein sechster Standort für islamische Theologie an der Humboldt-Universität (HU) in Berlin im Aufbau. Nach anfänglichen Problemen und monatelangen Debatten bezüglich der Inhalte und Besetzung des Institutsbeirats zwischen islamischen Religionsgemeinschaften und Staat, stimmte das Universitätskuratorium der Gründung eines Instituts für islamische Theologie zu. Der Beirat für das Institut setzt sich aus drei islamischen Religionsgemeinschaften zusammen: die Islamische Föderation Berlin (IFB), die Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschland (IGS) und der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD). Das Institut soll frühestens zum Wintersemester 2019/20 seinen Lehrbetrieb aufnehmen können und Religionslehrer und Theologen ausbilden.

Moscheeschließungen in Österreich

Anfang Juli gab die österreichische Regierung bekannt, sieben Moscheen zu schließen und 40 Imame auszuweisen. Die Gründe hierfür seien Verstöße gegen das Islamgesetz. Konkret geht es um die Auflösung der Arabischen Kultusgemeinde (AKG) mit sechs Moscheen und die Schließung der Nizam-i Alem Moschee in Wien. Grund für die Schließung der Arabischen Kultusgemeinde seien Positionen mit „salafistischen Hintergründen“ von Vertretern der Moscheeeinrichtung gewesen, die nicht mit rechtsstaatlichen Ordnungen vereinbar seien. Die Nizam-i Alem Moschee wurde geschlossen, weil sie ohne Genehmigung seitens der islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ) betrieben wurde. Der Betrieb dieser Moschee wurde nach vier Tagen wieder aufgenommen.

Das Verwaltungsgericht Wien hat die von der Bundesregierung angeordneten Moscheeschließungen erstmal ausgesetzt und dem Antrag der Arabischen Kultusgemeinde gegen ihre Auflösung „unter Ausschluss der aufschiebenden Wirkung“ stattgegeben. Die österreichische Bundesregierung kündigte an, jedes rechtliche Mittel zu nutzen, um die Moscheeschließungen durchzusetzen. Dem damaligen IGGÖ-Präsidenten Ibrahim Olgun wurde vorgeworfen, die Moscheeschließungen initiiert und den Obersten Rat der IGGÖ umgangen zu haben. Im Rahmen eines Reformierungsprozesses wurden Neuwahlen angesetzt, so dass Ümit Vural die Nachfolge von Ibrahim Olgun antrat.

Islamische Bestattungen in Deutschland

Neben den ganzen negativen Schlagzeilen haben wir auch unsere eigene Agenda gesetzt und uns mit einem sehr wichtigen Thema auseinandergesetzt: unser Dossier zur islamischen Bestattung in Deutschland. Jeder Muslim stellt sich die Frage, wo er seine letzte Ruhe begehen wird. Lieber im Herkunftsland oder doch in Deutschland?

Ein Großteil der in Europa lebenden Muslime zieht es vor, nach dem Tod in ihrem Herkunftsland beigesetzt zu werden. Deshalb haben islamische Religionsgemeinschaften in zahlreichen europäischen Ländern sogenannte Bestattungshilfevereine gegründet. Doch werden islamische Bestattungen und Grabfelder werden in Deutschland immer relevanter. Doch ist in vielen Orten Deutschlands  die islamkonforme Bestattung nicht möglich. Doch immer mehr Muslime möchten sich in Deutschland bestatten lassen. Was ist nötig, um eine islamische Bestattung zu ermöglichen? Wird sich in Zukunft etwas ändern und welche Konfliktfelder gibt es aktuell?  Diese Fragen haben Dr. Gerdien Jonker und die Rechtswissenschaftlerin Prof. Diana Prinzessin zu Hohenlohe beantworten.

