Berlin

Canisius-Kolleg stellt Lehrerin mit Kopftuch ein

Das katholische Canisius-Kolleg in Berlin stellte eine Lehrerin mit Kopftuch ein, weil diese im Bewerbungsgespräch am meisten überzeugte. Der Rektor lehnt das Neutralitätsgesetz ab.

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2017
Symbolbild: Lehrerin mit Kopftuch © Perspektif, bearbeitet by iQ.
Symbolbild: Kopftuch © Perspektif, bearbeitet by iQ.

Das Canisius-Kolleg in Berlin hat seine Entscheidung verteidigt, eine Kopftuchtragende Muslimin einzustellen. „Wir haben uns bewusst für die Kandidatin entschieden, die das muslimische Kopftuch trägt“, sagte der Rektor des katholischen Gymnasiums, Jesuitenpater Tobias Zimmermann, in einem Interview der „Welt“ am Montag. „Sie hat uns im Bewerbungsverfahren am meisten überzeugt“, fügte er hinzu. Auf die Frage nach einem möglichen Migrationshintergrund sagte er, die Muslimin sei „Berlinerin“, hier geboren und Deutsche.

Zimmermann betonte: „Wir wissen, dass wir mit dieser Entscheidung einen Pflock eingeschlagen haben. Wir wollten es so.“ Wenn dies der Anfang einer offenen Debatte über Religion in unserem Land wäre, „dann wäre ich glücklich“, sagte der Rektor.

Das Canisius-Kolleg habe in den vergangenen Jahren „viele Menschen verschiedener Kulturen eingestellt“, darunter eine gebürtige arabische Lehrkraft, und Menschen aus anderen europäischen Ländern, Christen und Nichtchristen. „Und wir haben die Berlinerin eingestellt, die ein Kopftuch trägt“, sagte der Jesuit. „Es gefällt mir, wie da alle Klischees durcheinanderwirbeln. Das Schöne daran: Wir bilden ab, was ist.“

Nach dem umstrittenen Neutralitätsgesetz von Berlin dürfen bestimmte staatliche Bedienstete keine Kleidungs- und Schmuckstücke tragen, die demonstrativ für eine religiöse oder politische Position stehen. Das Gesetz gilt für staatliche, nicht aber für katholische Schulen wie das Canisius-Kolleg. Linkspartei, Grüne und Kirchen treten für eine Überprüfung des Neutralitätsgesetzes ein, SPD und CDU sind für die Beibehaltung.

„Das Neutralitätsgesetz von Berlin ist ein weltanschauliches Gesetz“, sagte Zimmermann. „Es macht Religion zur Privatsache, verbannt sie ins Private.“ Dadurch, dass man das hingenommen habe, trage man „eine Mitschuld am Niedergang christlicher Religion in Deutschland“.

Auf die Frage, ob nicht Christen ihre Symbole wie das Kreuz wieder stärker in den Alltag zurückholen sollten statt von Musliminnen zu verlangen, das Kopftuch abzulegen, sagte Zimmermann: „Genau. Und dann miteinander reden. Wir brauchen einen offenen Diskurs mit dem Islam über den Umgang mit Symbolen.“ Eine Muslimin am Kolleg einzustellen, sei ein Dienst gewesen, „den wir als Christen der Gesellschaft tun“, betonte der Jesuitenpater. Im Falle einer Burkaträgerin wäre nach Ansicht Zimmermanns allerdings eine Grenze überschritten. „Ich würde sie wohl nicht einstellen“, sagte er. (KNA/iQ)

