Muhammad Ali

„Er hat es cool gemacht, ein Muslim zu sein“

Für viele -und vor allem für Muslime- war er der „Größte“ – und entsprechend groß und bewegend fiel auch der Abschied von Boxlegende Muhammad Ali aus. Die Trauerfeier, die von einem Imam geführt wurde, rührte Tausende zu Tränen.

11
06
2016
Muhammad Ali. © Wolf Gang (CC 2.0) auf Flickr, bearbeitet by IslamiQ

„Ali, Ali“, schallt es aus der Menschenmenge, die den geliebten Sohn der Stadt bei strahlendem Sonnenschein auf seinem letzten Weg begleitet. Dieser führt über gut dreißig Kilometer vorbei an dem zu seiner Ehre errichteten Museum, an dem Boulevard, der nach ihm benannt ist, und durch die Nachbarschaft, in der Cassius Clay als Kind herumstrolchte. Zehntausende stehen am Straßenrand, weinen, trauern und feiern noch einmal ihr Idol.

Immer wieder muss der schwarze Cadillac mit dem Sarg stehenbleiben, damit die bunten Blumen von der Scheibe gewischt werden können, die Trauernde darauf geworfen haben. Die Anteilnahme ist echt, der Schmerz über den Verlust tief empfunden, aber die Atmosphäre ist alles andere als bedrückt. In seinem Tod wird Muhammad Alis Leben noch einmal gefeiert.

Genauso hat sich der 1964 zum Islam konvertierte Ausnahmeathlet seinen Abschied gewünscht. Lange vor seinem Tod am vergangenen Freitag im Alter von 74 Jahren hatte Ali mit einem Kreis aus Familienangehörigen und engen Beratern seine Beerdigungsfeierlichkeiten bis ins Detail geplant.

In den zwei Finger dicken Regie-Anweisungen hielt Ali genau fest, wie er sich die Dramaturgie der dreitägigen Trauer-Zeremonien vorstellte. Sie begannen am Mittwoch mit einem Festival, das unter dem Motto „“Ich bin Ali“ stand. Tags drauf versammelten sich 14.000 Menschen in der Freedom Hall zu einem traditionellen muslimischen Trauergebet („Jenazah“). An dem Ort, wo Ali seine ersten Erfolge als Berufsboxer feierte, würdigten ihn muslimische Geistliche und Gelehrte als großen Patrioten.

„Ali hat die Frage ein für allemal beantwortet, ob jemand ein Muslim und ein Amerikaner sein kann“, hob der Theologe Sherman Jackson bei seiner Ansprache hervor: „Er hat es cool gemacht, ein Muslim zu sein. Er verlieh Muslimen Würde. Ali machte Muslime relevant“.

Imam Said Shakir forderte die Trauernden auf, dem Verstorbenen nachzustreben, indem sie Gutes tun, die Herzen anderer berühren und Wohltätigkeit walten lassen.

Als Höhepunkt kamen am Freitagnachmittag mehr als 15.000 Menschen im „KFC Yum! Center“ zu einer öffentlichen Trauerfeierlichkeit zusammen. Als einzige Frau hielt die älteste Tochter des verstorbenen, muslimischen Bürgerrechtsaktivisten, Malcolm X, Attallah Shabazz eine Rede zu Ehren der Boxlegende. Malcolm X, der 1965 einem Attentat zum Opfer fiel, spielte in Alis Leben eine wichtige Schlüsselrolle, er soll es gewesen sein, der Ali zum Islam brachte.

Der frühere US-Präsident Bill Clinton erinnerte in seiner Trauerrede für Ali an „einen freien Mann, der glaubte, und die freien Gaben teilte, die wir alle geben können“. Ali werde am besten dadurch geehrt, wenn alle das geben, was sie haben.

Der republikanische Senator Orin Hatch aus Utah, ein Mormone, den eine lange Freundschaft mit Ali verband, sagte, der Verstorbene habe das Leben niemals durch die parteipolitische Brille gesehen. „Er hat wertvolle Anliegen erkannt und unser gemeinsames Menschsein verstanden. Er hat uns den Pfad zur Seelengröße gewiesen“.

Sichtbarer Ausdruck dafür war der bunte Mix an Rednern, die Ali bei der Trauerfeier gedachten. Der reichte von dem Komiker Billy Crystal über den Baptisten-Prediger Kevin Cosby bis hin zu Sport-Moderator Bryant Gumbel.

Rabbi Michael Lerner sagte, Ali sei viel mehr als ein Box-Champion gewesen. „Er nutzte seinen Ruhm, sich für das einzusetzen, woran er glaubte“, erinnerte er an Alis Opposition gegen den Vietnam-Krieg: „Er ist für seine moralische Aufrichtigkeit Risiken eingegangen“.

US-Präsident Barack Obama konnte wegen der Abschlussfeier seiner Tochter Malia nicht an der Trauerfeier teilnehmen. Er würdigte Ali in einem Video, als jemanden, der Afro-Amerikanern geholfen habe „zu verstehen, dass sie stolz darauf könnten, so zu sein, wie sie sind“. In Vertretung schickte Obama seine Beraterin Valerie Jarret.

Die früheren Schwergewichts-Champions Lennox Lewis, Mike Tyson, Evander Holyfield und Larry Holmes  sowie Schauspieler Will Smith gehörten zu den Sargträgern, die den Leichnam Alis zu seiner letzten Ruhestätte auf dem „Cave Hill Cemetery“ brachten. Auf seinem Grab wird ganz in muslimischer Tradition ein einfacher Stein stehen, der an einen erinnert, der wie ein Schmetterling schwebte und eine Biene zustechen konnte. Die schlichte Aufschrift: „Ali“. Mehr nicht. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Was ich besonders abstoßend finde ist, dass der türkische Ministerpräsident Erdogan das Begräbnis von Muhammad Ali und dessen Religion politisch instrumentalisieren wollte. Als ihn die amerikanischen Behörden nicht so verfahren ließen, wie er wollte, reiste er vor dem eigentlichen Begräbnis von Muhammad Ali wieder ab. Daran sieht man, wieviel Interesse Herr Erdogan für den Menschen Ali tatsächlich aufbringt. Mich würde es freuen, über diesen beschämenden Vorfall bald einen kritischen Artikel in "IslamiQ" lesen zu können.
13.06.16
7:38
Andreas sagt:
@Ute Fabel: Den Erdogan kann man einfach nur ignorieren. Sein peinliches Verhalten im Vorfeld der Trauerfeier für Muhammad Ali sollte gar nicht weiter erwähnt werden. Mehr als eine Randnotiz ist das wirklich nicht wert.
13.06.16
16:55