#IslamiQdiskutiert

Im März starteten wir unser neues Format #IslamiQdiskutiert. In der ersten Veranstaltung haben wir den Journalisten und Buchautor Daniel Bax eingeladen. Thema der Veranstaltung war der „Islam in den Medien – zwischen Popularität und Populismus“. Denn fast jedes Medium berichtet über den Islam. Die sonst sehr differenzierte deutsche Medienlandschaft ist jedoch noch weit davon entfernt, Muslime und ihre Meinungen angemessen abzubilden, denn wo sie thematisiert werden, entsteht – bewusst oder unbewusst – ein verzerrtes, unvollständiges oder gar falsches Bild. 

Zur zweiten Veranstaltung des war die Buchautorin und Dozentin Dr. Ursula Kowanda-Yassin geladen. Thema der Veranstaltung war der „Öko-Islam?! – Wie der Islam zu einem nachhaltigeren Leben führen kann“. Denn auch für Muslime ist Nachhaltigkeit und Umweltschutz Themen, die in Zeiten der Klimaerwärmung und Globalisierung von großer Relevanz sind. 

In der dritten und letzten Veranstaltung für 2018 haben wir mit dem Islamwissenschaftler und Youtuber Younes-Al Amayra zum Thema „Sichtbar, selbstbewusst, stark – Muslime in sozialen Medien“ im Rahmen der Frankfurter Buchmesse diskutiert.

20 Jahre Kopftuchstreit

Am 13. Juli jährte sich der Kopftuchstreit zum 20. Mal. Fereshta Ludin wurde ungewollt zu einem Symbol des Widerstandes. Sie wollte Lehrerin werden, doch aufgrund ihres Kopftuches bekam sie ein Berufsverbot. Im IslamiQ-Interview erinnerte sich Ludin zurück und erklärte, wie sie die Zeit damals erlebt hat. „Mir wurde vor zwanzig Jahren von einem staatlichen Vertreter in einem Zwiegespräch gesagt „Frau Ludin, Sie brauchen das Kopftuch nur ablegen, dann bekommen Sie die Stelle als Lehrerin sofort“. Das empfand ich sehr demütigend.“

#MeTwo-Debatte

Nach der WM löste Fußballprofi Mesut Özil mit seiner Rücktrittserklärung eine Diskussion über Rassismus und Integration auf, die mit der #MeTwo-Kampagne fortgeführt wurde. In kurzen Statements äußerten sich Tausende Menschen mit Migrationshintergrund über ihre Erfahrungen zu alltäglichem Rassismus und Diskriminierung in Deutschland. Initiiert wurde #MeTwo vom Journalisten und Gründer der „Hotline für besorgte Bürger“ Ali Can als Reaktion auf die aktuelle Debatte in Deutschland. Can zufolge brauche Deutschland eine neue Debatte über Alltagsrassismus, denn Özil sei nicht der einzige wegen seiner Herkunft diskriminiert wurde.

Deutsche Islamkonferenz

Ende November wurde die vierte Deutsche Islamkonferenz (DIK) einberufen. In dieser zeichnen sich Debatten um die Ausbildung von Imamen und die Zugehörigkeit der Muslime zu Deutschland ab. Muslimische Vertreter wie der Islamratsvorsitzende Burhan Kesici äußern sich skeptisch. Der für die DIK zuständige Staatssekretär im Innenministerium, Dr. Markus Kerber, erklärt im IslamiQ-Interview seine Sicht zur Islamkonferenz. Laut Kerber sollen die deutschen Muslime einen „deutschen Islam“ definieren. Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) forderte in seiner Grundsatzrede einen „Islam in, aus und für Deutschland“. Dazu brauche es einen offenen, von Respekt und Toleranz getragenen Dialog zwischen Muslimen und Nichtmuslimen sowie der Muslime untereinander. In einem Beitrag auf IslamiQ kritisiert der muslimische Theologe Ahmet Inam, dass es dem Staat nicht zustehe, „den Islam“ zu „definieren“.

IslamiQ – das Magazin

Zu unserem fünfjährigen Bestehen haben wir unser erstes Printmagazin herausgegeben. Das IslamiQ-Magazin dokumentiert die Islamdebatten in Deutschland. Die Auswahl der IslamiQ-Redaktion konzentriert sich dabei auf die Debatten der letzten Jahre. Verfasst wurden Beiträge und Interviews von muslimischen wie nichtmuslimischen Autoren.