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Der Rektor, der gegen das Neutralitätsprinzip ist, müsste dann auch einen Lehrer wie Phlipp Möller von der Giordano-Bruno-Stiftung akzeptieren, der gerne „Gottlos Glücklich“- Buttons oder „Gut ohne Gott“-Shirts trägt. Wenn Lehrer während des Unterrichts ihren Glauben auffällig sichtbar machen dürfen, müsste das im Sinne der Gleichbehandlung und Pluralität auch für den Unglauben gelten.
11.12.17
15:16
Frederic Voss sagt:
Die Mehrheit der Kopftuch tragenden Koran-Anhängerinnen wollen - so heißt es - als ehrbare Frauen erkannt werden (Quran 33:59), Sie tragen ein Zeichen islamischen Bewusstseins. Sie wollen damit auch Teil einer islamischen Wiederbelebung sein. Jesuiten unterstützen das, Der Schweizer Jesuitenprovinzial Christian Rutishauser SJ sagte: "So lange nackte gepiercte Bauchnabel in der Öffentlichkeit zugelassen werden, gibt es keinen Grund, nicht auch das muslimische Kopftuch zuzulassen," So gesehen begrüße ich auch ehrbare Lehrerinnen an katholischen Gymnasien mit entsprechendem Bauchnabel-Schmuck - verhüllungsfrei - als Ausdruck ihres individuellen Körperbewusstseins.
13.12.17
3:41
YaGmur sagt:
Es gibt bereits Lehrer/innen, die sehr gerne in Schulen laut und deutlich sagen, welche Weltanschauung oder politische Richtung (sei es Erdogan macht dies und das oderTrump ist doch bescheuert u.a.) sie vertreten. Da braucht man kein Tuch oder es bring auch nichts, dass man kein Kopftuch trägt.
13.12.17
15:00
dr dagmar schneider sagt:
Da treffen sich die richtigen.Über Abrahamitische Religionen muss man diskutieren,aber bitte nicht auf diese Art,so gibt es niemals Frieden.Das Alte Testament galt bis tief ins 19.Jahrhundert als ältestes Schriftdokument überhaupt,was ja nach Entschlüsselung der Keilschrft,der Hieroglyphen so nicht stimmt.Da gibt es ganz andere kulturelle Zusammenhänge, Synchretismen.Man will nur Frieden,aber nicht auf Basis jahrtausendalter Schriften.
13.12.17
23:26
all-are-equal sagt:
Die christlichen Kirchen arrangieren sich vor allem deshalb mit der Islamisierung Europas, weil ihnen ein weiteres Fortschreiten des rationalen Laizismus in den europäischen Gesellschaften noch um einiges unangenehmer ist. Da erscheint es noch opportuner sich Schulter an Schulter mit den konservativen Moslem in Europa gemeinsam eine neue religiöse Macht zu verschaffen.
14.12.17
9:39
Kent Wilhelm von Bruehl sagt:
@Ute Fabel 1. Ein Kopftuch tragen nicht nur Musliminnen. Und nicht alle Musliminnen tragen ein Kopftuch. Sie könnten erwidern, dass aber nur an Gott gläubige Frauen es tragen, d.h. nur ein Teil von ihnen, und dass es bei ihnen "ich glaube an Gott" ausdrücke. Dass es nur letztere Gruppe sei, wäre aber, wenn Sie dies annehmen wollten, viel eher nicht zu halten. 2. Das Kopftuch ist bei manchen Frauen dazu da, das andere Männer Anziehende und Stimulierende zu verdecken. Diesem Zweck dient nicht nur das Kopftuch, sondern auch die übrige Bekleidung, indem sie bestimmten Regeln folgt (e.g. nicht transparent, nicht hauteng, etc.). So kann die Begegnung 'den' Anderen auf, sagen wir, rein sachlicher Ebene involvieren, ohne dass er gewisse natürlich aufkommende Regungen, sofern die Reize da sind, unterdrücken müsste, was auch wertvolle Energie kostete, die dann auf der sachlichen Bereich fehlte. Die Rede ist hier aber auch – dies angemerkt – von Männlichen, die noch nicht ihren Körper beherrschen, die noch nicht tugendhaft mit Blick auf das andere Geschlecht sind, sondern sozusagen inkontinent.
14.12.17
15:28
Kent Wilhelm von Bruehl sagt:
Liebe vom islamiq.de warum habt ihr denn meinen Kommentar einfach gelöscht?
15.12.17
16:55
Esra Lale sagt:
Welchen meinen Sie denn? Gruß, IslamiQ.
17.12.17
16:16
Johannes Disch sagt:
Der Rektor einer katholischen Einrichtung hat nach Eignung entschieden, und nicht nach Äußerlichkeiten. Prima. Und er fordert eine sachliche Debatte über religiöse Symbole. Eine sehr vernünftige Einstellung.
17.12.17
20:50
Ute Fabel sagt:
Wenn jemand gerne immer und überall ein rotes Shirt mit Hammer-Und-Sichel-Emblem trägt, ist es legitim, dass er dabei selbst an den kommunistischen Idealzustand einer klassenlosen Gesellschaft ohne Ausbeutung denkt. Es ist aber auch legitim, dass beim Anblick dieses Kleidungsstücks andere Menschen an die stalinistischen Verbrechen erinnert werden. Ich halte daher Zurückhaltung mit solchen ambivalenten Kleidungsstücken im Berufsleben, zu denen auch das islamische Kopftuch zählt, für den besten Ausdruck der Toleranz gegenüber Andersdenkenden. Ich habe großen Respekt vor Menschen, die ihre Gesinnung nicht immer vor sich hertragen, sondern auch bereit sind sich selbst aus Rücksichtnahme etwas zurückzunehmen.
28.12.17
8:33