Menschenrechte

China: Lebenslange Haft gegen Ilham Tohti bestätigt

Das Urteil gegen den uighurischen Menschenrechtsaktivisten Ilham Tohti wurde von einem chinesischen Berufungsgericht bestätigt. Tohti muss vermutlich in lebenslange Haft. Kritik an der Entscheidung gab es vom Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung.

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2014
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Ein Berufungsgericht in China hat das umstrittene Urteil gegen den Wirtschaftswissenschaftler und Menschenrechtsaktivisten Ilham Tohti bestätigt. Tohti soll wegen des Vorwurfs, er habe „Separatismus“ betrieben, in lebenslange Haft. Der Menschenrechtsaktivist hatte die chinesische Regierung wegen ihres Umgangs mit der uighurischen Minderheit in der Region Xinjiang kritisiert.

Das Urteil gegen Tohti hatte internationale Kritik hervorgerufen. Denn Tohti gilt als gemäßigter Regimekritiker und hatte mehrfach eine Ungleichbehandlung der Minderheit des uighurischen Volkes kritisiert. Separatismus vorwürfe hatte Tohti stets bestritten, zuletzt auch vor Gericht. Das umstrittene Verfahren gegen den 44-Jährigen fand ebenso wie die Anhörung für die Berufung unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Menschenrechtsbeauftragter: Urteil enttäuscht mich zutiefst

„Die heutige Bestätigung des Urteils gegen den uighurischen Intellektuellen Ilham Tohti kommt nicht unerwartet und ist dennoch zutiefst enttäuschend. Ich hätte es Herrn Ilham Tohti und seiner Familie persönlich, aber auch China insgesamt gewünscht, dass diese Verurteilung zu lebenslanger Haft aufgehoben wird“, erklärte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer (SPD), zur Entscheidung des Berufungsgerichts.

„Ich bleibe dabei: Dauerhafte Stabilität in Xinjiang wird nicht zu erreichen sein durch eine Politik der harten Hand gegen Kritiker. Nur moderate Kräfte wie Ilham Tohti werden eine Spirale der Gewalt verhindern oder durchbrechen können“, sagte Strässer. Er kündigte an, das Thema mit seinen chinesischen Freunden am 4. Dezember 2014 in der 12. Runde des Deutsch-Chinesischen Menschenrechtsdialogs in Berlin zu erörtern. „Kritisch, konsequent und konstruktiv.“

Angela Merkel nimmt Menschenrechtsverletzungen hin

Der Fall Tohti zeigt wie die kommunistische Partei in China mit Kritikern und Menschenrechtlern umgeht. Das Berufungsgericht wurde nach Angaben der Anwälte von Tohti durch die Behörden in einer kurzfristigen Aktion zu einem Zeitpunkt angesetzt, an dem beide Anwälte nicht anwesend sein konnten. Die Berufung Tohtis wurde entsprechend vom Gericht abgeschmettert. Das Verfahren fand erneut – illegitimer Weise –hinter verschlossenen Türen statt. Dabei hätte die Anhörung laut den Rechtsanwälten Tohtis öffentlich sein müssen.

Deutschland hält sich im Fall Tohti leider auch zurück. Bei einem kürzlich erfolgten Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang in Deutschland hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) diesen in einen Supermarkt geführt. Sie verzichtete aber darauf mit dem „Partner China“ den Fall Tohti zu besprechen. Dabei hatten sowohl die USA als auch die EU ihren Unmut über den Fall zur Sprache gebracht. Merkel ignorierte beim Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten auch die Kritik ihres eigenen Menschenrechtsbeauftragten.

Hintergrund

Ilham Tohti war Professor für Wirtschaftswissenschaften an der renommierten Minderheitenuniversität in Peking. Dort untersuchte er unter anderem die wirtschaftliche und soziale Lage der Uiguren. Mit seiner Website „Uyghur Online“ setzte sich Tohti für ein besseres Verhältnis zwischen Han-Chinesen und Uiguren ein. Chinesischen Behörden ließen die Website jedoch nach wenigen Jahren wieder schließen.

Im Jahr 2009 wurde Tohti bereits schon einmal verhaftet und verhört, weil er sich kritisch zur Politik der chinesischen Regierung bezüglich Xinjiang (früher Ossturkestan) äußerte. Die Behörden warfen ihm bereits damals angeblichen „Separatismus“ vor, ließen ihn aber nach mehreren Monaten wieder frei. Im Januar 2014 wurde Tohti zusammen mit seiner Mutter nach Unruhen in der Hauptstadt Ürümqi erneut verhaftet.

In China leben rund 8 Millionen Uiguren. Die überwiegende Mehrheit von ihnen bekennt sich zum Islam. Sie werden seit längerem von der chinesischen Regierung unter Druck gesetzt. Experten sind der Ansicht, dass eine von der Regierung forcierte Migration von Han-Chinesen nach Xinjiang, als auch die Versuche die Uiguren zu assimilieren, dass sozio-ökonomische Gleichgewicht in der Region verändert haben. Uiguren sind Repressalien ausgesetzt und können ihren Glauben nicht frei leben. Experten sehen darin auch den Grund für immer wieder aufkommende Unruhen in der Region.