Für das nächste Jahr haben wir noch einiges vor und freuen uns drauf, es euch vorzustellen. An dieser Stelle möchten wir auch einen großen Dank an unsere Autorenschaft und an unsere Leserinnen und Lesern aussprechen und wünschen allen einen guten Start ins neue Jahr.

Leserkommentare

Frederic Voss sagt:
Müssen überhaupt Muslime ihre islamischen Themen und ihre Muslim-Problematik ständig in soziale Medien und in die Öffentlichkeit tragen und dort breit treten? Es gibt auch ein Leben ohne immerwährenden islamischen Blick darauf. Die meisten Menschen wollen gar nicht ständig den wie auch immer gearteten Islam als Leitbild für Lebensgestaltung propagiert und - mehr oder weniger aufdringlich - unter die Nase gehalten bekommen. Immer nur Kopftuchstreit und Islamdebatten um Moschee-Neubauten, Islamkonferenz, DITIB-Problematik, Islamunterricht, Propheten-Verehrung, Bestattungsformen, Religionsunmündigkeit, Predigerausbildung, Theologie-Standorte und vieles mehr. Es gibt auch ein Leben ohne Islam und islamische Indoktrination & Bevormundung. Und darauf hat jeder Mensch ein prinzipielles Grundrecht. Und das gilt für alle Ewigkeit.
31.12.18
18:25
Emanuel Schaub sagt:
"In meinem Staat soll!! jeder nach seiner!1 Fasson selig werden" hat wohl der "Alte Fritz" (König von Preussen-für die Neuankömmlinge in diesem ... Die herzlich Begrüssung in einer Moschee am Weihnachtstag... und die Vielfallt der Begegnungen wären für mich ein grosser Verlust ,wenn diese Facette der Religionen genannte Weltanschaungen fehlen würde. Die Omni Präsenz des... Christentums ist dagegen doch mehr als augenfällig. Nochmal :ich "verteidige" (fehlt mir eh die Kompetenz) die... rReligionen ,nur möchte ich ein kleinen Beitrag leisten, die Spnnungen zwischen denselbigen zu verringern. Ein drastisches Beispiel für Orienturgslosigkeit gegenüber den Lebens Fragen und Ausgeliefertheit an Pseudo Freiheit "Genussmittel"gebrauch zeigte sich mir in der Sylvester Nacht ... Alkohol zerstört so manches Leben und ist trotzdem ganz legal.etc.ppp Ein Leben ohne Krankheit verursachende Substanzen/Verhaltensweisen ist das!!! Grundrecht für jeden Menschen /jedes Tier/jede Pflanze nicht in alle Ewigkeit (die es bekanntlich eh nicht gibt) aber ...irgendwo/wann? gruss emanuel
02.01.19
12:04
Dilaver Çelik sagt:
@Frederic Voss Dieser Blog wird von frommen Muslimen betrieben. Und für fromme Muslime ist der Islam nunmal das wichtigste in dieser Welt und in diesem Leben. Und zwar völlig unabhängig davon, wo diese leben und was Sie sowie andere Menschen darüber denken. Wer das abwertet, der hat vielmehr ein Problem mit sich selbst. Ihr Hass auf den Islam wird auch nichts daran ändern. Damit müssen Sie sich abfinden.
02.01.19
15:43
Dilaver Çelik sagt:
Kleine Ergänzung: Auch wenn es gewissen Leuten nicht passt: In der Zukunft werden mehr Muslime in Deutschland leben und die muslimische Präsenz und Infrastruktur immer weiter ausgebaut werden. Die Muslime sind hier keine Gäste, sondern werden für immer hier bleiben. Und die Zukunft liegt ausschließlich nur im Miteinander und NICHT im Gegeneinander.
02.01.19
16:12
grege sagt:
Warum sollen denn muslime hierbleiben in diesem ach so islamfeindlichen Umfeld? Offenbar besitzen alle Muslime masochistische Neigungen.
04.01.19
20:06