Zehntausende Anhänger mobilisiert Pegida zum gestrigen Jahrestag und sorgte mit fremden- und islamfeindlichen Reden und Parolen für Aufsehen. Weitere Zehntausende stellten sich dem entgegen.
Zehntausende Anhänger und Gegner von Pegida sind zum Jahrestag der fremdenfeindlichen Bewegung in Dresden aufeinandergetroffen. Über fast drei Stunden wandten sich Redner auf der Pegida-Kundgebung am Montagabend vor der Semperoper gegen Asylbewerber und demokratische Parteien. Die 15 000 bis 20.000 Anhänger waren laut Schätzungen umgeben von 15 000 bis 19 000 Gegendemonstranten. Die angespannte Situation entlud sich in Ausschreitungen. Politiker über die Parteigrenzen hinweg warnten vor Ausländerhass.
Gründer Lutz Bachmann und andere Redner machten mit teils äußerst aggressiven Äußerungen Stimmung gegen den Zuzug von Flüchtlingen. Besonders die islam- und fremdenfeindlichen Rede des deutsch-türkischen Autors Akif Pirinçci löste viel Kritik und Entsetzen aus. Die Staatsanwaltschaft Dresden hat nun sogar Ermittlungen gegen ihn aufgenommen. „Wir ermitteln wegen des Verdachts der Volksverhetzung“, sagte Oberstaatsanwalt Lorenz Haase am Dienstag. Grund sei die Anzeige einer Privatperson, die noch in der Nacht bei der Polizei erstattet worden sei. Konkret gehe es um den Satz: „Es gäbe natürlich andere Alternativen, aber die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb“. Ein weiterer Demonstrant führte ein Plakat mit einer Fotomontage von Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer nazi-ähnlichen Militäruniform mit.
Wie dpa-Reporter berichteten, war der Gegenprotest gegen Pegida deutlich größer, als erwartet worden war. Unter dem Motto „Herz statt Hetze“ hatte ein breites Bündnis dazu aufgerufen, sich gegen Fremdenhass zu stellen. Die Gegendemonstranten waren sternförmig von verschiedenen Richtungen in die Altstadt gezogen. Die Schätzungen über die Teilnahme stammen von der Studentengruppe „Durchgezählt“.
Bis zum späten Abend trafen in Dresden gewaltbereite Pegida-Anhänger und linke Gegner aufeinander. „Es ist viel Bewegung drin“, sagte ein Polizeisprecher. Nach unbestätigten Berichten kam es zu Ausschreitungen von Hooligans und Angriffen von Neonazis. Schließlich beruhigte sich die Lage nach Polizeiangaben.
Ein Mann wurde auf dem Weg zur Pegida-Kundgebung angegriffen und schwer verletzt. Mehrfach wurden Polizisten gezielt angegriffen, auch mit Böllern von Pegida-Anhänger, wie ein dpa-Reporter berichtete. Es habe auch mehrere Angriffe von Gegendemonstranten auf Polizeibeamte gegeben, sagte der Sprecher. Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) erklärte: „Wir sind mit mehr als 1000 Beamten im Einsatz, wir haben die Hilfe von sechs Bundesländern und der Bundespolizei.“ Wasserwerfer waren aufgefahren, kamen aber zunächst nicht zum Einsatz.
Justizminister Heiko Maas (SPD) begrüßte die Gegenproteste im Kurznachrichtendienst Twitter als „wichtiges Zeichen für Demokratie“. Auch Ulbig zeigte sich erfreut über die vielen Gegendemonstranten. Die sächsische Staatsregierung hatte alle Demonstrationsteilnehmer zu Gewaltlosigkeit aufgerufen. Mehrere Mitglieder der Regierung beteiligten sich an den Gegenprotesten.
Die Semperoper empfing das Pegida-Bündnis mit einer elektronischen Leinwand. Im Wechsel hieß es dort: „Wir sind kein Bühnenbild für Fremdenhass“ und „Wir sind keine Kulisse für Intoleranz“. Grünen-Chefin Simone Peter rief bei einer Kundgebung auf dem Altmarkt dazu auf, die Flüchtlinge in Deutschland als Bereicherung zu sehen. „Wir wollen ein weltoffenes Deutschland“, sagte sie.
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) warf Pegida eine „Sprache des Hasses“ vor. Ein Verbot sei derzeit aber nicht möglich. „Wenn man so etwas verbieten will, dann muss das vor Gericht Bestand haben – das ist jetzt nicht der Fall“, sagte er dem Fernsehsender n-tv.(dpa/iQ)