Islamischer Religionsunterricht

DITIB lässt Sitz im NRW-Beirat ruhen

Vor dem Hintergrund der Spionagevorwürfe lässt die DITIB ihren Sitz im Beirat für den islamischen Religionsunterricht in Nordrhein-Westfalens vorerst ruhen. Zuvor stellte NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann ein Ultimatum zur Aufklärung.

08
02
2017
DITIB
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Nach den Spitzel-Vorwürfen gegen DITIB-Imame setzt die islamische Religionsgemeinschaft DITIB ihre Mitarbeit im Beirat für den islamischen Religionsunterricht in Nordrhein-Westfalen aus. Der Beiratssitz solle „für kurze Zeit“ bis zur Klärung der Vorwürfe ruhen, teilte der DITIB-Bundesverband am Dienstag in Köln mit. Er kommt damit einer Forderung der nordrhein-westfälischen Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) nach. In dem Beirat der Landesregierung hat die DITIB einen der acht Sitze.

Die ausufernden Diskussionen um DITIB seien jedoch geeignet, das Vertrauen in den Beirat zu belasten. Für eine erfolgreiche Arbeit des Beirates sei es nötig, dass er diese in Ruhe sowie losgelöst von tagesaktuellen und politischen Diskussionen durchführen könne, so die DITIB. Der Schritt sei „ein Zeichen der Kooperation“ und des Versuches, die aktuelle Debatte zu versachlichen.

Die DITIB habe als größte islamische Religionsgemeinschaft in diesem Prozess einen wichtigen und wertvollen Beitrag für den islamischen Religionsunterricht in Nordrhein-Westfalen geleistet und es sei ihr ein großes Anliegen, dass dieser erfolgreich weitergeführt werde.

All diese Diskussionen dürfen nicht zu einem Generalverdacht oder einer Vorverurteilung der DITIB führen. Darüberhinaus sollen auch keine „wichtige Arbeiten und Entwicklungen, die für alle Muslime in Deutschland notwendig sind, behindert werden“, erklärt die DITIB. Zu diesen Arbeiten gehören einfache Moscheeneubauten bis hin zum islamischen Religionsunterricht.

Die nordrhein-westfälische Schulministerin Sylvia Löhrmann begrüßte die Entscheidung als „gutes Zeichen“. Nun könne der Beirat, seine Arbeit unbelastet fortsetzen. Die Entscheidung der DITIB bedeute aber keine Vorverurteilung.

Der KRM fordert mehr Besonnenheit in der Debatte

Der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland (KRM) kritisiert die aufgeheizte Diskussion über DITIB und fordert einen „besonnenen Umgang“ mit der Religionsgemeinschaft. In einer offiziellen Stellungnahme zu der Entscheidung von DITIB die Arbeit im Beirat Ruhen zu lassen, fordert der KRM, dass dies nicht „zu einer Vorverurteilung und Generalverdächtigung der DITIB führen“ dürfe.

„Die islamischen Religionsgemeinschaften sind ein Garant für die Akzeptanz des islamischen Religionsunterrichts in der muslimischen Gemeinschaft (und) wichtiger Ansprechpartner des Landes in Fragen der religionsverfassungsrechtlichen Kooperation. Die politisch aufgeladene Atmosphäre hat leider zu einer unsachlichen Debatte über die DITIB geführt und zu einem Generalverdacht gegenüber der gesamten Religionsgemeinschaft und seinen Mitgliedern beigetragen“, heißt es in der Stellungnahme des KRM.

Vor diesem Hintergrund sei die Vorgehensweise der NRW-Regierung DITIB dazu zu veranlassen, die Arbeit im Beirat ruhen zu lassen äußerst fragwürdig. „Es stellt sich nun zum einen die Frage, ob mit solch einer Verfahrensweise den Rechten der Religionsgemeinschaften geeignet Rechnung getragen wurde und zum anderen, ob durch diese Maßnahme dem Beirat insgesamt nicht ein größerer Schaden zugefügt wurde“, so der KRM weiter.

„Die bisherige und vertrauensvolle Kooperation des Staates mit den islamischen Religionsgemeinschaften darf durch den öffentlichen und politischen Druck nicht zurückgefahren werden. Ansonsten kann es dazu führen, dass das bis heute mühselig gewonnene Vertrauen beschädigt wird und irreparable Schäden entstehen. Die Unschuldsvermutung muss für alle gelten.“, fordert der KRM-Sprecher Erol Pürlü.

Der Beirat bestimmt darüber, was im islamischen Religionsunterricht gelehrt wird und welche Lehrer unterrichten. Derzeit erhalten laut Löhrmann an landesweit 200 Schulen rund 16.100 Schüler islamischen Religionsunterricht. Dafür stehen 224 Lehrer zur Verfügung. In NRW gibt es laut Schulministerium etwa 364.000 muslimische Schüler. Somit erhalten bislang knapp fünf Prozent von ihnen islamischen Bekenntnisunterricht. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Manuel sagt:
DITIB soll sich endlich von Diyanet und der türkischen Regierung, sprich Erdogan und den AKP-Islamisten lossagen und schon haben wir kein Problem mehr.
08.02.17
15:04
Holger Berger sagt:
Anstelle von islamischem Religionsunterricht wäre ein konfessionsübergreifender Unterricht "Ethik-Humanismus-Religion-Menschenrechte" sinnvoller und zielführender. Und alle religiösen Gruppen und Vereine können individuell ihr eigenes Glaubens- Weltbild anderweitig vorstellen und zur Diskussion stellen. So fördert man besser Toleranz und gegenseitiges Verständnis.
08.02.17
23:07
Dilaver sagt:
@Manuel: Ihre Forderung an DITIB ist entschieden zurückzuweisen, weil sie sachlich falsch ist. DITIB als auch ihr türkischer Vertragspartner Diyanet sind überparteiliche Institutionen und vertreten keine politische Linie oder Partei, unabhängig davon welche Partei(en) in der Türkei die Regierung bilde/-t/-n. Deshalb hat es DITIB nicht nötig, sich von irgendeiner Partei loszusagen, weil sie zu allen politischen Parteien auf gleicher Distanz steht und in ihren Räumlichen jegliche parteipolitische Aktivität untersagt. Dieser Umstand macht es möglich, dass DITIB-Moscheen von Muslimen jeglicher politischer Couleur aufgesucht werden als auch von Muslimen, die sich politisch nicht festlegen wollen oder sich für Politik nicht interessieren. Fakt ist: Nicht die türkische AKP, nicht türkische Politiker, sondern deutsche Politiker mischen sich in die DITIB ein. Eine Einmischung in DITIB durch Politiker - seien es deutsche oder türkische - als auch die mediale Hetze gegen DITIB ist inakzeptabel und gehört unterbunden. Seit der Gründung von DITIB 1984 ist Diyanet der türkische Vertragspartner von DITIB und ihre spirituelle Instanz. Erst jetzt darin ein Problem zu sehen ist nichts anderes als populistische Stimmungsmache und entbehrt jeglicher Sachlichkeit. Eine Lossagung von Diyanet kommt daher nicht in Frage. Zudem ist Diyanet Arbeitgeber der Imame, die bei DITIB eingestellt sind, d.h. die Imame in DITIB-Moscheen erhalten ihren Lohn von Diyanet. Wenn das unterbunden werden soll, dann muss der deutsche Staat für die Entlohnung der Imame aufkommen, denn DITIB kann sich die Entlohnung von Imamen wegen fehlender finanzieller Möglichkeiten nicht leisten. Die Einnahmen von DITIB durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und Mieten reichen gerade mal für Aktivitäten und Unterhaltungen ihrer Moscheen aus.
10.02.17
14:48
Grege sagt:
Hasstiraden gegen Juden und Christen, Aufstachelung gegen bzw. Bespitzelung von Gülenanhängern stellen Ditib in ein extremisitsches Licht. Von daher ist es unverständlich, dass die Bürgeschaft in Hamburg mit dieser Organisation einen Vertrag abgeschlossen hat. Den deutschen Staat anzupumpen für die Entlohnung der Imane halte ich eher für einen vorgezogenen Aprilschärz. Wie wäre es wenn Ditib die Mitgliedsbeiträge so anpasst, dass eine Entlohnung von weiterem Moscheepersonal ermöglicht wird?
10.02.17
17:14
Manuel sagt:
@Dilaver: Diyanet untersteht derzeit den türkischen AKP-Islamisten oder nicht? Und es ist deshalb zum Problem geworden, weil die türkischen AKP-Islamisten nun über DITIB, keine an Atatürks Laizismus angelehnten Religionsauslegung mehr verfolgen, sondern einen politischen Islam Erdoganscher Prägung. Die Herausgabe von Hefte durch DITIB, in denen islamische Märtyrer verherrlicht werden, zeigt eindeutig wohin der Zug fährt. Weiters ist der DITIB-Vorsitzende Nevzat Yaşar Aşıkoğlu zugleich auch Botschaftsrat für religiöse und soziale Angelegenheiten bei der türkischen Botschaft in Berlin. Aşıkoğlu ist außerdem nicht von den Delegierten der DITIB-Gemeinden gewählt worden, sondern von der Diyanet als Vorsitzender für eine befristete Zeit eingesetzt. Also was wollen Sie uns hier erzählen?
11.02.17
12:38